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  • · Fachbeitrag · Der Praktische Fall

    Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Entlassungsabfindungen

    | Um Rechtsstreitigkeiten bereits im Vorfeld zu vermeiden, bieten Arbeitgeber in den Fällen, in denen kein rechtlicher Kündigungsgrund besteht, oftmals einen Aufhebungsvertrag mit einer Entlassungsabfindung an. Der praktische Fall verdeutlicht, wie derartige Abfindungen steuer- und sozialversicherungsrechtlich zu behandeln sind. |

    1. Sachverhalt

    Arbeitnehmer A (45 Jahre, alleinstehend, kinderlos, konfessionslos) ist seit 20 Jahren als Controller für die Schulze-Maschinenfabrik tätig. Sein monatliches Bruttogehalt beträgt 2.500 EUR. Weitere Einnahmen erzielt er nicht. Da die Maschinenfabrik einige Bereiche des Rechnungswesens outsourcen möchte, bietet der Personalchef dem A an, das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.10.12 durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden. Um den Verlust des Arbeitsplatzes auszugleichen, soll am 31.10.12 eine Abfindung von 25.000 EUR gezahlt werden. Vor der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags fragt A seinen Steuerberater, wie die Abfindung steuer- und sozialversicherungsrechtlich behandelt wird.

    2. Lösung

    Wird ein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet, können die Vertragsparteien die Höhe der Abfindung selbstverständlich frei verhandeln. Als Faustformel in der Praxis gilt: pro Jahr Betriebszugehörigkeit ein halbes Monatsgehalt.

     

    2.1 Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung

    Beitragspflichtig sind Einnahmen aus einer aktiven Beschäftigung. Demzufolge ist eine Abfindung, die - wie im vorliegenden Fall - wegen Beendigung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Entschädigung für die Zeit danach gezahlt wird, kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung (BSG 21.2.90, 12 RK 20/88).

     

    Beachten Sie | Demgegenüber sind Zahlungen zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche, die der Arbeitnehmer bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Beschäftigung erworben hat (z.B. Urlaubsabgeltungen) beitragspflichtig.

     

    Vor der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung sollte A mit der für Ihn zuständigen Arbeitsagentur jedoch unbedingt verbindlich abklären, welche Auswirkungen die Abfindung auf die zukünftigen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hat. Wird die gesetzliche Kündigungsfrist nämlich nicht eingehalten, kann dies beispielsweise ein teilweises Anspruchsruhen oder eine Sperrfrist zur Folge haben.

     

    2.2 Steuerliche Beurteilung

    Entlassungsabfindungen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Werden Abfindungen als Entschädigung für entgehende oder entgangene Einnahmen gezahlt, kommt unter gewissen Voraussetzungen eine ermäßigte Besteuerung mittels Fünftelregelung in Betracht (§ 24 Nr. 1 EStG i.V. mit 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

     

    Insbesondere die folgenden Voraussetzungen müssen für eine ermäßigte Besteuerung erfüllt werden:

     

    • Kündigung auf Veranlassung des Arbeitgebers
    • Abfindung muss auf neuer Rechtsgrundlage basieren
    • Zusammenballung von Einkünften

     

    2.2.1 Kündigung auf Veranlassung des Arbeitgebers

    Eine Entschädigung gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt voraus, dass ein Schaden ersetzt wird, den der Arbeitnehmer unfreiwillig erlitten hat. Somit ist diese Voraussetzung insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer aus „freien Stücken“ selber kündigt.

     

    Der Steuerpflichtige darf an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses jedoch mitwirken (z.B. durch Abschluss eines Vergleichs), wobei aber erforderlich ist, dass er unter einem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gestanden hat. Der Arbeitgeber muss also für die Auflösung des Dienstverhältnisses die entscheidenden Ursachen gesetzt haben (vgl. hierzu Drenseck, Ludwig Schmidt, § 24 EStG, Rz. 16; BFH 9.7.92, XI R 5/91). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung erfüllt.

     

    2.2.2 Abfindung basiert auf neuer Rechtsgrundlage

    Darüber hinaus ist zu beachten, dass die anstelle der Einnahmen gezahlte Entschädigung auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen muss (BFH 6.11.02, XI R 2/02). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, da A die Abfindungszahlung aufgrund des Aufhebungsvertrags erhalten würde.

     

    2.2.3 Zusammenballung von Einkünften

    Immer wieder streitanfällig ist das Erfordernis der „Zusammenballung von Einkünften“. Nach dem Abfindungserlass des BMF (24.5.04, IV A 5 - S 2290 - 20/04) ist hierbei eine Prüfung in zwei Schritten erforderlich:

     

    Schritt 1: Grundsätzlich liegt eine Zusammenballung von Einkünften nur vor, wenn die Entschädigungsleistungen in einem Veranlagungszeitraum (VZ) zufließen. Der Zufluss mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen VZ ist deshalb grundsätzlich schädlich.

     

    Hinweis | Nach der Rechtsprechung des BFH (25.8.09, IX R 11/09) handelt es sich auch dann um eine Zusammenballung, wenn zu einer Hauptentschädigung eine in einem anderen VZ zufließende minimale Teilleistung hinzukommt. Diese Rechtsprechung veranlasste das BMF den Abfindungserlass dergestalt anzupassen, dass es nunmehr unschädlich ist, wenn eine Teilleistung in einem anderen Jahr ausgezahlt wird und die Teilleistung höchstens 5 % der Hauptleistung beträgt (BMF 17.1.11, IV C 4 -S 2290/07/10007 :005).

     

    Schritt 2: Von einer Zusammenballung von Einkünften ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen VZ einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.

     

    Hinweis | Bei Berechnung der Einkünfte, die der Steuerpflichtige beim Fortbestand des Vertragsverhältnisses im VZ bezogen hätte, ist grundsätzlich auf die Einkünfte des Vorjahres abzustellen; es sei denn, die Einnahmesituation ist in diesem Jahr durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt (BFH 27.1.10, IX R 31/09; BMF 17.1.11, a.a.O.).

     

    • Vergleichsrechnung

    Einnahmen ohne Ausscheiden

    2.500 (EUR/Monat) x 12

     

    30.000 EUR

    Einnahmen bei Ausscheiden

    2.500 (EUR/Monat) x 10

    + Abfindung

    = Einnahmen bei Ausscheiden

     

    25.000 EUR

    25.000 EUR 

    50.000 EUR

     

     

    2.3 Berechnung der Steuerbelastung

    Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung der Abfindung erfüllt, sodass die Fünftelregelung genutzt werden kann. Die folgende Berechnung erfolgt vereinfachungsgemäß ohne Werbungskosten und Sonderausgaben:

     

    • Berechnung nach der Fünftelregelung

    ESt auf 30.000 EUR (25.000 + 1/5 der Abfindung)

    5.625 EUR

    ESt auf 25.000 EUR („normale“ Einkünfte)

    4.106 EUR

    Differenz

    1.519 EUR

    ESt-Belastung der Abfindung (1.519 x 5)

    7.595 EUR

     

     

    Insgesamt ergibt sich eine Steuerbelastung i.H. von 11.701 EUR (4.106 EUR + 7.595 EUR). Wären die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Abfindung nicht erfüllt, würde sich eine Steuerbelastung von 12.847 EUR (ESt auf 50.000 EUR) ergeben, sodass die Fünftelregelung im Ergebnis zu einer Einkommensteuerentlastung i.H. von 1.146 EUR führt.

     

    Hinweis | Die Berechnung verdeutlicht, dass die auf die Abfindung entfallende Einkommensteuer von der Höhe der „normalen“ (übrigen) Einkünfte abhängt. Demzufolge kann es u.U. sinnvoll sein, den Auszahlungszeitpunkt der Abfindung in das folgende Jahr zu verschieben. Einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO kann der BFH (11.11.09, IX R 1/09) selbst in den Fällen nicht erkennen, in denen eine ursprünglich vorgesehene Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 83 | ID 38533340

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