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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Verdeckte Gewinnausschüttung: Unverzinstes Verrechnungskonto bei GmbH-Gesellschaftern

    | Die Betriebsprüfungen zeigen: Der Verzicht auf eine fremdübliche Verzinsung bei einem Darlehen bzw. einem Verrechnungskonto zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter führt (immer wieder) zu verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA). Der praktische Fall zeigt die Spielregeln rund um Verzinsung, Preisvergleichsmethode und Margenteilung. |

    1. Sachverhalt

    Max Meise ist Geschäftsführer der Meise-GmbH und an dieser zu 60 % beteiligt. Die Meise-GmbH hat viele Aufwendungen aus betrieblichen Mitteln bezahlt, die durch Max veranlasst waren. Diese Zahlungen wurden auf dem Verrechnungskonto verbucht. Die Folge: Das Verrechnungskonto weist eine Forderung der Meise-GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter aus. Eine Verzinsung wurde vertraglich nicht vereinbart und auch nicht vorgenommen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wird dieser Sachverhalt aufgedeckt.

     

    Frage: Welche Rechtsfolgen ergeben sich hieraus?

    2. Lösung

    Die zinslose Darlehensgewährung der Meise-GmbH stellt eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG dar ‒ und zwar aus folgenden Gründen:

     

    • Es ergibt sich eine verhinderte Vermögensmehrung, weil Max und die GmbH keine Verzinsung vereinbart haben. Wäre das passiert, hätte die GmbH Zinsen erhalten, die ihr Vermögen erhöht hätten.
    • Die fehlende Verzinsung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, weil die GmbH ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Fremdvergleich).
    • Die fehlende Verzinsung wirkt sich auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG aus, da die Zinsen gewinnerhöhend zu erfassen wären.
    • Schließlich steht die fehlende Verzinsung nicht in Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung.

     

    MERKE | Die Verzinsung darf nicht mit der Begründung unterbleiben, dass in den vergangenen Jahren ein Niedrigzinsniveau herrschte. Schließlich ist nicht allein auf den Habenzins, sondern auf einen sich zwischen Haben- und Sollzinssatz bewegenden Zinssatz abzustellen (BFH 22.2.23, I R 27/20, Rz. 28).

     

    2.1 Rechtsfolgen

    Die vGA darf das Einkommen der Meise-GmbH nicht mindern (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG). Deshalb wird ihr zu versteuerndes Einkommen in Höhe der vGA erhöht. Das bedeutet: Die Kapitalgesellschaft muss auf die (tatsächlich nicht erhaltenen) Zinsen Steuern zahlen. Dabei beträgt die Steuerbelastung etwa 32 % (15 % KSt zzgl. 5,5 % Soli sowie etwa 16 % GewSt).

     

    Bei Max Meise gehört die ihm zufließende vGA zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Max muss die Zinsen versteuern, die er gespart hat, weil das Darlehen gar nicht oder zu gering verzinst wurde. Seine Steuerbelastung beträgt nach § 32d Abs. 1 EStG 25 % zzgl. 5,5 % Soli. Da die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG vorliegen, kann Max das Teileinkünfteverfahren anwenden. Das heißt: 40 % der vGA sind steuerfrei, 60 % unterliegen der tariflichen Einkommensteuer.

     

    2.2 Bewertung der vGA

    Zur Bestimmung des angemessenen, fremdüblichen Zinssatzes ist vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden. Sie führt unmittelbar zur Feststellung des Vergleichspreises und ist daher als Grundmethode zur Bestimmung angemessener Preise anzusehen. Der „Fremdpreis“ ist nämlich der Zins, zu dem ein fremder Dritter unter vergleichbaren Bedingungen dem Gesellschafter den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätte (BFH 18.5.21, I R 4/17).

     

    Kann die Preisvergleichsmethode nicht angewendet werden, weil z. B. keine Vergleichspreise existieren, bemisst sich der angemessene Zinssatz nach dem als „Margenteilungsgrundsatz“ bezeichneten Erfahrungssatz. Bei Kreditgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt, und ihrem Gesellschafter sind zwei Fälle zu unterscheiden:

     

    • Hat die Kapitalgesellschaft selbst ein Darlehen aufgenommen und kann davon ausgegangen werden, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag anderenfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre, berechnet sich die vGA nach den Sollzinsen des Darlehens.
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    • Hat die Kapitalgesellschaft keinen Kredit aufgenommen, bilden die banküblichen Habenzinsen die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze für die vGA. Die Sollzinsen können dabei aus den Überziehungskreditzinssätzen für private Haushalte abgeleitet werden, weil die Darlehensgewährung im Rahmen eines Verrechnungskontos ebenfalls den Charakter eines unbesicherten Privatkredits hat (BFH 22.2.23, I R 27/20, Rz. 37). Der maßgebliche Betrag innerhalb der genannten Marge ist durch Schätzung zu ermitteln. Dabei hat das Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann, besondere Bedeutung. Sind für die Schätzung keine Anhaltspunkte da, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (BFH 28.2.90, I R 83/87; 19.1.94, I R 93/93; 22.10.03, I R 36/03; 22.2.23, I R 27/20).

     

    • Beispiel

    Hätte die Meise-GmbH die Gelder, die sie Max gewährt hat, bei einer Bank angelegt, hätte sie eine Verzinsung von 3 % p. a. erhalten (Habenzins). Hätte Max einen ungesicherten Privatkredit aufgenommen, wären dafür bankübliche Sollzinsen von 9 % angefallen.

     

    Ausgehend von einer Margenteilung und mangels anderweitiger Anhaltspunkte sind als fremdüblicher Zins zur Berechnung der vGA 6 % anzusetzen (3 % Habenzins zzgl. 50 % der Marge zwischen 3 % und 9 %).

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 192 | ID 49726476

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