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  • 01.06.2005 | Gesellschafter-Geschäftsführer

    Millionen Beschäftigte ohne Versicherungsschutz?

    von Ralf E. Geiling, Neuss

    Seit Jahresbeginn prüfen die Clearingstelle der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) bei der Neubeschäftigung von Geschäftsführern und mitarbeitenden Familienangehörigen, ob diese künftig sozialversicherungspflichtig sind. Grundlage dafür ist das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ vom 24.12.03. Ungeprüft bleiben dabei allerdings „Altfälle“. Somit besteht weiterhin Rechtsunsicherheit bei rund 1,5 Mio. GmbH-Geschäftsführern, Limited-Managern sowie bei mitarbeitenden Ehegatten und Kindern. Hier ist unklar, ob diese als langjährige Beitragszahler überhaupt der SV-Pflicht unterliegen und damit auch einen Rechtsanspruch auf entsprechende Leistungen im Falle einer Erwerbslosigkeit haben. Selbst die Zahlung von Leistungen begründet noch keinerlei Leistungsanspruch, so das Urteil des BSG vom 28.4.87 (12 RK 47/85, Abruf-Nr. 051172). 

    Familienmitglieder

    In der Praxis stellen die SV-Träger erst im Leistungsfall fest, ob eine Versicherungspflicht zu Recht bestanden hat. Dann ist es für den Betroffenen meist zu spät. Das Ergebnis der Beurteilung hängt in der Regel davon ab, ob der Leistungsempfänger seine Tätigkeit als abhängig Beschäftigter oder als Selbstständiger ausgeübt hat. Die zunächst als „pflichtig“ beschäftigten Familienmitglieder werden im Versicherungsfall oftmals als Mitunternehmer eingestuft. Selbst wenn bei Betriebsprüfungen durch die KV nie etwas beanstandet wurde, ist dies keine Garantie auf einen Rechtsanspruch. Die Krankenkassen prüfen in den meisten Fällen lediglich die ordnungsgemäße Abführung der Beiträge. So besteht die Gefahr, dass die Mehrzahl der Betroffenen im Falle von Erwerbslosigkeit ohne Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Erwerbsminderungsrente dasteht, obwohl sie über viele Jahre ihre SV-Beiträge pünktlich entrichtet hat.  

    Gesellschafter-Geschäftsführer und Limited-Direktoren

    Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer und der Limited-Direktor sollten sowohl bei Beginn ihrer Geschäftsführertätigkeit als auch bei jeder Änderung der Verhältnisse eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung vornehmen lassen. Diese erfolgt in der Regel durch die Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge. Zu diesem Zweck gibt es umfassende Fragebögen. Zusätzlich können weitere Unterlagen erforderlich sein (zum Beispiel Gesellschaftsvertrag, Arbeits-, Dienst-, Anstellungsvertrag, Handelsregisterauszug). In besonderen Fällen werden neben der Krankenkasse auch die anderen beteiligten Sozialversicherungsträger – wie Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Landesversicherungsanstalten – in die Entscheidungsfindung einbezogen, damit von vornherein eine einheitliche Beurteilung erfolgt. Für den Gesellschafter-Geschäftsführer gilt: Nur die rechtzeitige und umfassende Darlegung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse erspart unliebsame Überraschungen im späteren Leistungsfall, z.B. bei Konkurs oder bei Arbeitslosigkeit. 

    Rechtsmittelfähiger Bescheid

    Rechtsverbindliche Sicherheit hat der Beitragszahler allerdings erst dann, wenn ihm seitens der GKV ein rechtsmittelfähiger Bescheid erteilt wurde. Dieser Bescheid beschert jedoch Rechtssicherheit nur für die Dauer von fünf Jahren. Ändern sich zwischenzeitlich bestimmte Grundvoraussetzungen, bedarf es einer Meldung an die GKV sowie einer erneuten Prüfung und eines neuen rechtsmittelfähigen Bescheides. Bei Inhabern einer Ich-AG besteht eine Versicherungspflicht für die ersten drei Jahre.  

    Beitragsfalle Krankenversicherung

    Wer als geringfügig Beschäftigter aus der Beitragspflicht befreit ist und Versicherungsbeiträge zurückfordert, die irrtümlich als Pflichtbeiträge entrichtet wurden (bereits empfangene Leistungen), läuft Gefahr, dass die Krankenversicherung ihn in eine ungünstigere Beitragsklasse einstuft. Dabei wird häufig eine Nachzahlung von Krankenversicherungsbeiträgen fällig, die die Höhe der zu erstattenden Beiträge meist übersteigt. Dies sollte im Vorfeld bereits abgeklärt sein. In den meisten Fällen bleibt ein angestellter Familienangehöriger nach der Befreiung aus der gesetzlichen Sozialversicherung steuer- und arbeitsrechtlich betrachtet weiterhin Angestellter. Nur sozialversicherungsrechtlich wird er als Selbstständiger eingestuft. Betroffene Beschäftigte, die bislang über keinen Rechtsbescheid ihrer Kasse verfügen, sollten ihren Status umgehend prüfen lassen. Wer die Materie beherrscht, kann in der Regel das Prüfverfahren selbst einleiten. Wem dabei allerdings ein Fehler in der Begründung unterläuft, hat alle Chancen verspielt und kaum eine Gelegenheit, dies zu korrigieren. 

    Fazit

    In der Regel beherrschen Fachanwälte, Renten- und Fachberater das Antrags- wie auch das Widerspruchsverfahren. Sie werden im Rahmen des Prüfverfahrens sowohl einen rechtsmittelfähigen Bescheid erwirken als auch für den Fall, dass gesetzliche SV-Pflicht nicht mehr besteht, feststellen, in welchem Umfang mit Forderungen seitens der KV zu rechnen ist. Zum Vorteil des Versicherten kann auch der so genannte Beanstandungsschutz aktiviert werden. Überdies kann beim Nichtvorhandensein von Versicherungspflicht ein Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Sozialversicherung sowie auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge gestellt werden. Die bereits eingezahlten Beiträge für die Arbeitslosenversicherung werden auf Antrag für die Dauer der letzten vier Jahre erstattet. Die Beitragserstattung aus der gesetzlichen RV kann bis zu 32 Beitragsjahre umfassen. Eine Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge durch den SV-Träger glückt nur dann, wenn bereits bei der Einleitung des Verfahrens die richtige Begründung und der Bezug auf die Rechtsgrundlage angeführt wird. Auch hier haben die Betroffenen nur einen Versuch. 

    Karrierechancen

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