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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Ertragsteuerliche Spielregeln bei der Bewirtung von Geschäftsfreunden und Mitarbeitern

    | Wagt ein Angestellter den Schritt in die Selbstständigkeit, muss er sich auch mit steuerlichen Fragestellungen auseinandersetzen. Hierzu gehört auch die Behandlung von Bewirtungskosten ‒ und zwar sowohl bei der Bewirtung von Geschäftsfreunden als auch bei der Bewirtung von eigenen Mitarbeitern. Der praktische Fall stellt die Abgrenzungskriterien, Fallstricke und Besonderheiten aus der Sicht eines „frischgebackenen“ Selbstständigen vor. |

    1. Sachverhalt

    Nach bestandener Meisterprüfung hat Kevin Müller sein bisheriges Arbeitsverhältnis gekündigt und sich als Tischler selbstständig gemacht. Da die Arbeit allein nicht zu bewältigen war, hat er unmittelbar zwei Gesellen angestellt. Diese erledigen vorwiegend Auftragsarbeiten in der Werkstatt, fahren jedoch auch gelegentlich zu Kunden, z. B. um Maß zu nehmen.

     

    Bei der ersten Belegübergabe findet sein Steuerberater diverse Quittungen aus Getränkemärkten, Bäckereien und Restaurants. Da aus den Belegen nicht ersichtlich ist, wofür die Aufwendungen verwendet worden sind, fragt er bei seinem Mandanten nach. Bei diesem Gespräch wird schnell klar, dass Müller nicht bewusst ist, dass der Abzug von Bewirtungskosten als Betriebsausgaben gewisse Spielregeln voraussetzt. Zudem hat der Tischlermeister nicht bedacht, dass die Bewirtung seiner beiden Angestellten ggf. Lohnsteuer und Sozialabgaben auslöst. Der Steuerberater erklärt ihm daraufhin, worauf er künftig achten muss.

    2. Lösung

    Unter Bewirtungsaufwendungen fallen Aufwendungen für den Verzehr von Speisen, Getränken und sonstigen Genussmitteln. Dazu können auch Aufwendungen gehören, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Bewirtung anfallen (z. B. Trinkgelder oder Garderobengebühren). Voraussetzung ist, dass sie im Vergleich zur Hauptleistung von untergeordneter Bedeutung sind (R 4.10 Abs. 5 S. 1 bis S. 4 EStR).

     

    Die folgende Klassifizierung verdeutlicht, dass die steuerliche Behandlung entscheidend von dem Bewirtungsanlass abhängt:

     

    2.1 Privat veranlasste Bewirtungsaufwendungen

    Ist die Bewirtung privat veranlasst, handelt es sich um Kosten der privaten Lebensführung, die steuerlich nicht geltend gemacht werden können (§ 12 Nr. 1 EStG). Konsequenterweise scheidet in solchen Fällen auch ein Vorsteuerabzug aus. Hat Kevin Müller solche Kosten (z. B. für ein Essen mit Freunden oder der Familie) über das betriebliche Bankkonto bezahlt, ist die Abbuchung als Privatentnahme zu erfassen.

     

    2.2 Geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen

    Geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen entstehen, wenn Personen bewirtet werden, zu denen ein Geschäftskontakt besteht oder zu denen ein Geschäftskontakt angebahnt werden soll. Dementsprechend handelt es sich bei der Bewirtung von Kunden, Lieferanten, externen Dienstleistern (Beratern) oder Vertretern um geschäftlich veranlasste Bewirtungen.

     

    Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug geschäftlich veranlasster Bewirtungsaufwendungen ist, dass die Bewirtungskosten angemessen sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit bestehen keine festen Betragsgrenzen. Die Angemessenheit richtet sich vielmehr nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung muss Kevin Müller nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 S. 2 EStG folgende schriftliche Angaben machen: Ort, Datum, Teilnehmer, Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.

     

    MERKE | Da das Gesetz die „Angaben des Steuerpflichtigen“ fordert, muss der Tischlermeister durch seine Unterschrift auf dem Beleg dokumentieren, dass es sich um eine von ihm autorisierte Erklärung handelt (BFH 15.1.98, IV R 81/96).

     

    Beachten Sie | Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung. Die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 S. 3 EStG).

     

    MERKE | Bewirtungsaufwendungen sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Das Erfordernis der besonderen Aufzeichnung ist erfüllt, wenn für jede der in § 4 Abs. 7 EStG bezeichneten Gruppen von Aufwendungen ein besonderes Konto oder eine besondere Spalte geführt wird. Es ist aber auch ausreichend, wenn für diese Aufwendungen zusammengenommen ein Konto oder eine Spalte geführt wird (R 4.11 Abs. 1 EStG).

     

    Die Bewirtung von Geschäftsfreunden ist nur zu 70 % als Betriebsausgaben abziehbar. Demgegenüber ist die Vorsteuer zu 100 % abziehbar, wenn die Voraussetzungen nach § 15 UStG erfüllt sind (§ 15 Abs. 1a S. 2 UStG). Über die Voraussetzungen sollte Kevin Müller zwingend informiert werden, insbesondere über die formalen Anforderungen an Rechnungen (§ 14 UStG) und an Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV).

     

    Beachten Sie | Im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 wurde der Betriebsausgabenabzug von 80 % auf 70 % reduziert. Diese Änderung ist nach Ansicht des BVerfG (11.12.18, 2 BvL 4/11, 2 BvL 5/11, 2 BvL 4/13) in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen. Begründung: Der Vermittlungsausschuss, auf dessen Vorschlag die betreffenden Änderungen vorgenommen wurden, hat seine ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Kompetenzen überschritten. Praktische Bedeutung hat dieser Beschluss aber nicht. Das BVerfG hat nämlich auch herausgestellt, dass die Änderung materiell-rechtlich verfassungsgemäß ist. Sie bleibt daher für den Zeitraum bis zu ihrer ‒ bereits erfolgten ‒ Bestätigung bzw. Neuregelung anwendbar.

     

    Von der klassischen Bewirtung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG klar abzugrenzen sind Aufmerksamkeiten an Geschäftspartner. Hierbei handelt es sich um Speisen und Getränke von geringem Wert, die als Geste der Höflichkeit gereicht werden (Kaffee, Tee, Kekse). Diese Kosten kann Kevin Müller somit unbeschränkt als Betriebsausgaben ansetzen (R 4.10 Abs. 5 S. 9 EStR).

     

    2.3 Bewirtung eigener Mitarbeiter

    Die Bewirtung der beiden Angestellten ist zu 100 % als Betriebsausgaben abziehbar. Da die Aufwendungen rein betrieblich sind, gibt es hier keine Beschränkung (R 4.10 Abs. 7 EStR). Die Mahlzeitengestellung kann aber lohnsteuerpflichtige Konsequenzen auslösen.

     

    2.3.1 Aufmerksamkeiten

    Keine lohnsteuerliche Relevanz haben Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt. Diese gehören als Aufmerksamkeiten nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (R 19.6 Abs. 2 LStR). Demzufolge kann Kevin Müller seinen Mitarbeitern beispielsweise kostenlos Mineralwasser in der Werkstatt zur Verfügung stellen.

     

    2.3.2 Arbeits- und Belohnungsessen

    Auch Arbeitsessen führen nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Hierbei handelt es sich um Speisen, die der Arbeitgeber anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (z. B. während einer außergewöhnlichen betrieblichen Besprechung) im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufes überlässt und deren Wert 60 EUR nicht überschreitet (R 19.6 Abs. 2 LStR).

     

    Würde der Tischlermeister seine Gesellen hingegen mit einer gewissen Regelmäßigkeit (z. B. einmal im Monat) zu einem Arbeitsessen einladen, handelt es sich grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn (sogenanntes Belohnungsessen). In diesen Fällen ist die monatliche 44 EUR-Freigrenze für Sachbezüge anwendbar.

     

    2.3.3 Restaurantschecks

    Möchte Müller mit steuerfreien Arbeitgeberleistungen bei seinen Gesellen punkten, dann bieten sich u. a. Essensgutscheine bzw. Restaurantschecks an. Denn bezuschussen Arbeitgeber die arbeitstägliche Verpflegung ihrer Arbeitnehmer z. B. durch Essensgutscheine, die in Lokalen oder Gaststätten eingelöst werden können, ist als geldwerter Vorteil unter gewissen Voraussetzungen nur der amtliche Sachbezugswert (Werte für 2019: Frühstück = 1,77 EUR, Mittag- und Abendessen jeweils 3,30 EUR) anzusetzen. Eine etwaige Zuzahlung des Arbeitnehmers ist hiervon abzuziehen.

     

    Die Voraussetzungen hat das BMF (18.1.19, IV C 5 - S 2334/08/10006-01) in einem Schreiben zusammengeführt. Zu nennen sind insbesondere:

     

    • Der Zuschuss darf den amtlichen Sachbezugswert der Mahlzeit um nicht mehr als 3,10 EUR übersteigen. 2019 darf ein Essenszuschuss also maximal 6,40 EUR (3,30 EUR + 3,10 EUR) betragen.

     

    • Der Zuschuss darf den tatsächlichen Preis der Mahlzeit nicht übersteigen.

     

    • Für jede Mahlzeit kann lediglich ein Zuschuss arbeitstäglich (ohne Krankheits-, Urlaubstage) beansprucht werden.

     

    • Mit dem Essensgutschein muss eine Mahlzeit erworben werden. Werden einzelne Lebensmittel erworben, müssen diese zum unmittelbaren Verzehr geeignet oder zum Verbrauch während der Essenspausen bestimmt sein.

     

    • Der Zuschuss kann nicht von Arbeitnehmern beansprucht werden, die eine Auswärtstätigkeit ausüben, bei der die ersten drei Monate noch nicht abgelaufen sind.

     

    MERKE | Die Einhaltung der Voraussetzungen für den Ansatz einer Mahlzeit mit dem Sachbezugswert muss Müller im Einzelnen nachweisen bzw. dokumentieren.

     

    2.3.4 Mahlzeiten während einer Auswärtstätigkeit

    Erhalten die Gesellen während einer Auswärtstätigkeit Mahlzeiten im Wert bis zu 60 EUR, können diese mit dem amtlichen Sachbezugswert angesetzt werden. Dies setzt voraus, dass den Tischlergesellen ‒ insbesondere wegen Nichterfüllung der Zeitgrenzen ‒ keine Verpflegungspauschalen zustehen. Arbeitgeber können den Arbeitslohn mit 25 % pauschal besteuern, was Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung auslöst.

     

    MERKE | Erhält ein Arbeitnehmer anlässlich oder während einer beruflichen Auswärtstätigkeit oder bei einer doppelten Haushaltsführung eine mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewertende Mahlzeit, muss im Lohnkonto der Großbuchstabe „M“ aufgezeichnet und in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen werden. Die Übergangsregelung, wonach unter gewissen Voraussetzungen auch eine andere Aufzeichnung als im Lohnkonto zulässig war, ist am 31.12.18 endgültig ausgelaufen. Somit ist der Großbuchstabe „M“ von den Arbeitgebern ab 2019 verpflichtend zu bescheinigen (BMF 27.9.17, IV C 5 - S 2378/17/10001).

     

    Der Ansatz des Sachbezugswerts entfällt, wenn dem Arbeitnehmer Verpflegungspauschalen zustehen. Diese sind dann allerdings zu kürzen ‒ und zwar um 20 % für ein Frühstück sowie um 40 % für ein Mittag- oder Abendessen. Zahlt der Arbeitgeber trotz Kürzungspflicht die vollen Verpflegungsgelder, kann er den unterlassenen Kürzungsbetrag mit 25 % pauschal und sozialversicherungsfrei besteuern.

     

    Beachten Sie | Salzgebäck oder vergleichbare Knabbereien im Flugzeug, Zug oder Schiff erfüllen nicht die Kriterien für eine Mahlzeit und führen nicht zu einer Kürzung der Verpflegungspauschale (BMF 19.5.15, IV C 5 - S 2353/15/10002).

     

    FAZIT | Kevin Müller ist gut beraten, die vorgenannten Aspekte zu berücksichtigen. Denn ansonsten gefährdet er seinen Betriebsausgabenabzug bei geschäftlich veranlassten Bewirtungsaufwendungen. Zudem muss er bei der Bewirtung seiner Gesellen die lohnsteuerpflichtigen Spielregeln beachten.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 65 | ID 45766099

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