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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Ausscheiden eines Gesellschafters: Realteilung auch mit Einzelwirtschaftsgütern

    von Prof. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    | Wird eine Mitunternehmerschaft aufgelöst, führt diese Betriebsaufgabe für die Gesellschafter grundsätzlich zu einer Gewinnrealisation. Dies kann aber durch eine Realteilung (§ 16 Abs. 3 S. 2 und S. 3 EStG) verhindert werden, wenn die bisherigen Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen Betriebsvermögen bleibt. Unter welchen Voraussetzungen eine steuerliche Realteilung gelingt, zeigt der praktische Fall. |

    1. Sachverhalt

    An der ABC-Steuerberatungsgesellschaft GbR sind die StB A, B und C zu gleichen Teilen beteiligt. Ab 2.1.19 möchte A als Einzelkämpfer weitermachen. Sein Ausscheiden soll gegen Sachwertabfindung ‒ nach Möglichkeit ‒ steuerneutral erfolgen. A soll die Wirtschaftsgüter der Gruppe I und die Verbindlichkeiten übernehmen. Die GbR soll von B und C fortgeführt werden.

     

     

    Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann A steuerneutral ausscheiden?

    2. Lösung

    Zum besseren Verständnis wird zunächst die alte Sichtweise der Verwaltung vorgestellt. Im Anschluss erfolgt dann die Lösung nach dem neuen Realteilungserlass (BMF 19.12.18, IV C 6 - S 2242/07/10002).

     

    2.1 Alte Sichtweise

    Nach bisheriger Auffassung des BMF (20.12.16, IV C 6 - S 2242/07/10002: 004) lag hier kein Fall der Realteilung vor. Vielmehr hätte die Verwaltung § 6 Abs. 5 EStG angewendet: Insoweit Verbindlichkeiten übernommen werden, ist ein Entgelt anzunehmen, was die Aufdeckung stiller Reserven nach Maßgabe der Trennungstheorie bedeuten kann.

     

    Da die übernommenen Verbindlichkeiten die übernommenen Buchwerte im Beispiel nicht überschreiten, wären auf Grundlage der Auffassung des BFH (21.6.12, IV R 1/08; 19.9.12, IV R 11/12) nach § 6 Abs. 5 EStG keine stillen Reserven aufzudecken (anders bei Überschreitung der Buchwerte).

     

    Das BMF (12.9.13, IV C 6 - S 2241/10/10002) wendete diese Rechtsprechung zu § 6 Abs. 5 EStG jedoch nicht an und wartete insoweit die Entscheidung des BFH im Verfahren X R 28/12 ab. Nach dem Verständnis der Verwaltung lag ein teilentgeltliches Geschäft vor ‒ und zwar im Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert der übernommenen Wirtschaftsgüter (hier also: 50.000/185.000 = 27 %).

     

    Beachten Sie | Das Verfahren wurde allerdings mittlerweile wegen der Abhilfe des FA eingestellt (Beschluss vom 30.10.18, X R 28/12).

     

    2.2 Neue Sichtweise

    Der BFH (u. a. 16.3.17, IV R 31/14) unterscheidet zwischen einer „echten“ und einer „unechten“ Realteilung, wobei die Grundsätze der Realteilung für beide Ausprägungen gelten. Dem hat sich das BMF (19.12.18, a. a. O.) angeschlossen.

     

    Im Beispiel handelt es sich um eine unechte Realteilung, weil (mindestens) ein Mitunternehmer ausscheidet und mitunternehmerisches Vermögen aus der zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft mitnimmt. Unerheblich ist, ob der ausscheidende Mitunternehmer einen Teilbetrieb, einen Mitunternehmeranteil oder nur Einzelwirtschaftsgüter erhält. Die übernommenen Wirtschaftsgüter müssen aber zumindest teilweise Betriebsvermögen beim Ausscheidenden bleiben (BMF 19.12.18, a. a. O., Rz. 2).

     

    Lösung: B und C führen die verbleibenden Buchwerte der GbR fort. A muss die Buchwerte in seiner Eröffnungsbilanz wie folgt abbilden:

     

     

    Beachten Sie | Der „Charme“ der neuen BMF-Sichtweise besteht insbesondere darin, dass die Verbindlichkeiten übernommen werden können, ohne dass es zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt.

    3. Weitere Änderungen im Realteilungserlass

    Eine Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft und damit ein Fall der „echten“ Realteilung liegt auch bei Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Übertragung

     

    • eines Teilbetriebs,
    • eines (Teil-)Mitunternehmeranteils an einer Tochter-PersG oder
    • von Einzelwirtschaftsgütern

     

    aus einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft und Betriebsfortführung durch den verbleibenden Mitunternehmer in Form eines Einzelunternehmens vor.

     

    Die „echte“ Realteilung liegt immer dann vor, wenn die Mitunternehmerschaft aufhört, zu existieren und zumindest eine (wesentliche) Betriebsgrundlage in das Betriebsvermögen eines der Realteiler gelangt.

     

    3.1 Unechte Realteilung

    Nach dem neuen Realteilungserlass liegt eine unechte Realteilung auch bei der Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern vor. Nach bisheriger Auffassung war in diesem Fall § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zu prüfen (vgl. insofern die Ausführungen unter Punkt 2.).

     

    3.2 Relevanter Zeitpunkt der Beurteilung

    Die vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere Personengesellschaften steht einer Realteilung mit Buchwertfortführung nicht entgegen, wenn an den anderen Personengesellschaften vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren (BFH 16.12.15, IV R 8/12).

     

    A und B wollen ihre bisherige Tätigkeit in der X-KG in Zukunft getrennt voneinander ‒ und zwar jeder für sich ‒ in einer eigenen KG fortführen. Dazu bringen sie ihre Anteile zum 31.12.18, 12:00 Uhr in zwei jeweils neu gegründete KGs ein (A in die A-KG und B in die B-KG). Im Anschluss (zum 31.12.18, 13:00 Uhr) wird die X-KG aufgelöst; sämtliche Wirtschaftsgüter der X-KG werden auf die A-KG bzw. die B-KG im Wege der Realteilung übertragen.

     

    Nach der Entscheidung des BFH ist die Gesamtplanrechtsprechung hier nicht anzuwenden: Denn es gibt keinen allgemeingültigen Rechtsgrundsatz, dass eine aufgrund einheitlicher Planung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Mehrzahl von Rechtsgeschäften für die steuerliche Beurteilung zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen und sodann unter den Steuertatbestand zu subsumieren ist.

     

    Vielmehr kann, so der BFH, im konkreten Einzelfall lediglich Anlass zu der Prüfung bestehen, ob die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO vorliegen. Die Gestaltung wurde im Beispiel jedoch gewählt, weil A und B ihre bisherige Tätigkeit in der X-KG in Zukunft getrennt voneinander, und zwar jeder für sich in einer „eigenen“ KG fortführen wollten. Damit liegt ein beachtlicher außersteuerlicher Grund vor, sodass der Tatbestand des § 42 AO nicht erfüllt ist.

     

    Beachten Sie | Die Finanzverwaltung wendet die BFH-Entscheidung vom 16.12.15 nun ausdrücklich an (BMF 19.12.18, a. a. O., Rz. 7). Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG und insbesondere die Übertragung auf einen Mitunternehmer müssen gleichwohl im Zeitpunkt der Übertragung vorliegen. Ob sich das BMF damit allgemein der Auffassung des BFH zur Gesamtplanrechtsprechung anschließt, ist noch offen.

     

    FAZIT | In dem neuen Realteilungserlass vom 19.12.18 hat die Finanzverwaltung ihren Widerstand gegen den BFH aufgegeben und wendet die BFH-Grundsätze zur echten und unechten Realteilung nun an. Für den Praktiker bedeutet dies Planungssicherheit.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2019 | Seite 47 | ID 45709073

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