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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Degressive Abschreibung macht Neuinvestitionen interessanter

    | Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl I 20, 1512) können bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden, degressiv abgeschrieben werden. Dass die als Investitionsanreiz gedachte degressive Abschreibung durchaus ihren Charme hat, verdeutlicht der folgende praktische Fall. |

    1. Sachverhalt

    Der 60-jährige Peter Kaiser überlegt seit Längerem, die Dachfläche einer benachbarten Grundschule zu mieten und dort eine Aufdach-Fotovoltaikanlage zu errichten. Die Kosten für die Anschaffung und Inbetriebnahme der Anlage beziffert er auf rund 200.000 EUR. Herr Kaiser möchte nun von seinem Steuerberater wissen, welche Steuervorteile sich aus der wieder eingeführten degressiven Abschreibung ergeben.

    2. Lösung

    Der Steuerberater stellt zunächst die rechtlichen Grundlagen für die degressive und die lineare AfA vor. Anschließend berechnet er die konkreten Steuer- und Liquiditätsvorteile und geht dabei auch auf die Möglichkeiten einer zusätzlichen Sonderabschreibung nach § 7g EStG ein.

     

    2.1 Rechtliche Grundlagen für die lineare und degressive AfA

    Bei der linearen AfA (§ 7 Abs. 1 EStG) werden die Anschaffungskosten des abzuschreibenden Wirtschaftsguts gleichmäßig auf die Jahre der Nutzungsdauer verteilt. Die jährlichen Abschreibungsbeträge bleiben somit über den gesamten Abschreibungszeitraum konstant. Nach der allgemeinen AfA-Tabelle beträgt die Nutzungsdauer einer Aufdach-Fotovoltaikanlage 20 Jahre. Dementsprechend würden der jährliche Abschreibungsbetrag 10 TEUR und die Abschreibungsquote 5 % betragen.

     

    Bei der degressiven AfA wird der Abschreibungsbetrag nur im ersten Jahr auf Basis der Anschaffungskosten ermittelt. In den folgenden Jahren wird der Abschreibungsbetrag dann auf der Grundlage des Restbuchwerts bestimmt. Da der Restbuchwert von Jahr zu Jahr kleiner wird, sinken auch die jährlichen Abschreibungsbeträge.

     

    Steuerlich war die degressive Abschreibungsmethode letztmalig für Wirtschaftsgüter anwendbar, die vor dem 1.1.11 angeschafft oder hergestellt wurden. Um einen zusätzlichen Investitionsanreiz zur Überwindung der Corona-Krise zu geben, wurde sie für Anschaffungen/Herstellungen in 2020 und 2021 nun vorübergehend wieder eingeführt. Gewährt wird eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung). Dementsprechend würde die degressive Abschreibungsquote für die Fotovoltaikanlage 12,5 % (5 % × 2,5) betragen.

     

    PRAXISTIPP | Sowohl die lineare als auch die degressive AfA sind als planmäßige Abschreibungsmethoden handelsrechtlich anerkannt (§ 253 Abs. 3 S. 1 und S. 2 HGB). Da die umgekehrte Maßgeblichkeit durch das BilMoG abgeschafft wurde, können Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, in der Handels- und Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden (BMF 12.3.10, IV C 6 - S 2133/09/10001). Somit kann steuerlich degressiv (Gewinnminimierung) und handelsrechtlich linear (Optimierung des Eigenkapitals) abgeschrieben werden.

     

    Bei der degressiven AfA verbleibt am Ende der Nutzungsdauer grundsätzlich ein Restbuchwert. Um eine vollständige Abschreibung des Anlageguts zu ermöglichen, darf von der degressiven AfA zur linearen AfA gewechselt werden (§ 7 Abs. 3 EStG). Um das Abschreibungsvolumen schnellstmöglich zu nutzen, sollte der Wechsel in dem Jahr erfolgen, in dem die degressive AfA erstmalig unterhalb der linearen AfA liegt. Mit der folgenden Formel kann der optimale Zeitpunkt für den Wechsel bestimmt werden (die Klammern enthalten die Zahlen des Sachverhalts):

     

     

    Beachten Sie | Im obigen Fall wäre ein Wechsel zur linearen AfA somit im 13. Nutzungsjahr sinnvoll.

     

    Die wieder eingeführte degressive AfA ist auf bewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt (§ 7 Abs. 2 S. 1 EStG). Als bewegliche Wirtschaftsgüter gelten aber auch Betriebsvorrichtungen. Das sind alle Vorrichtungen und Maschinen, die zu einer Betriebsanlage gehören und unmittelbar dem Betrieb des Gewerbes dienen. Auch die von Peter Kaiser geplante Aufdach-Fotovoltaikanlage stellt eine Betriebsvorrichtung dar (u. a. OFD Rheinland 10.7.12, S 2130 - 2011/0003 - St 142, Ziffer 1c), sodass er von der degressiven Abschreibung profitieren kann.

     

    MERKE | Die degressive AfA setzt voraus, dass sich das Wirtschaftsgut im Anlagevermögen befindet. Aus diesem Grund ist die degressive AfA bei Überschusseinkunftsarten (zum Beispiel Vermietung und Verpachtung) nicht möglich!

     

    2.2 Konkrete steuerliche Auswirkungen für Peter Kaiser

    Die folgende Tabelle zeigt die mögliche Abschreibungsentwicklung in den Veranlagungszeiträumen 2021 bis 2040. In der Spalte degressive AfA wurde der optimale Wechsel zur linearen AfA (ab dem 13. Nutzungsjahr) bereits berücksichtigt. Die jährliche Differenz zwischen der degressiven und der linearen AfA wird in der Spalte „Mehr-AfA“ ausgewiesen.

     

    Beachten Sie | Der Steuervorteil ergibt sich durch Multiplikation der „Mehr-AfA“ mit einem unterstellten Steuersatz von 40 %.

     

    • Vergleichsrechnung (in EUR)
    VZ
    Degressive AfA
    Restbuchwert
    Lineare AfA
    Mehr-AfA
    Steuervorteil (40 %)

    2021

    25.000,00

    175.000,00

    10.000,00

    15.000,00

    6.000,00

    2022

    21.875,00

    153.125,00

    10.000,00

    11.875,00

    4.750,00

    2023

    19.140,63

    133.984,38

    10.000,00

    9.140,63

    3.656,25

    2024

    16.748,05

    117.236,33

    10.000,00

    6.748,05

    2.699,22

    2025

    14.654,54

    102.581,79

    10.000,00

    4.654,54

    1.861,82

    2026

    12.822,72

    89.759,06

    10.000,00

    2.822,72

    1.129,09

    2027

    11.219,88

    78.539,18

    10.000,00

    1.219,88

    487,95

    2028

    9.817,40

    68.721,78

    10.000,00

    ‒ 182,60

    ‒ 73,04

    2029

    8.590,22

    60.131,56

    10.000,00

    ‒ 1.409,78

    ‒ 563,91

    2030

    7.516,45

    52.615,12

    10.000,00

    ‒ 2.483,55

    u‒ 993,42

    2031

    6.576,89

    46.038,23

    10.000,00

    ‒ 3.423,11

    ‒ 1.369,24

    2032

    5.754,78

    40.283,45

    10.000,00

    ‒ 4.245,22

    ‒ 1.698,09

    2033

    5.035,43

    35.248,02

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2034

    5.035,43

    30.212,59

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2035

    5.035,43

    25.177,15

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2036

    5.035,43

    20.141,72

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2037

    5.035,43

    15.106,29

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2038

    5.035,43

    10.070,86

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2039

    5.035,43

    5.035,43

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    2040

    5.035,43

    0,00

    10.000,00

    ‒ 4.964,57

    ‒ 1.985,83

    Summe

    200.000,00

    200.000,00

    0,00

    0,00

     

    Allein in den ersten fünf Jahren führt die Wiedereinführung der degressiven Abschreibungsmethode zu einer Mehr-AfA von 47,5 TEUR bzw. einer Steuerersparnis von 19 TEUR. Dieser Effekt gleicht sich zwar über die Gesamtnutzungsdauer wieder aus, es verbleibt jedoch ein erheblicher Liquiditätsvorteil. Hinzu kommt, dass Peter Kaiser bereits 60 Jahre alt ist. Die steuerliche „Minder-AfA“ ab dem 8. Nutzungsjahr wirkt sich daher erst in einem Zeitraum aus, in dem er sich bereits im Ruhestand befinden dürfte. Nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit sinkt in der Regel der Steuersatz, sodass Peter Kaiser einen Progressionsvorteil erzielen kann.

     

    Beachten Sie | Da Sonderabschreibungen nach § 7g EStG neben die normale AfA nach § 7 EStG treten, ist eine parallele Anwendung von Sonderabschreibungen und degressiver AfA möglich. Werden jedoch Sonderabschreibungen in Anspruch genommen, mindern diese den Restbuchwert und somit die Höhe der degressiven AfA des Folgejahres.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 157 | ID 46735642

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