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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    So gestalten Sie im Grundstücksbereich durch gewillkürtes Betriebsvermögen

    | Eigenbetrieblich genutzte Grundstücke gehören zum Betriebsvermögen, privat genutzte Grundstücke zum Privatvermögen. In beiden Fällen kann der Steuerpflichtige die Zuordnung nicht beeinflussen; es sei denn, er ändert die Nutzung des Grundstücks. Anders ist dies bei vermieteten Grundstücken. Diese stellen zwar zunächst Privatvermögen dar, allerdings kann der gewerblich Tätige unter bestimmten Voraussetzungen durch ausdrückliche Zuordnung gewillkürtes Betriebsvermögen begründen. Ob sich das lohnt und welche steuerlichen Folgen hieraus resultieren, zeigt der praktische Fall. |

    1. Sachverhalt

    Versicherungsvertreter A erwirbt zum 31.12.16 ein aus zwei gleich großen Geschossen bestehendes Gebäude, das 1990 errichtet wurde (der Bauantrag wurde 1988 gestellt). Das Gebäude wurde bislang komplett zu Bürozwecken genutzt. Die Anschaffungskosten betragen insgesamt 1.000.000 EUR, hiervon entfallen 200.000 EUR auf den Grund und Boden. Der Einheitswert des Grundstücks beträgt 180.000 EUR. A plant im Erdgeschoss die Einrichtung seines Versicherungsbüros. Die Büroräume im Obergeschoss will er ab 1.1.18 an eine Werbeagentur (ebenfalls zu Bürozwecken) vermieten.

     

     

    In 2017 investiert A in jede Etage jeweils 50.000 EUR für notwendige Instandsetzungen. Die Baumaßnahmen führen nicht zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes, sondern sind reine Sanierungsmaßnahmen. Weitere Instandsetzungen sind in den nächsten Jahren nicht geplant.

     

    Frage: Welche Alternativen hat A hinsichtlich der steuerlichen Zuordnung des Gebäudes und welche Folgen ergeben sich daraus?

    2. Lösung

    Das von A zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzte Erdgeschoss stellt notwendiges Betriebsvermögen seines gewerblichen Betriebs dar. Es ist mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren und (hinsichtlich des Gebäudeteils) abzuschreiben. Hinsichtlich der vermieteten zweiten Etage hat A folgende Zuordnungsoptionen:

     

    • Alternative A: Privatvermögen oder
    • Alternative B: gewillkürtes Betriebsvermögen.

     

    2.1 Lösung zu Alternative A

    Behandelt A die fremdgewerblich vermietete Etage als Privatvermögen, erzielt er insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Denn sowohl die erste Etage (eigenbetriebliche Nutzung) als auch die zweite Etage (fremdbetriebliche Nutzung) stellen wegen des unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter dar (R 4.2 Abs. 4 EStR). Dies hat zur Folge, dass A bezüglich des Erdgeschosses gewerbliche Einkünfte und hinsichtlich des Obergeschosses Vermietungseinkünfte erzielt.

     

    Im Einzelnen ergeben sich aus dem Sachverhalt für 2017 folgende Besteuerungsfolgen:

     

    2.1.1 Erdgeschoss

    Die AfA-Bemessungsgrundlage beträgt 400.000 EUR (800.000 EUR x ½). Somit kann A nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG jährliche Abschreibungen i. H. von 12.000 EUR (400.000 EUR x 0,03) vornehmen.

     

    Die auf das Erdgeschoss entfallenden Erhaltungsaufwendungen (50.000 EUR) sind sofort als Betriebsausgaben abziehbar; insbesondere liegen keine anschaffungsnahen Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) vor, da die 15 %-Grenze (400.000 EUR x 0,15 = 60.000 EUR) ersichtlich nicht überschritten ist. Da in den folgenden drei Jahren keine weiteren Investitionen erfolgen sollen, bleibt der sofortige Betriebsausgabenabzug auch erhalten.

     

    2.1.2 Obergeschoss

    Da es sich um zwei gleich große Etagen handelt, beträgt die AfA-Bemessungsgrundlage auch hier 400.000 EUR. Die Abschreibung erfolgt jedoch über § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG, sodass sich „nur“ ein Betrag von 8.000 EUR (400.000 EUR x 0,02) ergibt.

     

    Die Erhaltungsaufwendungen i. H. von 50.000 EUR sind sofort als Werbungskosten abziehbar (Begründung siehe unter 2.1.1).

     

    Beachten Sie | Eine Aufwandsverteilung über zwei bis fünf Jahre, um z. B. Progressionswirkungen abzumildern, ist hier nicht möglich. § 82b EStDV ist nämlich nur für Gebäude vorgesehen, die im Zeitpunkt der Leistung nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen. Bei gewerblich vermieteten Objekten scheidet eine Verteilung somit aus.

     

    2.2 Lösung zu Alternative B

    A kann die fremdgewerblich vermietete zweite Etage auch als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln. Das ist möglich, wenn er für diesen Grundstücksteil eine irgendwie geartete Beziehung zu seinem Betrieb herleiten kann. A könnte z. B. geltend machen, die zunächst vermieteten Büroräume würden für eine in der Zukunft möglicherweise anstehende Erweiterung seiner betrieblichen Tätigkeit zur Verfügung stehen. Im Übrigen lässt es auch die Rechtsprechung zu, dass ein Gewerbetreibender fremdvermietete Grundstücke grundsätzlich als Betriebsvermögen behandeln kann (H 4.2 Abs. 9 EStH „Beispiele für zulässigerweise gebildetes gewillkürtes Betriebsvermögen“).

     

    MERKE | Die Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen setzt eine eindeutige, erkennbare Zuordnungsentscheidung voraus (z. B. durch Aufnahme des Grundstücksteils in die Bilanz oder durch eine anderweitige eindeutige Dokumentation im Rahmen der Gewinnermittlung (z. B. Aufnahme in das Anlagenverzeichnis bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG)).

     

    Durch die Behandlung des Obergeschosses als gewillkürtes Betriebsvermögen ergeben sich folgende Auswirkungen:

     

    • Da die zweite Etage nun zum Betriebsvermögen gehört, kann diese auch nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG mit 3 % abgeschrieben werden. Somit erhöht sich die jährliche AfA um 4.000 EUR auf 12.000 EUR.

     

    • Darüber hinaus führen sowohl die Abschreibungen als auch die Erhaltungsaufwendungen zu Betriebsausgaben und mindern den gewerbesteuerlichen Gewinn.

     

    • Bei Ermittlung des Gewerbeertrags ist die Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG vom gesamten Einheitswert vorzunehmen. Denn für die Bestimmung des Grundbesitzes ist der nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zum Betriebsvermögen gehörende Grundbesitz maßgebend (§ 20 Abs. 1 GewStDV).

     

    PRAXISHINWEISE | Wer sich für die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen entscheidet, sollte allerdings auch folgende Punkte beachten:

     

    • Grundsätzlich setzt die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen voraus, dass das Wirtschaftsgut auf Dauer nicht zu Verlusten führt. Denn Wirtschaftsgüter, bei deren Erwerb bereits erkennbar ist, dass der Erwerb dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen kann, dürfen nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden (BFH 19.2.97, XI R 1/96).

     

    • Künftig anfallende Überschüsse aus dem fremdvermieteten Gebäudeteil gehören zum betrieblichen Ertrag und damit auch zum Gewerbeertrag.

     

    • Bei Veräußerung des Gebäudes, der Entnahme des Gebäudeteils (z. B. durch unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an nahe Angehörige) oder bei Veräußerung/Aufgabe des Betriebs sind eventuelle stille Reserven auch bezüglich des fremdvermieteten Teils aufzudecken.
     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 137 | ID 44724956

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