· Der praktische Fall
IAB vor der Betriebseröffnung: Nachteile bei der Gewerbesteuer vermeiden!

von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage
| Die Neueröffnung eines Gewerbebetriebs erfordert mitunter hohe Investitionen. Um dafür Liquidität zu gewinnen, wird oft im Vorjahr ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) gebildet. Dieser hat allerdings keine Auswirkung auf die Gewerbesteuer, weil die Gewerbesteuerpflicht noch nicht begonnen hat. Die Auflösung des IAB im Jahr der Betriebseröffnung wird hingegen in den Gewerbeertrag einbezogen. Wie sich dieses Dilemma lösen lässt, zeigt ein praktischer Fall. |
1. Sachverhalt
Bereits Anfang 2024 hat Adam Meise geplant, im Jahr 2025 einen Einzelhandel zu eröffnen. Für die erforderlichen Investitionen hat er in seiner Einkommensteuererklärung für 2024 einen IAB i. H. von 50.000 EUR geltend gemacht. 2025 wurde der Einzelhandel dann wie geplant eröffnet. Die Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens betrugen 100.000 EUR.
Das steuerliche Problem: Der durch den IAB in 2024 generierte Verlust wirkt nur für die Einkommensteuer, nicht aber für die Gewerbesteuer, weil die Gewerbesteuerpflicht erst ab 2025 beginnt.
2. Lösung
Nach einem kurzen Überblick zum IAB, insbesondere zur Bildung und Auflösung, erklärt der Steuerberater von Adam Meise, dass in seinem Fall ein Antrag aus Billigkeitsgründen zu stellen ist.
2.1 IAB: Bildung und Auswirkungen auf die Einkommen- und Gewerbesteuer
Für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann ein IAB von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden. Das Wirtschaftsgut muss mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs fast ausschließlich betrieblich genutzt werden (§ 7g Abs. 1 EStG).
MERKE | Der Abzug setzt nicht voraus, dass der Betrieb bereits eröffnet wurde. Der Abzug kann also bereits in der Eröffnungsphase beansprucht werden (vgl. BMF 15.6.22, IV C 6 - S 2139-b/21/10001 :001, Rn. 2 und 3). |
Beachten Sie | Ohne Berücksichtigung weiterer Kosten erzielt Adam Meise für 2024 einen Verlust aus Gewerbebetrieb i. H. von 50.000 EUR. Diesen Verlust kann er mit anderen positiven Einkünften (z. B. aus einer Angestelltentätigkeit) verrechnen, was eine enorme Steuerentlastung bewirkt.
Adam Meise spart zwar Einkommensteuer, die 50.000 EUR wirken sich aber nicht auf den Gewerbeertrag aus. Der Grund: Vorbereitungshandlungen begründen keine Gewerbesteuerpflicht (R 2.5 Abs. 1 GewStR). Somit kann für 2024 kein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt werden.
2.2 Das Jahr der Investitionen
2025 tätigt Adam Meise die geplanten Investitionen. Deshalb ist der in 2024 gebildete IAB aufzulösen (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG), sodass sich der Gewinn des Jahres 2025 um 50.000 EUR erhöht. Um die daraus resultierende Steuerbelastung zu umgehen, kann Meise die Anschaffungskosten für die Wirtschaftsgüter im gleichen Umfang gewinnwirksam herabsetzen (§ 7g Abs. 2 S. 3 EStG). Die Folge: Eine zusätzliche Abschreibung über 50.000 EUR, mit der die Gewinnerhöhung aus der Auflösung des Abzugsbetrags kompensiert wird.
MERKE | Infolge der gewinnwirksamen Herabsetzung der Anschaffungskosten verringern sich die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung und auch das Abschreibungsvolumen. Adam Meise schreibt die erworbenen Wirtschaftsgüter deshalb nicht ausgehend von 100.000 EUR, sondern von 50.000 EUR ab. |
Problematisch ist nun, dass der Gewerbebetrieb eröffnet wurde und die Gewerbesteuerpflicht begonnen hat. Weil die Bildung des IAB in 2024 keine Auswirkung auf den Gewerbeertrag hatte, geht für Zwecke der Gewerbesteuer ein Abschreibungsvolumen von 50.000 EUR verloren.
Übersicht / Einkommensteuer versus Gewerbesteuer | ||
Gewinn für ESt | Gewerbeertrag für GewSt | |
2024: Bildung IAB | ‒ 50.000 EUR | Keine Steuerpflicht |
2025: Hinzurechnung IAB | + 50.000 EUR | + 50.000 EUR |
2025: Herabsetzung Anschaffungskosten | ‒ 50.000 EUR | ‒ 50.000 EUR |
2025 ff.: Abschreibung Wirtschaftsgüter total | ‒ 50.000 EUR | ‒ 50.000 EUR |
Gesamtauswirkung | ‒ 100.000 EUR | ‒ 50.000 EUR |
2.3 Antrag auf Billigkeitsregelung
Das Problem bei der Bildung eines IAB vor dem Beginn der Gewerbesteuerpflicht hat auch die Finanzverwaltung erkannt. Deshalb ist die gewinnerhöhende Hinzurechnung des IAB aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen, soweit die Inanspruchnahme des IAB ‒ wie im vorliegenden Fall ‒ den Gewerbeertrag nicht gemindert hat (Gleich lautender Ländererlass vom 26.1.11, BStBl I 11, 152).
MERKE | Die Anwendung der Billigkeitsregelung muss von Adam Meise beim FA beantragt werden. Stellt er den Antrag, entfällt für Zwecke der Gewerbesteuer die Hinzurechnung des IAB. |