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  • · Der praktische Fall

    Cash in Kapitalanlagen investieren: Über die eigene GmbH oder doch besser privat?

    Bild: © Charnchai saeheng ‒ stock.adobe.com

    von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage

    | Viele Kapitalgesellschaften haben nur einen Gesellschafter und verfügen durch nicht ausgeschüttete Gewinne über hohe Kapitalrücklagen. Werden die Rücklagen nicht für betriebliche Zwecke benötigt, soll oft eine Investition (z. B. in Festgeldanlagen oder Aktien) erfolgen, die eine Rendite bringt. Doch ist es dabei finanziell lukrativer, die Investition über die Kapitalgesellschaft zu tätigen und die erzielte Nettorendite im Anschluss an den Gesellschafter auszuschütten oder sollte das Kapital zunächst ausgeschüttet und dann privat investiert werden? |

    1. Sachverhalt

    Adam Meise ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der in Nordkirchen ansässigen Meise GmbH. Die Meise GmbH betreibt seit Jahren ein Handelsgeschäft und hat gute Gewinne erzielt. Diese „schlummern“ nun unverzinst auf dem Bankkonto der GmbH und weil davon 100.000 EUR nicht von der GmbH benötigt werden, möchte Meise das Geld entweder als Festgeld anlegen oder in Aktien investieren. Die dabei erzielte Rendite soll einen zusätzlichen Urlaub ermöglichen.

     

    Doch bevor Meise die Investition tätigt, fragt er sich, was steuerlich sinnvoller ist: Soll er über die GmbH investieren und den Nettogewinn im Anschluss ausschütten? Oder soll er das Kapital ausschütten und die Nettoausschüttung privat investieren? Meise bittet seinen Steuerberater um Rat. Dieser erläutert, wo die Unterschiede liegen und mit welchen Belastungen er kalkulieren muss.

     

    Beachten Sie | Die folgenden Berechnungen basieren u. a. auf diesen Annahmen: Meise ist ledig und gehört keiner Konfession an. Der Sparer-Pauschbetrag wird bereits für andere Kapitalerträge ausgeschöpft. Das zu versteuernde Einkommen beträgt jährlich ca. 75.000 EUR. Zudem hält Meise die GmbH-Anteile im steuerlichen Privatvermögen.

    2. Lösung

    2.1 Szenario 1: Ausschüttung und private Investition

    Schüttet die Meise GmbH die 100.000 EUR aus, entstehen dadurch für Meise Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Maßgebend für die Besteuerung ist der pauschale Abgeltungsteuersatz von 25 % (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Auf diese 25 % kommt noch der Soli mit 5,5 %, sodass die Steuerbelastung effektiv 26,375 % beträgt. Diese Steuer ist jedoch nicht direkt von Meise zu zahlen. Denn die Meise GmbH ist nach § 44 Abs. 1 EStG dazu verpflichtet, die Steuer von der Ausschüttung einzubehalten und an das FA abzuführen.

     

    • Beispiel 1

    Die Meise GmbH schüttet an Adam Meise 100.000 EUR aus.

     

    Lösung: Meise erhält nach Vornahme des Steuerabzugs nur 73.625 EUR. Denn die Meise GmbH behält 25.000 EUR Abgeltungsteuer sowie 1.375 EUR Soli ein. Damit kann Meise 73.625 EUR auf dem Kapitalmarkt investieren.

     

    Beachten Sie | Mit dem Steuerabzug von 26.375 EUR ist der Steueranspruch des FA gemäß § 43 Abs. 5 EStG abgegolten. Meise muss die Einkünfte deshalb nicht in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung deklarieren.

     

    MERKE | Meise kann aufgrund seiner Beteiligungshöhe (mindestens 25 %) anstelle der Abgeltungsteuer das Teileinkünfteverfahren beantragen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Der Vorteil: 40 % der Gewinnausschüttung sind steuerfrei (§ 3 Nr. 40 Buchst. d i. V. mit S. 2 EStG). Allerdings unterliegen dann die verbliebenen 60 % der regulären tariflichen Einkommensteuer. Das würde das zu versteuernde Einkommen von bisher 75.000 EUR auf nunmehr 135.000 EUR erhöhen. Weil die dadurch entstehende zusätzliche Steuerbelastung (inklusive Soli) 27.642 EUR und damit mehr als die pauschale Steuerbelastung von 26.375 EUR beträgt, rät der Steuerberater von einem entsprechenden Antrag ab.

     

    Meise stehen also 73.625 EUR zur Investition auf dem Kapitalmarkt zur Verfügung. Ob er dabei in Aktien investiert oder eine Festgeldanlage wählt, führt steuerlich grundsätzlich zum gleichen Ergebnis: Denn sowohl die Dividenden als auch die Zinserträge aus einer Festgeldanlage unterliegen der pauschalen Abgeltungsteuer von 25 % zzgl. Soli. Das gilt auch für etwaige Gewinne, die aus der Veräußerung von im Kurswert gestiegener Aktien realisiert werden. Kosten im Zusammenhang mit den Investitionen ‒ wie z. B. Depotgebühren ‒ kann Meise nicht absetzen. Das verhindert § 20 Abs. 9 EStG. Meise kann nur den Sparer-Pauschbetrag von jährlich 1.000 EUR geltend machen, der aber bereits für andere Investitionen genutzt wird.

     

    • Beispiel 2

    Adam Meise investiert die 73.625 EUR in Festgeldanlagen. Dafür erhält er eine jährliche Bruttozinsgutschrift von 2,5 %.

     

    Lösung: Die Zinsen betragen jährlich 1.840,62 EUR (73.625 EUR × 2,5 %). Weil die Steuerbelastung effektiv 26,375 % beträgt, verbleiben Meise davon 1.355,16 EUR für den zusätzlichen Urlaub (1.840,62 EUR × 73,625 %).

     
    • Beispiel 3

    Meise investiert in Aktien. Er erzielt über Dividenden eine jährliche durchschnittliche Rendite von 3,0 % und über realisierte Kursgewinne eine Rendite von 2,5 %.

     

    Lösung: Die Erträge betragen jährlich 4.049,37 EUR (73.625 EUR × 5,5 %). Bei der Steuerbelastung (26,375 %) verbleiben 2.981,35 EUR (4.049,37 EUR × 73,625 %).

     

    ZWISCHENFAZIT | In der Variante der Gewinnausschüttung und anschließender Festgeldanlage zu 2,5 % kann Meise mit jährlichen Nettoerträgen von 1.355 EUR rechnen. Bei einer Investition auf dem Aktienmarkt und einer jährlichen Rendite von durchschnittlich 5,5 % steigt der Nettoertrag auf 2.981 EUR. Doch was bietet bei gleichen Parametern ein Investment über die Meise GmbH?

     

     

    2.2 Szenario 2: Betriebliche Investition und Ausschüttung der Nettogewinne

    Sollte die Meise GmbH (bei gleichen Annahmen) investieren, sieht die Besteuerung komplett anders aus. Zunächst ist zu beachten, dass der Meise GmbH nicht 73.625 EUR für Investitionen zur Verfügung stehen, sondern 100.000 EUR. Denn mangels Ausschüttung fallen zunächst keine Steuern an. Zum anderen unterscheidet sich die Besteuerung. Denn weil bei Kapitalgesellschaften das Trennungsprinzip gilt, unterliegen die durch Zinsen und Dividenden erzielten Kapitalerträge auf Ebene der Meise GmbH der Besteuerung.

     

    Damit wird eine Körperschaftsteuer von 15 % fällig (§ 23 Abs. 1 KStG). Hinzu kommen noch der Soli mit 5,5 % der Körperschaftsteuer (= 0,825 %) sowie die Gewerbesteuer. Die Höhe der Gewerbesteuer hängt davon ab, in welcher Gemeinde sich die GmbH befindet. Denn die Gemeinde legt den anzuwendenden Gewerbesteuer-Hebesatz fest. Weil sich die Meise GmbH in Nordkirchen befindet und dort ein Hebesatz von 450 % gilt, beträgt die Gewerbesteuerbelastung 15,75 % der Gewinne (3,5 × 4,5). Die effektive Steuerbelastung beläuft sich damit auf 31,575 % (15 + 0,825 + 15,75).

     

    Beachten Sie | Die Investition über die Meise GmbH bietet aber im Vergleich zum Szenario 1 diese Vorteile:

     

    • Soweit der Meise GmbH im Zusammenhang mit den Kapitalanlagen Aufwendungen entstehen (z. B. Depotgebühren), können diese als Betriebsausgaben abgesetzt werden.

     

    • Für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien gilt § 8b Abs. 2 S. 1 KStG. Damit ist der Gewinn auf Ebene der Meise GmbH steuerfrei. Da aber 5 % des Gewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten, unterliegen effektiv doch 5 % der Besteuerung (§ 8b Abs. 3 S. 1 KStG).

     

    • Beispiel 4

    Die Meise GmbH investiert die 100.000 EUR in Festgeldanlagen. Dafür erhält sie eine jährliche Bruttozinsgutschrift von 2,5 %.

     

    Lösung: Die Zinsen betragen jährlich 2.500 EUR (100.000 EUR × 2,5 %). Weil die Steuerbelastung effektiv 31,575 % beträgt, verbleiben der Meise GmbH nach Abzug von Steuern noch 1.710,62 EUR (2.500 EUR × 68,425 %).

     
    • Beispiel 5

    Die Meise GmbH investiert die 100.000 EUR in Aktien. Mit diesen erzielt sie Dividenden von jährlich durchschnittlich 3,0 % und über realisierte Kursgewinne eine zusätzliche Rendite von 2,5 %.

    Lösung: Die Aktiengewinne betragen jährlich 2.500 EUR (100.000 EUR × 2,5 %). Sie unterliegen nur zu effektiv 5 % und damit mit 125 EUR der Besteuerung. Hinzu kommen die Dividenden von 3.000 EUR (100.000 EUR × 3,0 %). Die Meise GmbH muss in der Summe 3.125 EUR versteuern. Die Steuerbelastung beträgt 986,72 EUR (3.125 EUR × 31,575 %). Damit verbleiben der Meise GmbH 4.513,28 EUR (2.500 EUR + 3.000 EUR ‒ 986,72 EUR).

     

    Für Adam Meise sind diese Nettogewinne noch unerreichbar ‒ denn sie befinden sich noch bei der Meise GmbH. Damit Meise auf die Gewinne zur Finanzierung seines jährlichen Zusatzurlaubs zugreifen kann, muss die Meise GmbH die Gewinne ausschütten. Weil diese Ausschüttung einen Kapitalertrag für Meise darstellt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), muss die Meise GmbH auch hier 25 % pauschale Abgeltungsteuer zzgl. 5,5 % Soli einbehalten und an das FA abführen. Mit diesem Steuerabzug ist die Besteuerung abgegolten.

     

    • Beispiel 6

    Die Meise GmbH schüttet den Nettogewinn aus der Festgeldanlage (1.710,62 EUR; vgl. Beispiel 4) an Adam Meise aus.

     

    Lösung: Meise erhält nach Vornahme des Steuerabzugs 1.259,45 EUR. Denn die Meise GmbH behält 427,65 EUR Abgeltungsteuer (25 %) und 23,52 EUR Soli ein. Damit kann Meise 1.259,45 EUR für den Zusatzurlaub verwenden.

     
    • Beispiel 7

    Die Meise GmbH schüttet den Nettogewinn aus dem Aktieninvestment über 4.513,28 EUR (vgl. Beispiel 5) an Adam Meise aus.

     

    Lösung: Meise erhält nach Vornahme des Steuerabzugs 3.322,91 EUR, da die Meise GmbH 1.128,32 EUR Abgeltungsteuer (25 %) und 62,05 EUR Soli einbehält. Damit kann Meise 3.322,91 EUR für den Zusatzurlaub verwenden.

     

    FAZIT | Aus den Beispielen lassen sich zwei Erkenntnisse gewinnen:

     

    • Sofern Meise ein Investment in Festgeldanlagen anstrebt, sollte er sich zunächst das Kapital ausschütten lassen und die Investition dann im Privatvermögen tätigen. Denn bei einer Verzinsung von 2,5 % beträgt der Nettozinsertrag 1.355,16 EUR (Beispiel 2). Bei einer Investition über die GmbH und anschließender Ausschüttung lassen sich nur 1.259,45 EUR erreichen (Beispiel 6). Eine Investition über die GmbH wäre nur zu empfehlen, wenn der für die Meise GmbH geltende Gewerbesteuer-Hebesatz 300 % oder weniger beträgt. Denn bei rund 301 % ergibt sich für beide Varianten eine identische Gesamtsteuerbelastung.

     

    • Anders fällt das Ergebnis aus, wenn eine Investition in Aktien erfolgen soll. Weil realisierte Kursgewinne auf Ebene der GmbH nur zu effektiv 5 % der Besteuerung unterliegen, erhält Meise bei einem Investment über die GmbH und anschließender Ausschüttung des Gewinns nach Steuern 3.322,91 EUR (vgl. Beispiel 7). Würde das Kapital zunächst ausgeschüttet und im Anschluss von Meise privat auf dem Aktienmarkt investiert, hätte er bei einer identischen Wertentwicklung nur 2.981,35 EUR erhalten (Beispiel 3).
     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2025 | Seite 135 | ID 50419142