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  • 08.12.2009 | Der praktische Fall

    Betriebsaufgabe - aber richtig!

    Wenn alle Voraussetzungen der einkommensteuerlichen Betriebsaufgabe erfüllt sind, sieht der Gesetzgeber einige Vergünstigungen vor. Welche das sind, wie der steuerliche Aufgabegewinn ermittelt wird und worauf sonst noch zu achten ist, erfahren Sie im folgenden Praxisfall.  

    1. Sachverhalt

    Der Mandant Max Meise ist 58 Jahre alt und seit 30 Jahren selbstständiger Bäckermeister. Er berichtet, dass er seine Backstube zum 31.10.09 geschlossen hat, weil er mehr Zeit mit seiner neuen Lebensgefährtin verbringen möchte.  

     

    Er erklärt weiter, dass er das Betriebsgrundstück (Grund und Boden sowie die Räumlichkeiten der Backstube) für 220.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer an einen Immobilienhändler veräußern konnte, wobei die auf der Immobilie lastenden Verbindlichkeiten in Höhe von 10.000 EUR von dem Erwerber übernommen wurden.  

     

    Die Geschäftseinrichtung (u.a. Verkaufstheke, Backofen) konnte er für brutto 35.700 EUR an einen befreundeten Bäckermeister verkaufen. Den Verkaufs-Bulli (gemeiner Wert: 2.380 EUR), den er vormals für Auslieferungen nutzte, möchte Meise zukünftig für private Fahrten verwenden. Die Kassen- und Bankbestände entnimmt Max Meise ebenfalls in sein Privatvermögen.  

     

    Max Meise konnte aufgrund seiner hohen Umsätze von der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG keinen Gebrauch machen. Die Bilanz zum 31.10.09 stellt sich wie folgt da:  

     

    Schlussbilanz

     

    Da Max Meise zum ersten Mal einen Betrieb aufgibt, möchte er nun wissen mit welcher steuerlichen Belastung er aus der Schließung der Backstube rechnen muss bzw. ob er von steuerlichen Vergünstigungen profitieren kann.  

    2. Lösung

    2.1 Betriebsaufgabe im Ganzen

    Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Betriebsaufgabe im Ganzen (§ 16 Abs. 3 i.V. mit § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Voraussetzungen, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang entweder in das Privatvermögen überführt oder an verschiedene Erwerber veräußert werden müssen, sind erfüllt. Die erforderliche Handlung des Steuerpflichtigen, die darauf gerichtet ist, den Betrieb als selbstständigen Organismus des Wirtschaftslebens nicht mehr bestehen zu lassen, liegt vor (R. 16 Abs. 2 EStR).  

     

    Die Betriebsaufgabe wird insbesondere durch den Steuerfreibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG begünstigt. Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist, dass der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist. Des Weiteren ist zu beachten, dass der Freibetrag beantragt werden muss und dass er dem Steuerpflichtigen nur einmal im Leben zusteht, wobei vor 1996 in Anspruch genommene Freibeträge unberücksichtigt bleiben.  

     

    Freibetrag: Aktuelle Urteile

    Nach einem aktuellen Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern (29.4.09, 3 V 30/09, Abruf-Nr. 093314) ist der Freibetrag auch dann verbraucht, wenn er in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt worden ist und der Bescheid nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Demnach kommt es nicht auf die Rechtmäßigkeit der Freibetragsgewährung an.  

     

    Der BFH (21.7.09, X R 2/09, Abruf-Nr. 093296) stellte klar, dass der Freibetrag auf einen gewerblichen Veräußerungsgewinn nicht deshalb zu gewähren ist, weil er zuvor bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit und damit für eine andere Einkunftsart berücksichtigt wurde.  

     

    Gemäß § 16 Abs. 4 EStG wird der Aufgabegewinn nur insoweit zur Einkommensteuer herangezogen, als er den Freibetrag von 45.000 EUR übersteigt. Der Freibetrag ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Aufgabegewinn 136.000 EUR übersteigt. Infolgedessen kann nur dann von dem Freibetrag profitiert werden, wenn der maßgebliche Gewinn unter 181.000 EUR liegt. Nachfolgend ist das Ermittlungsschema zur Berechnung des steuerpflichtigen Aufgabegewinns dargestellt:  

     

    Ermittlungsschema: Steuerpflichtiger Aufgabegewinn

     

    2.2 Ermittlung des Aufgabegewinns

    Die ausgewiesene Umsatzsteuer muss sich im Ergebnis erfolgsneutral auswirken. Wenn bei der Aufgabegewinnermittlung die Bruttowerte als Erlös angesetzt werden, muss die Umsatzsteuer als Veräußerungskosten berücksichtigt werden. Bei der folgenden Berechnung werden direkt die Nettowerte angesetzt:  

     

    Aufgabegewinn

     

    2.3 Ermittlung des steuerpflichtigen Aufgabegewinns

    Da Max Meise sein 55. Lebensjahr bereits vollendet hat und er vormals keinen Freibetrag für eine Betriebsaufgabe benötigte, steht ihm der Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG zu.  

     

    Steuerpflichtiger Aufgabegewinn

     

    Max Meise muss aufgrund des Freibetrags lediglich 16.000 EUR des Aufgabegewinns der Einkommensteuer unterwerfen. Darüber hinaus kann Max Meise die Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) oder den ermäßigten Steuersatz (§ 34 Abs. 3 EStG) in Anspruch nehmen.  

    3. Abschließender Hinweis

    Eine Betriebsaufgabe erfolgt in der Praxis häufig in mehreren Teilakten. Dabei ist zu beachten, dass der einheitliche Aufgabevorgang nicht verloren geht. Zwar ist der Begriff des kurzen Zeitraums nicht zu eng auszulegen, bei einem Zeitraum von mehr als 36 Monaten kann allerdings nicht mehr von einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang ausgegangen werden (H. 16 Abs. 2 EStH „Zeitraum für die Betriebsaufgabe“; BFH 26.4.01, IV R 14/00).  

    Quelle: Ausgabe 12 / 2009 | Seite 213 | ID 132122

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