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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Sonderabschreibung für neue Mietwohnungen: Lohnt sich der steuerliche Anreiz?

    | Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (BGBl I 19, 1122) wurde eine Sonderabschreibung für die Herstellung und Anschaffung neuer Mietwohnungen eingeführt ( § 7b EStG ). Der praktische Fall stellt die Fördervoraussetzungen und die steuerlichen Auswirkungen vor. |

    1. Sachverhalt

    Der 60-jährige Arzt Hans Meise spielt schon länger mit dem Gedanken, sein Barvermögen zu investieren und auf einem ihm gehörenden Grundstück ein neues Mehrfamilienhaus zu errichten. Das Gebäude soll mehrere Mieteinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von 250 qm umfassen und ca. 400.000 EUR kosten. Herr Meise hat von den neuen Fördermaßnahmen für den Mietwohnungsbau erfahren und möchte nun von seinem Steuerberater wissen, ob und wie er von der neuen Rechtslage profitieren kann.

    2. Lösung

    Der Steuerberater stellt zunächst die Wirkungsweise und die Fördervoraussetzungen des § 7b EStG vor. Anschließend verdeutlicht er die konkreten Auswirkungen auf Basis der erwarteten Herstellungskosten.

     

    2.1 Ziel und Wirkungsweise

    Um den Bau von neuen und bezahlbaren Mietwohnungen anzukurbeln, hat der Gesetzgeber eine zeitlich befristete Sonderabschreibung eingeführt. Nach § 7b Abs. 1 S. 1 EStG können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung einer neuen Mietwohnung und in den folgenden drei Jahren neben der „normalen“ AfA i. H. von 2 % bis zu 5 % Sonderabschreibungen geltend gemacht werden. Insgesamt können damit in den ersten vier Jahren bis zu 20 % zusätzlich zur regulären AfA abgeschrieben werden.

     

    Beachten Sie | Im Fall der Anschaffung gilt eine Wohnung nur dann als neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird (§ 7b Abs. 1 S. 2 EStG).

     

    2.2 Fördervoraussetzungen und Förderhöchstgrenze

    Um möglichst kurzfristig neue Wohnungen zu schaffen, wurden der Förder- und Begünstigungszeitraum vergleichsweise eng gefasst. Gefördert werden nur Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.18 und vor dem 1.1.22 gestellten Bauantrags oder ‒ falls eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist ‒ einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige (§ 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG).

     

    Sonderabschreibungen sind letztmalig im Jahr 2026 möglich. Ab 2027 sind Sonderabschreibungen auch dann nicht mehr zulässig, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Abs. 1 noch nicht abgelaufen ist (§ 52 Abs. 15a EStG).

     

    Es existieren zwei Kappungsgrenzen:

     

    • Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn die Anschaffungs-/Herstellungskosten 3.000 EUR pro qm Wohnfläche nicht übersteigen. Sind die Baukosten höher, führt dies zum Ausschluss der Förderung.

     

    • Steuerlich gefördert werden nur Kosten bis maximal 2.000 EUR pro qm Wohnfläche (= maximal förderfähige Bemessungsgrundlage).

     

    Um eine möglichst dauerhafte Entlastung des Wohnungsmarkts zu erreichen, muss die Wohnung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen (§ 7b Abs. 2 Nr. 3 EStG). Werden für die Gebäudeüberlassung weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete gezahlt, ist die Nutzungsüberlassung nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/4949 vom 12.10.18, Seite 14, Abruf-Nr. 214269) als unentgeltlich anzusehen.

     

    PRAXISTIPP | Eine Wohnung dient auch der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken, wenn sie zwar vorübergehend leer steht, die Vermietung aber weiterhin vorgesehen ist und die Wohnung dafür bereitgehalten wird (Monatsbericht des BMF, September 2019, Seite 29, Abruf-Nr. 214270).

     

    Nach § 7b Abs. 4 EStG sind Sonderabschreibungen in gewissen Fällen rückgängig zu machen. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Baukostenobergrenze von 3.000 EUR innerhalb der ersten drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wohnung durch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschritten wird.

     

    Die folgende Übersicht fasst wichtige Regelungen grafisch zusammen:

     

     

    2.3 Konkrete Auswirkungen für Hans Meise

    Das Bauprojekt von Hans Meise würde die Fördervoraussetzungen des neuen § 7b EStG erfüllen. Insbesondere liegen die Baukosten mit 1.600 EUR/qm (400.000 EUR/250 qm) sowohl unter der Baukostenobergrenze (3.000 EUR/qm) als auch unter der Förderhöchstgrenze von 2.000 EUR/qm.

     

    Bei den steuerlichen Auswirkungen (mit und ohne § 7b EStG) wird unterstellt, dass das Mehrfamilienhaus bereits zum 1.1.21 fertiggestellt ist. Die Tabelle zeigt, dass es durch die Sonderabschreibungen zu einer steuerwirksamen Vorverlagerung des Aufwands in die ersten vier Jahre kommt:

     

    • Vergleichsrechnung
    Veranlagungszeitraum (VZ)
    Gebäude-AfA
    §§ 7b +  7 Abs. 4 EStG
    Reguläre Gebäude-AfA
     § 7 Abs. 4 EStG
    Differenz

    2021

    28.000 EUR

    8.000 EUR

    20.000 EUR

    2022

    28.000 EUR

    8.000 EUR

    20.000 EUR

    2023

    28.000 EUR

    8.000 EUR

    20.000 EUR

    2024

    28.000 EUR

    8.000 EUR

    20.000 EUR

    2025

    6.261 EUR

    8.000 EUR

    ‒ 1.739 EUR

    2026 ‒ 2070

    (45 Jahre)

    281.739 EUR

    (45 × 6.261 EUR)

    360.000 EUR

    (45 × 8.000 EUR)

    ‒ 78.261 EUR

    Summe

    400.000 EUR

    400.000 EUR

    0 EUR

     

    Die reguläre Gebäude-AfA für Mietwohnungen beträgt 2 % (§ 7 Abs. 4 EStG). Neben der regulären Gebäude-AfA könnte Hans Meise in den ersten vier Jahren die Sonderabschreibung i. H. von 5 % jährlich nutzen (§ 7b Abs. 1 EStG). Zu beachten ist, dass es sich um eine Jahresabschreibung handelt, d. h. es kann auch dann die volle Jahresabschreibung geltend gemacht werden, wenn die Fertigstellung unterjährig erfolgt. Ungeachtet dessen ist die reguläre Gebäude-AfA aber immer zeitanteilig vorzunehmen.

     

    Nutzt Herr Meise die Sonderabschreibung, reduziert sich die Abschreibung ab dem fünften Jahr. Die AfA nach Ablauf des Begünstigungszeitraums (Restwert-AfA) ist wie folgt zu ermitteln (§ 7a Abs. 9 EStG):

     

    • Ermittlung der Restwert-AfA

    Restwert nach vier Jahren (400.000 EUR abzüglich 112.000 EUR)

    288.000,00 EUR

    Verteilung auf 46 Jahre (288.000 EUR/46 Jahre)

    6.260,87 EUR

     

    FAZIT | Die neue Restwert-AfA liegt mit 6.261 EUR unter der regulären Gebäude-AfA von 8.000 EUR. Über die Gesamtnutzungsdauer von 50 Jahren gleicht sich der Steuervorteil somit wieder aus. Im Ergebnis ermöglicht der neue § 7b EStG also einen Steuerstundungseffekt. Dieser wirkt sich nicht zuletzt unter Berücksichtigung des persönlichen Steuersatzes unterschiedlich stark aus. Da der persönliche Steuersatz des Hans Meise in den nächsten Jahren wegen des bevorstehenden Ruhestands sinken dürfte, könnte die neue Sonderabschreibung eine interessante Möglichkeit darstellen.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 83 | ID 46400163

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