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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Erholungsbeihilfen als sinnvolle Ergänzung zum steuerfreien Corona-Bonus

    | Die Coronapandemie war für viele Arbeitnehmer kräftezehrend! Entsprechend groß ist auch der Wunsch nach Erholung. Was liegt da näher, als diesem Wunsch mittels einer steuerlich geförderten Erholungsbeihilfe zu entsprechen? Der folgende praktische Fall stellt die Möglichkeiten und Fallstricke vor. |

    1. Sachverhalt

    Uli Meise ist selbstständiger IT-Dienstleister. Wegen der Coronapandemie konnte er sich in den letzten beiden Jahren vor Aufträgen kaum retten. Entsprechend mussten auch seine Mitarbeiter viele Sonderschichten übernehmen. Uli Meise ist die hervorragende Leistung seines Personals bewusst und er möchte diese mit einer Sonderzahlung honorieren. Um den Effekt nicht unnötig zu „verwässern“, soll die Zahlung möglichst steuerfrei sein. Da er seinen Mitarbeitern bereits 2021 den maximal möglichen steuerfreien Corona-Bonus i. H. von 1.500 EUR ausgezahlt hat (§ 3 Nr. 11a EStG), fragt er seinen Steuerberater, ob die Zahlung einer Erholungsbeihilfe eine sinnvolle Alternative wäre.

    2. Lösung

    Der Steuerberater stellt zunächst die Unterschiede von steuerfreien und pauschal besteuerten Erholungsbeihilfen vor. Anschließend macht er Uli Meise einen konkreten Vorschlag für eine neue betriebliche Regelung.

     

    2.1 Steuerfreie und pauschalversteuerte Erholungsbeihilfen

    Erholungsbeihilfen sind zweckgebundene Leistungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber beteiligt sich mittels dieser Zuschüsse an den Erholungskosten der Arbeitnehmer, z. B. an den Kosten für einen Erholungsurlaub oder einer Kur. Bei den Zuschüssen kann es sich um Bar- oder Sachleistungen handeln.

     

    Die Leistungen des Arbeitgebers werden steuerlich gefördert. Man unterscheidet hier insbesondere steuerfreie und pauschal versteuerte Beihilfen. Bei den steuerfreien Beihilfen ist darüber hinaus zu differenzieren, ob die Förderhöhe begrenzt oder unbegrenzt ist. Die folgende Abbildung schafft einen ersten Überblick über die steuerlichen („Spiel“-)Regeln:

     

    • Zweckgebundener Zuschuss des Arbeitgebers
    steuerfreie Erholungsbeihilfe
    pauschal versteuerte Erholungsbeihilfe
    ohne Betragsbegrenzung
    mit Betragsbegrenzung

    Zuschuss zur allgemeinen Kräftigung oder Erhaltung der Gesundheit (z. B. Zuschuss für Erholungsreisen)

    Zuschuss zur Abwendung oder Behandlung von typischen Berufskrankheiten

    Zuschuss zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit

     

    2.1.1 Unbegrenzt steuerfreie Leistungen

    Grundsätzlich stellt die Zahlung einer Erholungsbeihilfe Arbeitslohn dar, der nach § 19 EStG zu versteuern ist. Ausnahmsweise zählen Erholungsbeihilfen jedoch nicht zum Arbeitslohn, wenn sie im Zusammenhang mit typischen Berufskrankheiten gezahlt werden, sei es zur Abwehr drohender Gesundheitsschäden oder zur Beseitigung bereits eingetretener Gesundheitsschäden (vgl. u. a. BFH 14.1.54, IV 303/53 U „Staublunge“). In solchen Fällen soll die Erholungsbeihilfe nicht in erster Linie eine zusätzliche Einnahme für den Arbeitnehmer sein und der Hebung seiner Lebenshaltung dienen. Der Arbeitgeber gibt sie vielmehr vorwiegend in Erfüllung einer rechtlich und sittlich als verbindlich anerkannten Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern, um die durch den Betrieb entstehenden typischen Berufsgefahren für die Gesundheit nach Möglichkeit abzuwehren oder zu beseitigen.

     

    Gleiches gilt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf nachgewiesen werden kann. Hier kann sich ggf. ein entsprechendes Sachverständigengutachten lohnen.

     

    MERKE | Bislang wird eine Burnout-Erkrankung aufgrund der vielen möglichen Ursachen nicht als Berufskrankheit anerkannt.

     

    2.1.2 Steuerfreie Leistungen bis 600 EUR

    Die Anforderungen an eine unbegrenzt steuerfreie Beihilfe sind sehr hoch. Eine Alternative können daher Erholungsbeihilfen zur generellen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sein. Diese Zahlungen sind allerdings nur bis zu 600 EUR p. a. steuer- und sozialversicherungsfrei. Darüber hinaus müssen die allgemeinen Voraussetzungen für Unterstützungen an Arbeitnehmer im privaten Dienst erfüllt sein (vgl. hierzu unter R 3.11 Abs. 2 LStR). Eine begrenzt steuerfreie Erholungsbeihilfe kann übrigens auch für Kinder der Arbeitnehmer in Betracht kommen, wenn diese (nach ärztlicher Feststellung) zur Wiederherstellung der Gesundheit beispielsweise eine Kur machen.

     

    MERKE | Da bei steuerfreien Erholungsbeihilfen die zweckgebundene Verwendung sichergestellt werden muss, sollte der Arbeitgeber die Zuschüsse am besten direkt an die Erholungseinrichtungen zahlen. Dies verhindert die missbräuchliche Verwendung durch die Arbeitnehmer und erleichtert die Nachweisführung.

     

    2.1.3 Pauschale Besteuerung

    Wird der Zuschuss des Arbeitgebers weder für die Behandlung einer Berufskrankheit noch zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gezahlt, handelt es sich um eine steuerpflichtige Erholungsbeihilfe. Der Gesetzgeber eröffnet aber für steuerpflichtige Beihilfen, die zur allgemeinen Kräftigung und Erhaltung der Gesundheit gezahlt werden, die Möglichkeit einer pauschalen Versteuerung (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG). Zu beachten ist, dass die pauschale Versteuerung nur in engen Grenzen möglich ist. Werden die Freigrenzen von 156 EUR für den Arbeitnehmer, 104 EUR für dessen Ehegatten und 52 EUR für jedes Kind überstiegen, kann die Erholungsbeihilfe nicht nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG pauschal versteuert werden.

     

    MERKE | Die Jahreshöchstbeträge für den Arbeitnehmer, seinen Ehegatten und seine Kinder sind jeweils gesondert zu betrachten (vgl. hierzu R 40.2 Abs. 3 LStR). Das heißt, die Überzahlung bei einem Arbeitnehmer führt nicht zur vollen Steuerpflicht für alle gezahlten Erholungsbeihilfen.

     

    Der pauschale Steuersatz beträgt 25 %. Zusätzlich zur Lohnsteuer fallen aber noch 5,5 % Solidaritätszuschlag und pauschale Kirchensteuer an. Die pauschal versteuerten Erholungsbeihilfen sind jedoch beitragsfrei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SvEV).

     

    2.2 Konkrete Umsetzungsempfehlung für Uli Meise

    Uli Meise sollte sich der Möglichkeit, in Ausnahmefällen eine steuerfreie Erholungsbeihilfe zahlen zu können, bewusst sein. Kommen z. B. einzelne Mitarbeiter nach überwundener Krankheit zurück, kann er dieses Instrument unter Einhaltung der Anspruchsvoraussetzungen punktuell einsetzen. Für sein derzeitiges Ziel „Honorierung der außerordentlichen Teamleistung“, eignet sich hingegen eher die Zahlung einer pauschal versteuerten Erholungsbeihilfe an alle Mitarbeiter.

     

    MERKE | Grundsätzlich könnte Herr Meise die pauschal versteuerten Erholungsbeihilfen auch im Rahmen einer Gehaltsumwandlung einsetzen. Da er seinen Mitarbeitern aber eine zusätzliche Honorierung zukommen lassen möchte, ist eine Sonderzahlung hier sinnvoller.

     

    Uli Meise muss die Erholungsbeihilfe grundsätzlich nicht an alle Mitarbeiter zahlen, um von der steuerlichen Privilegierung zu profitieren. Nicht zuletzt zur Wahrung des Betriebsfriedens sollte sich Herr Meise aber für eine einheitliche Regelung entscheiden.

     

    Die Privilegierung gilt für alle Arbeitnehmer. Es kommt also nicht darauf an, ob es sich z. B. um eine Vollzeitbeschäftigung oder eine Teilzeitbeschäftigung handelt. Geringfügig Beschäftigte profitieren von der Regelung selbst dann, wenn durch die Erholungsbeihilfe die 450 EUR-Grenze überschritten wird. Denn die pauschal versteuerten Beträge werden nicht auf die 450 EUR-Grenze angerechnet.

     

    MERKE | Da bei der Erholungsbeihilfe auf das Arbeitsverhältnis abgestellt wird, können Arbeitnehmer mit mehreren Jobs auch mehrfach profitieren. Herr Meise muss demnach nicht prüfen, ob seine Arbeitnehmer bereits von einem anderen Arbeitgeber eine Erholungsbeihilfe erhalten haben.

     

    Theoretisch könnte Uli Meise die Kosten der Pauschalversteuerung arbeitsvertraglich auf seine Arbeitnehmer übertragen. Nicht zuletzt, weil Uli Meise sich die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung auf die Erholungsbeihilfe spart, sollte er die Kosten der Pauschalversteuerung übernehmen. Anderenfalls würde auch das angestrebte Honorierungsziel zumindest teilweise konterkariert.

     

    Das größte Hindernis bei der Implementierung einer einfachen, betrieblichen Regelung zur Zahlung von pauschal versteuerten Erholungsbeihilfen stellt der Verwendungsnachweis dar. So verlangt der BFH u. a., dass der Arbeitgeber über die Verwendung der Mittel Kenntnis hat (BFH 19.9.12, VI R 55/11).

     

    Die Finanzverwaltung ist hier recht großzügig. So kann ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung der Beihilfe und der Erholungsmaßnahme im Allgemeinen dann angenommen werden, wenn die Erholungsmaßnahme (z. B. der Erholungsurlaub) innerhalb von drei Monaten vor oder nach der Auszahlung der Beihilfe beendet bzw. begonnen oder aber innerhalb dieses Zeitraums eine Anzahlung auf eine bereits fest vereinbarte Erholungsmaßnahme (z. B. Buchung einer Erholungsreise) nachgewiesen wird. In den Fällen, in denen dieser zeitliche Zusammenhang gewahrt ist, kann von einer schriftlichen Bestätigung des Arbeitnehmers über die zweckgebundene Verwendung der Beihilfe abgesehen werden (vgl. OFD Magdeburg 29.4.10, S 2371 -4-St 225).

     

    MERKE | Der Begriff „Erholungszweck“ ist recht allgemein gefasst. So kann der (Erholungs-)Urlaub auch zu Hause verbracht werden. Die Verwendung für Erholungszwecke ist darüber hinaus z. B. auch bei einer Wellnessbehandlung erfüllt.

     

    Uli Meise könnte die Höhe der Erholungsbeihilfe der einzelnen Arbeitnehmer je nach Familienstand und Kinderanzahl unterschiedlich hoch fixieren. Um Diskussionen unter den Arbeitnehmern zu vermeiden und eine möglichst einfache Regelung zu implementieren, ist es aber sinnvoller, allen Arbeitnehmern einen einheitlichen Betrag von 156 EUR pauschal versteuert zukommen zu lassen.

     

    Die folgende Übersicht fasst die konkrete Umsetzungsempfehlung zusammen:

     

    Übersicht / Konkrete Umsetzungsempfehlung für Uli Meise

    Variante

    pauschale Versteuerung (Beitragsfreiheit in der SV)

    Art der Zuwendung

    Barleistung (im Rahmen der Lohn-Abrechnung)

    Begünstigte

    alle Arbeitnehmer

    Höhe

    einheitlich 156 EUR p. a. (unabhängig vom jeweiligen Familienstand und Anzahl der Kinder)

    Kostentragung

    keine Entgeltumwandlung und Arbeitgeber trägt Pauschalsteuer

    Auszahlungszeitpunkt

    Der Monat, in dem der jeweilige Sommerurlaub angetreten wird.

     

    FAZIT | Auch weil die Finanzverwaltung bisher auf einen konkreten Verwendungsnachweis verzichtet, stellt die pauschal versteuerte Erholungsbeihilfe eine gute Möglichkeit zur Nettolohnoptimierung dar.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2022 | Seite 135 | ID 48236333

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