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  • · Der praktische Fall

    Verpflegungsmehraufwand: Die Krux mit den Abzugsbeschränkungen

    Bild: Adobe Firefly / KI-generiert

    | Bei einer Auswärtstätigkeit lässt sich der Verpflegungsmehraufwand grundsätzlich absetzen. Zum Verhängnis wird jedoch oft die Dreimonatsfrist. Der praktische Fall zeigt, wie sich ein Neubeginn der ungünstigen Frist erreichen lässt und wann die Frist nicht zu laufen beginnt, sodass sich der Verpflegungsmehraufwand unbefristet absetzen lässt. Zudem wird erläutert, ob Arbeitgeber die Verpflegungspauschalen steuerfrei bzw. pauschal versteuert erstatten können. |

    1. Sachverhalt

    Adam Meise hat zum 3.2.25 einen neuen Job als angestellter Handwerker angenommen. Während er jeden Freitag zum Betrieb seines Arbeitgebers fährt, der ihm als erste Tätigkeitsstätte zugeordnet wurde, fährt er jeden Montag bis Donnerstag zur Baustelle in A. Seinen Sommerurlaub hat Meise vom 30.6. bis zum 3.8.25 genommen. Ab dem 4.8.25 wurde er auf der Baustelle in A nur noch drei Tage pro Woche tätig. Denn ab sofort wurde er an jedem Montag auf der Baustelle in B eingesetzt.

     

    Da für Meise die auswärtigen Tätigkeiten neu sind, fragt er sich, ob und inwieweit er Verpflegungsmehraufwand absetzen kann.

    2. Lösung

    Zunächst erläutert sein Steuerberater, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe sich Verpflegungsmehraufwand absetzen lässt. Danach klärt er auf, was es mit der Dreimonatsfrist auf sich hat und wie sie sich vermeiden lässt. Zum Schluss stellt der Steuerberater vor, wie der Arbeitgeber steuerfreie bzw. pauschal versteuerte Zuschüsse zu den Verpflegungskosten von Meise zahlen kann.

     

    2.1 Auswärtstätigkeit versus erste Tätigkeitsstätte

    Soweit Adam Meise jeden Freitag seine Tätigkeit an seiner ersten Tätigkeitsstätte erbringt, kann er nur die Fahrtkosten über die Entfernungspauschale absetzen. Ein Abzug von Verpflegungsmehraufwand ist nicht zulässig. Das ändert sich, sobald eine Auswärtstätigkeit vorliegt. Das ist der Fall, wenn Meise aus beruflichen Gründen außerhalb seiner Wohnung, aber auch außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte, tätig wird ‒ also bei seinen Tätigkeiten jeden Montag bis Donnerstag auf den Baustellen A bzw. B.

     

    Der Vorteil: Für die Tage lassen sich absetzen:

    • Fahrtkosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG; R 9.5 LStR),
    • Übernachtungskosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG; R 9.7 LStR),
    • Verpflegungsmehraufwand (§ 9 Abs. 4a EStG; R 9.6 LStR) und
    • Reisenebenkosten (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG; R 9.8 LStR).

     

    2.2 Der Abzug von Verpflegungsmehraufwand

    Für die Dauer einer Auswärtstätigkeit kann Meise Verpflegungsmehraufwand absetzen. Dabei ist zu beachten, dass Meise keine Möglichkeit hat, den tatsächlich angefallenen Verpflegungsaufwand geltend zu machen. Denn ein Einzelnachweis ist ausdrücklich ausgeschlossen. Daher kann Meise lediglich eine Pauschale absetzen und die beträgt bei Inlandsreisen (§ 9 Abs. 4a EStG):

     

    • 1. Jeweils 14 EUR für jeden An- und Abreisetag, wenn Meise an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet (die Abwesenheitszeiten sind unerheblich).
    • 2. 28 EUR für jeden Kalendertag, an dem Meise 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist („Zwischentage“).
    • 3. 14 EUR für jeden Kalendertag, an dem Meise ohne Übernachtung von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte aus beruflichen Gründen mehr als acht Stunden abwesend ist.

     

    Beachten Sie | Sollte Meise aus beruflichen Gründen im Ausland tätig werden, richtet sich die Höhe des Verpflegungsmehraufwands nach dem jeweiligen Land (§ 9 Abs. 4a S. 5 EStG). Die konkrete Höhe der Auslandspauschale ab dem 1.1.25 kann einem Schreiben des BMF (2.12.24, IV C 5 - S 2353/19/10010 :006) entnommen werden.

     

    MERKE | Weil Meise jeden Montag bis Donnerstag auf den auswärtigen Baustellen in A bzw. B tätig wird und die Abwesenheit von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte regelmäßig mehr als acht Stunden betragen dürfte, lassen sich grundsätzlich für alle entsprechenden Tage jeweils 14 EUR als Werbungskosten absetzen. Das sind in der Zeit vom 3.2.25 bis zum 31.12.25 abzüglich der Urlaubszeit und den Feiertagen 166 Tage, sodass der Verpflegungsmehraufwand grundsätzlich 2.324 EUR (166 Tage × 14 EUR) beträgt.

     

    2.2.1 Das Damoklesschwert: Die Dreimonatsfrist

    Wird Meise allerdings bei einer Auswärtstätigkeit länger als drei Monate auf der gleichen auswärtigen Baustelle tätig, greift die Dreimonatsfrist. Die Folge: Der Abzug von Verpflegungsmehraufwand ist für diese Baustelle nur für die ersten drei Monate zulässig (§ 9 Abs. 4a S. 6 EStG).

     

    Weil Meise mit seiner Tätigkeit auf der Baustelle in A am 3.2.25 begonnen hat, endete die Dreimonatsfrist mit Ablauf des 3.5.25. Für alle Tage, an denen Meise danach auf der Baustelle in A tätig geworden ist, ist ein Abzug von Verpflegungsmehraufwand nicht möglich. Für die Tage, an denen Meise auf der Baustelle in B tätig wurde, beginnt die Frist grundsätzlich mit Ablauf des 4.8.25 (erster Tätigkeitstag in B) und endet entsprechend mit Ablauf des 4.11.25. Damit reduziert sich der abzugsfähige Verpflegungsmehraufwand auf nur 896 EUR ([50 Tage + 14 Tage] × 14 EUR).

     

    2.2.2 Der Dreimonatsfrist entgehen

    Die Dreimonatsfrist kann allerdings umgangen werden ‒ und das gleich in dreifacher Weise:

     

    • 1. Die Dreimonatsfrist gilt nicht bei Tätigkeiten auf mobilen, nicht ortsfesten betrieblichen Einrichtungen wie z. B. Fahrzeugen, Flugzeugen oder Schiffen. Bei entsprechenden Tätigkeiten ‒ z. B. als Fernfahrer ‒ kann damit unbefristet Verpflegungsmehraufwand abgesetzt werden. Entsprechendes gilt auch, wenn die Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet erbracht wird, z. B. als Zusteller oder Forstarbeiter (BMF 25.11.20, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006, Rn. 56). Diese Ausnahme findet für Meise jedoch keine Anwendung, weil er seiner Tätigkeit auf einer festen Baustelle nachgeht.
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    • 2. Gilt die Dreimonatsfrist, kann Meise aktiv für einen Neubeginn der Frist sorgen und so erneut Verpflegungsmehraufwand für drei Monate absetzen. Das ist der Fall, wenn seine berufliche Tätigkeit an dem entsprechenden Ort für mindestens vier Wochen unterbrochen wird (§ 9 Abs. 4a S. 7 EStG). Der Grund der Unterbrechung ist dabei vollkommen unerheblich und besteht regelmäßig aus Krankheits- und Urlaubszeiten, Fortbildungen oder Tätigkeiten an anderen Orten.
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    • Beachten Sie | Weil Meise seine berufliche Tätigkeit an der Baustelle in A für die Zeit vom 30.6. bis zum 3.8.25 und damit für mindestens vier Wochen urlaubsbedingt unterbrochen hat, beginnt mit Ablauf des ersten Tages, an welchem er erneut auf der Baustelle A tätig geworden ist, eine neue Dreimonatsfrist. Damit kann Meise für die Zeit vom 5.8. bis zum 5.11.25 erneut für die Baustelle in A Verpflegungsmehraufwand geltend machen.

     

    • 3. Die ungünstige Dreimonatsfrist beginnt überhaupt nicht zu laufen, wenn die auswärtige Tätigkeit an dem Ort maximal an zwei Tagen pro Woche erbracht wird (BMF 25.11.20, a. a. O., Rn. 55). Oder anders ausgedrückt: Erst wenn der auswärtige Ort innerhalb einer Woche an mindestens drei Tagen aufgesucht wird, beginnt die Dreimonatsfrist zu laufen. Der Vorteil für Meise: Weil er die Baustelle in B nur jeden Montag und damit nicht mindestens dreimal pro Woche aufsucht, gilt für die Baustelle in B die Dreimonatsfrist nicht und Meise kann für jeden Tag ‒ auch nach vielen Jahren der Tätigkeit in B ‒ Verpflegungsmehraufwand absetzen.

     

    MERKE | 2025 kann Meise für die Baustelle in A für die Zeit vom 3.2. bis zum 3.5.25 (vier Tage pro Woche = 50 Arbeitstage) und für die Zeit vom 5.8. bis zum 5.11.25 (drei Tage pro Woche = 41 Arbeitstage) Verpflegungsmehraufwand absetzen. Für die Baustelle in B läuft die Dreimonatsfrist nicht, sodass sich ab dem 4.8.25 für jeden Montag (22 Tage) die Pauschale nutzen lässt. Damit beträgt der bei Meise abzugsfähige Verpflegungsmehraufwand in der Summe 1.582 EUR ([50 + 41 + 22 Tage] × 14 EUR).

     

    Aus Beratungssicht ist Meise zu empfehlen, möglichst alle drei Monate für eine Unterbrechung der Tätigkeit auf der Baustelle in A zu sorgen, damit die Dreimonatsfrist wieder von vorne beginnt. Besonders lukrativ wäre es auch, wenn Meise mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er je Woche nur für zwei Tage in A und für zwei Tage in B tätig wird. Denn dann würde die Dreimonatsfrist komplett ausgehebelt werden.

     

    2.3 Steuervergünstigte Unterstützung durch den Arbeitgeber

    Den bei Meise als Werbungskosten abzugsfähigen Verpflegungsmehraufwand kann der Arbeitgeber steuer- und beitragsfrei erstatten (§ 3 Nr. 13 bzw. Nr. 16 EStG). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Meise im Jahr 2025 insgesamt 1.582 EUR zusätzlich zu seinem Nettogehalt auszahlen kann. In diesem Fall mindert sich bei Meise jedoch sein Werbungskostenabzug um die Erstattung (§ 9 Abs. 4a S. 11 EStG). Das ist aber nicht tragisch, denn steuerfreie Erstattungen sind aus finanzieller Sicht besser als ein Werbungskostenabzug.

     

    PRAXISTIPP | Wenn in einem Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung nichts Entsprechendes geregelt ist, ist der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, den Verpflegungsmehraufwand steuer- und beitragsfrei zu erstatten.

     

    Der Arbeitgeber kann sich auch dazu entscheiden, nur einen Teilbetrag zu leisten. Dann mindert sich der Werbungskostenabzug nur um den Teilbetrag und der Rest ist weiterhin als Werbungskosten abzugsfähig.

     

    Der Arbeitgeber kann Meise auch einen höheren Betrag als 1.582 EUR zuwenden. Höhere Erstattungen führen aber dazu, dass die Erstattung nur im Umfang des Höchstbetrags von 1.582 EUR steuer- und beitragsfrei bleibt, weil für Meise insoweit Werbungskosten vorliegen würden. Den übersteigenden Betrag muss der Arbeitgeber daher mit den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen von Meise versteuern und verbeitragen.

     

    Diese Steuer- und Beitragspflicht lässt sich aber bedingt umgehen. Denn nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG kann der Arbeitgeber oberhalb des Höchstbetrags liegende Erstattungen auch mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % (zzgl. Soli und ggf. KiSt) zu seinen Lasten pauschalieren. Der Vorteil ist nicht nur die einfache Form der Besteuerung, sondern auch, dass durch die Pauschalierung die Sozialabgaben entfallen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV). Eine Pauschalbesteuerung ist aber nur insoweit zulässig, wie die Erstattungen des Arbeitgebers die bei Meise abzugsfähigen Verpflegungspauschalen um nicht mehr als 100 % übersteigen.

     

    • Beispiel

    2025 sind bei Meise 1.582 EUR Verpflegungsmehraufwand abzugsfähig. Sein Arbeitgeber möchte ihm eine Erstattung von 4.000 EUR zahlen.

     

    Von der Erstattung wären 1.582 EUR steuer- und beitragsfrei, weil Meise insoweit Verpflegungsmehraufwand absetzen kann. Meises Werbungskosten reduzieren sich dann aber um 1.582 EUR. Der übersteigende Betrag von 2.418 EUR (4.000 EUR abzgl. 1.582 EUR) muss grundsätzlich individuell versteuert und verbeitragt werden. Für einen Teilbetrag von 1.582 EUR kann der Arbeitgeber alternativ eine Lohnsteuerpauschalierung vornehmen. Dann entfallen insoweit die Sozialabgaben (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) und den Arbeitgeber trifft eine Steuerbelastung von 395,50 EUR zzgl. Soli und ggf. KiSt (1.582 EUR × 25 %).

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2025 | Seite 191 | ID 50563058