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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Mitarbeiterbindung durch Drittrabatte: Darauf müssen Arbeitgeber achten!

    | Die Mitarbeiterbindung wird zunehmend wichtiger. Eine Möglichkeit, wie Arbeitgeber die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter erhöhen können, sind Rabatte, die den Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden. Der praktische Fall zeigt, worauf Arbeitgeber achten müssen, damit diese Rabatte nicht ungewünscht als Arbeitslohn zu versteuern sind. |

    1. Sachverhalt

    Die mittelständische X-GmbH möchte ihre Attraktivität auf dem umkämpften Arbeitsmarkt erhöhen, indem sie ihren Mitarbeitern bei lokalen Einzelhändlern, Handwerkern und Gastronomen Rabatte ermöglicht (Mitarbeiter-Vorteilsprogramm). Um keine lohnsteuerlichen Risiken einzugehen, informiert sich der Geschäftsführer der GmbH bei seinem Steuerberater vorab über mögliche Fallstricke.

    2. Lösung

    Der Steuerberater der X-GmbH erläutert zunächst die Begriffe „Arbeitslohn“ und „eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten“. Anschließend geht er auf eine ggf. schädliche Mitwirkung des Arbeitgebers ein.

     

    2.1 Arbeitslohn versus eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten

    Bei der steuerlichen Würdigung des Mitarbeiter-Vorteilsprogramms der X-GmbH ist entscheidend, ob es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn oder um „normale“ Rabatte handelt, die der Dritte aus eigenem Interesse gewährt.

     

     

    In § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG werden lediglich typische Beispiele für Arbeitslohn aufgezählt. Bei der Prüfung, ob steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, stellt die Rechtsprechung das Veranlassungsprinzip in den Mittelpunkt der Betrachtung (z. B. BFH 17.9.82, VI R 75/79). Es kommt also entscheidend darauf an, ob der erhaltene Vorteil eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft darstellt und somit Entlohnungscharakter hat. Für die Beurteilung ist nicht die subjektive Betrachtung bzw. das Gefühl des Arbeitnehmers entscheidend, sondern ob der Vorteil unter objektiven Gesichtspunkten als Entlohnung anzusehen ist. Auch das BMF klassifiziert Preisvorteile als steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn sie der Arbeitnehmer als „Frucht seiner Arbeit“ erhält (BMF 20.1.15, IV C 5 - S 2360/12/10002).

     

    Überwiegt hingegen das eigenwirtschaftliche Interesse des Dritten, liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Für ein eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten spricht, dass er sich durch die Teilnahme am Mitarbeiter-Vorteilsprogramm einen neuen Kundenkreis aufbauen kann. Entsprechend hat er vergleichsweise geringe Marketing- und Vertriebskosten und auch zukünftig nur geringe Aufwendungen für die Kundenbetreuung und Kundenbindung. Ein klares Indiz für ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse ist, wenn der Dritte anderen Kunden oder Unternehmen dieselben Rabatte gewährt („Jedermann-Rabatte“).

     

    2.2 Mitwirkung des Arbeitgebers aus Verwaltungssicht

    In welchem Umfang der Arbeitgeber bei der Verschaffung der Preisvorteile mitgewirkt hat, ist für die Finanzverwaltung ein wichtiges Indiz für die steuerliche Beurteilung (BMF 20.1.15, a. a. O.). Die folgende Übersicht stellt Beispiele für eine schädliche und unschädliche Mitwirkung des Arbeitgebers aus Sicht der Finanzverwaltung gegenüber:

     

    • Mitwirkung des Arbeitgebers
    Schädliche Mitwirkung
    Unschädliche Mitwirkung
    • Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs erfolgt durch den Arbeitgeber (Inkassotätigkeit).
    • Der Arbeitgeber haftet für die Zahlungsverpflichtungen der Arbeitnehmer.
    • Das rabattgewährende Unternehmen ist wirtschaftlich oder tatsächlich eng mit dem Arbeitgeber verbunden.
    • Dem Arbeitnehmer werden Preisvorteile von einem Unternehmen eingeräumt, dessen Arbeitnehmer ihrerseits Preisvorteile vom Arbeitgeber erhalten (wechselseitige Rabattgewährung).
    • Der Arbeitgeber bescheinigt die Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer.
    • Informationen über das Mitarbeiter-Vorteilsprogramm werden am „schwarzen Brett“ oder im Intranet des Arbeitgebers veröffentlicht.
    • Der Arbeitgeber duldet Angebote Dritter und eventuell damit verbundene Störungen des Betriebsablaufs.
    • Der Arbeitgeber überlässt dem Dritten für Beratungsgespräche oder Informationsveranstaltungen betriebliche Räume.
     

    2.3 Mitwirkung des Arbeitgebers aus der Rechtsprechungssicht

    Das dem BMF-Schreiben zugrundeliegende Verständnis der Rechtsprechung des BFH ist in der Literatur vielfach kritisiert worden. So hat beispielsweise Geserich (NWB 15, 1610, 1616) auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH (20.5.10, VI R 41/09; BFH 10.4.14, VI R 62/11) herausgestellt, dass es nicht mit der Rabattrechtsprechung übereinstimmt, einer engen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Dritten arbeitslohnbegründende Wirkung beizumessen.

     

    In einer aktuellen Entscheidung hat das FG Hamburg (29.11.17, 1 K 111/16, Abruf-Nr. 200176) diese Kritik bekräftigt. In dem Verfahren gewährte eine KG (ein Handels- und Dienstleistungskonzern) ihren Arbeitnehmern auf alle Käufe aus dem Sortiment 15 % Rabatt. Den Rabatt erhielten auch die Arbeitnehmer des Unternehmens U. Beide Unternehmen hatte einst derselbe Unternehmer gegründet. Bestellungen richteten die Arbeitnehmer des U direkt an die KG unter Angabe ihrer Personalnummer. Das FA behandelte die Preisnachlässe gegenüber den Arbeitnehmern des U als Arbeitslohn.

     

    Das FG Hamburg konnte in den Preisnachlässen der KG indes keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn für die Arbeitnehmer des U erkennen. Es ist nämlich nicht davon überzeugt, dass die Rabattgewährung gegenüber den Arbeitnehmern des U tatsächlich durch ihr Dienstverhältnis zu U veranlasst war und ihnen als Gegenleistung für die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde. Insbesondere begründen „enge Beziehungen sonstiger Art“ zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber allein den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht. Zudem reicht eine bloße Mitwirkung nicht aus, um die Preisnachlässe als Arbeitslohn zu behandeln.

     

    2.4 Empfehlungen für die Praxis

    Obwohl die finanzgerichtliche Rechtsprechung im Vergleich zur Verwaltungssicht weniger restriktiv erscheint, sind Arbeitgeber gut beraten, den Grad ihrer Mitwirkung zu minimieren.

     

    PRAXISTIPP | Zur Vermeidung einer Lohnsteuerpflicht bei Rabatten Dritter rät Heuser (LGP 15, 59):

    • Arbeitgeber sollten keinerlei Vereinbarungen mit dem Dritten treffen (keine Verträge, keine gegenseitigen Verpflichtungen in Mails).
    • Sie sollten sich auf die bloße Bekanntgabe des Angebots beschränken.
    • Vereinbarungen sollten wenn, dann nur vom Betriebs- bzw. Personalrat mit dem Drittanbieter getroffen werden. Der Arbeitgeber darf dieses Gremium auch nicht zum Abschluss einer Vereinbarung animieren.
    • In Grenzfällen sollten Arbeitgeber eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG einholen.
     

    Die Überlegung, den Betriebs- bzw. Personalrat einzubinden, basiert auf den Ausführungen der Verwaltungsanweisung vom 20.1.15. Denn hier führt das BMF (a. a. O.) aus: „Die Mitwirkung des Betriebsrats oder Personalrats an der Verschaffung von Preisvorteilen durch Dritte ist für die steuerliche Beurteilung dieser Vorteile dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen und führt allein nicht zur Annahme von Arbeitslohn.“

     

    Beachten Sie | Sollte die Gesamtwürdigung dazu führen, dass die Preisnachlässe als Entlohnung anzusehen sind, hat ein Lohnsteuerabzug zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden (§ 38 Abs. 1 S. 3 EStG). Für lohnsteuerpflichtige Rabatte von Dritten ist die 44 EUR-Grenze für Sachbezüge anwendbar. Zuwendungen von dritter Seite sind allerdings nicht nach § 37b EStG pauschalierungsfähig (vgl. hierzu BMF 19.5.15, IV C 6 - S 2297-b/14/10001, Tz. 11).

    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 12 | ID 45570156

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