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  • · Fachbeitrag · Kurzarbeitergeld

    Rückwirkende Korrektur der Abrechnung der SV-Beiträge beim Kurzarbeitergeld ab 2023 nötig

    von Rechtsanwalt Otfrid Böhmer, Director bei der WTS Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

    | Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben ihre Rechtsauffassung zur Korrektur der Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge bei einer Rückforderung von vorläufig gewährten Kurzarbeitergeld geändert. Nunmehr muss der Arbeitgeber für Entgeltabrechnungszeiträume ab dem 01.01.2023 die Beitragsabrechnung rückwirkend korrigieren, wenn er nach der abschließenden Prüfung Kurzarbeitergeld an die Agentur für Arbeit erstatten muss. Die zusätzlichen Beiträge wird im Wesentlichen der Arbeitgeber tragen müssen. LGP macht Sie mit den Einzelheiten vertraut. |

    Vorläufige Bewilligung von Kurzarbeitergeld

    Beantragt ein Arbeitgeber Kurzarbeitergeld, so bewilligt die Agentur für Arbeit regelmäßig das Kurzarbeitergeld vorläufig. Wenn der Bezug von Kurzarbeitergeld beendet ist, so überprüft die Agentur abschließend die Voraussetzungen und den Umfang des vorläufig gewährten Kurzarbeitergelds. Das Ergebnis führt zu einer endgültigen Entscheidung, die dann zu einer teilweisen oder gar vollständigen Rückforderung des vorläufig geleisteten Kurzarbeitergelds vom Arbeitgeber zur Folge haben kann.

     

    Nun ist es so, dass das Kurzarbeitergeld in der Sozialversicherung anders behandelt wird als gewöhnliches Arbeitsentgelt:

     

    • Auf das tatsächlich noch erzielte Bruttoarbeitsentgelt (sog. Kurzlohn) tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie gewohnt je die Hälfte der Beiträge.

     

    • Für das Kurzarbeitergeld gilt dies jedoch nicht. Auf dieses trägt der Arbeitgeber alleine die Sozialversicherungs-Beiträge für die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, und zwar auf 80 Prozent des fiktiven ausgefallenen Arbeitsentgelts. Dieses fiktive Arbeitsentgelt ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Soll-Entgelt (max. BBG Arbeitslosenversicherung 7.300 Euro für 2023) und dem Ist-Entgelt.

     

    • Beispiel

    Ist-Entgelt

    4.000 Euro

    Soll-Entgelt

    8.000 Euro

     

     

    Ergebnis: Das fiktive Arbeitsentgelt beträgt 3.300 (7.300 ./. 4.000); 80 Prozent davon sind 2.640 Euro. Auf dieses trägt der Arbeitgeber alleine die Sozialversicherungs-Beiträge für die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.

     

    Rückwirkende Korrektur ab Januar 2023

    Ging also das vorläufige Kurzarbeitergeld von falschen Voraussetzungen aus und fordert die Arbeitsagentur es teilweise oder ganz zurück, muss der Arbeitgeber nunmehr nach der neuen Rechtsauffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger ab Januar 2023 die Beitragsberechnung rückwirkend korrigieren (GKV-Spitzenverband, Gemeinsame Verlautbarung vom 14.02.2023, Abruf-Nr. 234201). Bislang hatten die Spitzenverbände eine rückwirkende Korrektur unter Hinweis auf die Rechtsprechung abgelehnt, weil dadurch in ein Versicherungs- und Beitragsrechtsverhältnis rückwirkend eingegriffen werde.

    Konsequenzen für die Abrechnungen

    Die neue Auffassung der Sozialversicherungsträger wirkt sich wie folgt aus:

     

    Volle Beitragszahlung für alle Sozialversicherungszweige

    Da der Kurzlohn sich durch das fehlerhafte Kurzarbeitergeld rückwirkend erhöht, greift wieder der Grundsatz der vollen Beitragszahlung für alle Sozialversicherungszweige (inkl. Arbeitslosenversicherung) auf den höheren Kurzlohn, und nicht mehr nur auf das fiktive Arbeitsentgelt.

     

    Abzug nur bei den nächsten drei Entgeltabrechnungen

    Diese Beiträge tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Grundsatz zwar je zur Hälfte. Jedoch ist hier das Problem, dass der Arbeitgeber einen unterbliebenen Abzug von Beiträgen in der Regel nur bei den nächsten drei Entgeltabrechnungen vornehmen kann (also rückwirkend bei den letzten drei Abrechnungen).

     

    Diese Beschränkung gilt zwar dann nicht, wenn kein Verschulden des Arbeitsgebers vorliegt. Dies dürfte aber aufgrund der Veröffentlichung des Rundschreibens am 14.02.2023 nicht mehr erfüllbar sein.

     

    Auch Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld betroffen

    Die Spitzenverbände erstrecken diese Grundsätze auch auf die Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld. Diese sind grundsätzlich beitragsfrei, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Differenzbetrags zwischen dem Soll- und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III nicht überschreiten.

     

    Entfällt also das Kurzarbeitergeld teilweise oder in Gänze als Bemessungsgrundlage für die Aufstockung des Kurzarbeitergelds, kann es ebenfalls zu einer nachträglichen Beitragspflicht kommen; dies ist entsprechend auch zu korrigieren.

     

    FAZIT | Dem Arbeitgeber wird somit ab 01.01.2023 ein erhebliches Beitragsrisiko für den Fall der Rückforderung von Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit aufgebürdet. Ob diese Rechtsauffassung letztlich vor den Sozialgerichten standhält, wird man abwarten müssen. Positiv ist einzig, dass die Covid-19-Pandemie-Zeit mit ihrer enormen Anzahl an Kurzarbeitergeldanträgen und die damals umfassender mögliche Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge an den Arbeitgeber nicht berührt ist.

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 87 | ID 49270015

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