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  • 08.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213402

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 28.11.2019 – 6 K 1475/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil


    In dem Finanzrechtsstreit
    des Herrn
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt:    
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen    Einkommensteuer 2016

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 28. November 2019 durch
    xxx
     
    für Recht erkannt:

    I.    Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 in der Änderungsfassung vom 6. Juli 2018 wird dahin geändert, dass weitere Fahrtkosten in Höhe von 504 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.
    II.    Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
    III.    Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Streitig ist die erste Tätigkeitsstätte bei einem Feuerwehrmann.

    Der Kläger ist bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Verteidigungslastenverwaltung in A als Feuerwehrmann angestellt. Im Streitjahre 2016 war er an 112 Tagen in der Feuerwache des US Krankenhauses B eingesetzt. Diese ist 15 km von seinem Wohnort in C entfernt.

    In seiner Einkommensteuererklärung für 2016 machte der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 1.008 € als Reisekosten geltend. Zudem machte er Verpflegungsmehraufwendungen für Abwesenheit von mehr als 24 Stunden an 33 Tagen geltend.

    Der Beklagte setzte im Einkommensteuerbescheid vom 01.02.2018 nur die Entfernungspauschale an in Höhe von 504 €. Die Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigte er nicht.

    Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, nach seinem Arbeitsvertrag zum Einsatz an den vom Arbeitgeber bestimmten Dienststellen verpflichtet zu sein, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 07.05.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, zwar befinde die erste Tätigkeitsstätte des Klägers sich nicht in B. Der Kläger sei im Streitjahr jedoch ausschließlich in B tätig gewesen. Deshalb könne nur die Entfernungspauschale angesetzt werden.

    Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, laut Arbeitsvertrag (Bl. 13 PA) sei er verpflichtet, seinen Dienst ‒ jeweils 24-Stunden-Schichten ‒ nach besonderer Einzelweisung alternativ an den Einsatzstellen A (zwei mögliche Einsatzstellen), B und Flugplatz X zu verrichten. Der Arbeitgeber habe arbeitsrechtlich wegen der erforderlichen Flexibilität bewusst keine Zuordnung zu einer bestimmten Einsatzstelle getroffen. Eine organisatorische Über- bzw. Unterordnung zwischen den möglichen Einsatzstellen liege nicht vor. Die geschuldete Tätigkeit unterschiede sich qualitativ nicht an den einzelnen Orten. Eine dauerhafte Zuordnung zu einer bestimmten Einsatzstelle sei seitens des Arbeitgebers nicht erfolgt. Der jeweilige Einsatzort unterliege deshalb aus Sicht des Arbeitgebers aus guten Grund seinem kurzfristigen Dispositionsrecht. Arbeitsrechtlich sei daher jederzeit eine ggf. sogar täglich wechselnde Bestimmung des Einsatzortes möglich. Somit liege eine erste Tätigkeitsstätte im Streitfall nicht vor.

    Der Kläger übe damit eine Auswärtstätigkeit aus. Infolge der fehlenden dauerhaften Zuordnung zu einem bestimmten Einsatzort und der ständig vorhandenen Möglichkeit, von heute auf morgen an einer anderen Tätigkeitsstätte eingesetzt zu werden, sei es dem Kläger nicht möglich, durch eigenes Verhalten (entsprechende Wohnsitznahme, Fahrgemeinschaft) mindernd auf die entstehenden Kosten einzuwirken.

    Es sei auch kein Ort vorhanden, den der Kläger typischer Weise dauerhaft arbeitstäglich aufzusuchen habe. Ebenso wenig müsse er mehrere Einsatzstellen nacheinander aufsuchen.

    Lediglich weil der Kläger im Streitjahr tatsächlich nur in B eingesetzt gewesen sei, habe das beklagte Finanzamt die Anerkennung wechselnder Einsatzstellen versagt. Dies beruhe aber nicht auf einer dauerhaften Zuordnung des Klägers zur Feuerwache in B, sondern auf dem ständig neu ausgeübten Dispositionsrecht des Arbeitgebers. Die rückwirkende Betrachtung des Finanzamts wiederspreche der Gesetzeslage, wonach eine ex-ante-Betrachtung vorzunehmen sei.

    Der Kläger beruft sich auf die Urteile des FG Münster vom 15.12.2011 ‒ 13 K 456/10 und des Niedersächsischen FG vom 30.11.2016 ‒ 9 K 130/16.

    Selbst wenn man eine erste Tätigkeitsstätte fingiere, habe dies Auswirkungen nur auf den Ansatz der Entfernungspauschale. Die Verpflegungsmehraufwendungen seien für die ersten drei Monate anzuerkennen. Der Drei-Monats-Zeitraum beginne wegen vorheriger Erkrankung des Klägers am 17.08.2016 neu. Somit würden für 33 Schichten Verpflegungsmehraufwendungen beantragt (792 €).

    Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

    den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom 6. Juli 2018 dahin zu ändern, dass weitere Fahrtkosten in Höhe von 504 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Er trägt ergänzend zur Begründung der Einspruchsentscheidung vor, das Urteil des FG Münster betreffe das Streitjahr 2008 und damit eine andere Rechtslage. Gegen das Urteil des Niedersächsischen FG sei Revision eingelegt worden; das Verfahren sei beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 6/17 anhängig. Der Sachverhalt sei jedoch nicht vergleichbar.

    Die Verpflegungsmehraufwendungen für 33 Tage würden anerkannt.

    Der Beklagte hat am 06.07.2016 einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen, mit dem er die Verpflegungsmehraufwendungen für 33 Schichten in Höhe von 792 € anerkannt hat.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Das Verfahren wurde mit Zustimmung der Beteiligten im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren VI R 6/17 zum Ruhen gebracht und nach Ergehen des Urteils vom 10.04.2019 wieder aufgenommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.

    Der Einkommensteuerbescheid ist insoweit rechtswidrig, als die Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt wurden.

    Die begehrten tatsächlichen Fahrtkosten können nur dann berücksichtigt werden, wenn die Feuerwache des US Krankenhauses B nicht als erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG anzusehen ist; andernfalls ist nur die Entfernungspauschale zu berücksichtigen.

    Mit Urteil vom 10.04.2019 ‒ VI R 6/17 hat der BFH entschieden:

    „1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG), ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1und 2 EStG).

    2. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der "regelmäßigen Arbeitsstätte".

    a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden. Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbständige betriebliche Einrichtungen darstellen können (z.B. Werkstätten und Werkshallen, Bürogebäude und -etagen sowie Verkaufs- und andere Wirtschaftsbauten), räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht (s. hierzu auch Senatsurteile vom 11. April 2019 - VI R 40/16 und VI R 12/17, jeweils zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

    b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.

    aa) Nach der gesetzlichen Konzeption --und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung-- wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien (BTDrucks 17/10774, S. 15; ebenso BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014 - IV C 5 S 2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412, Rz 2; Niermann, Der Betrieb --DB-- 2013, 1015; Isenhardt, DB 2014, 1316; Thomas, Deutsches Steuerrecht 2014, 497; Blümich/ Thürmer, § 9 EStG Rz 559; Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; kritisch Bergkemper, Finanz-Rundschau --FR-- 2013, 1017; ders. in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 9 EStG Rz 546).

    bb) Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen (im weiteren Verlauf: arbeitsrechtliche) zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BTDrucks 17/10774, S. 15). Die Zuordnung kann also insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (bspw. im Beamtenverhältnis durch dienstliche Anordnung) kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn (im weiteren Verlauf: Arbeitgeber) vorgenommen werden. Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Sie setzt auch nicht voraus, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung bewusst ist. Wird der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet, weil er dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung aufgrund der steuerrechtlichen Anknüpfung an das Dienst- oder Arbeitsrecht vielmehr auch steuerrechtlich maßgebend. Deshalb bedarf es neben der arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung keiner gesonderten Zuweisung zu einer ersten Tätigkeitsstätte für einkommensteuerrechtliche Zwecke. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts auch das Auseinanderfallen der arbeitsrechtlichen von der steuerrechtlichen Einordnung bestimmter Zahlungen als Reisekosten verringern (BTDrucks 17/10774, S. 15).

    Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.

    cc) Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden (a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412, Rz 10). Eine Dokumentationspflicht ist § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu entnehmen. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist vielmehr durch alle nach der FGO zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.

    dd) Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an (BTDrucks 17/10774, S. 15; BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412, Rz 8; Niermann, DB 2013, 1015; Bergkemper, FR 2013, 1017; Blümich/ Thürmer, § 9 EStG Rz 551, 554 und 559; Schmidt/Krüger, a.a.O., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, a.a.O., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; Lochte in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 9 Rz 122b und 252a; A. Claßen in Lademann, EStG, § 9 EStG Rz 68; Schramm/Harder-Buschner, Neue Wirtschafts-Briefe 2014, 26, 33; kritisch HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 546).

    Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die "erste Tätigkeitsstätte" als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen. Dies folgt nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere aus § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG, der zumindest für den Regelfall davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer an diesem Ort auch tätig werden soll. Darüber hinaus ist das Erfordernis einer arbeitsvertrag- oder dienstrechtlich geschuldeten Betätigung an diesem Ort nicht zuletzt dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "erste Tätigkeitsstätte" geschuldet. Denn ein Ort, an dem der Steuerpflichtige nicht tätig wird (oder für den Regelfall nicht tätig werden soll), kann nicht als Tätigkeitsstätte angesehen werden. Schließlich zwingt auch das objektive Nettoprinzip, den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dahingehend auszulegen. Denn anderenfalls bestimmt sich die Steuerlast nicht --gleichheitsrechtlich geboten-- nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern nach dem Belieben seines Arbeitgebers.

    c) Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte entsprechend § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

    1. typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder

    2. je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

    aa) Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3  1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.


    bb) Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3  2. Alternative EStG für die Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses Bestand haben soll.

    …“

    Nach diesen Grundsätzen besteht im Streitfall keine erste Tätigkeitsstätte. Nach dem Arbeitsvertrag ist der Kläger verpflichtet, jeweils nach Einzelanweisung seinen Dienst an vier verschiedenen Einsatzstellen zu leisten. Eine dauerhafte Zuordnung zu einer der Einsatzstellen liegt ebenso wenig vor, wie eine Einsatzstelle vorrangig vor den übrigen ist.

    Auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG liegen im Streitfall nicht vor. Die Einsatzstelle in der Feuerwache des US Krankenhauses B kann nicht als Einrichtung angesehen werden, an der der Kläger dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll, da der Arbeitgeber ihn nach den vertraglichen Bestimmungen stets von einem Tag auf den anderen auch an eine der anderen im Vertrag vorgesehenen Einsatzstellen hin beordern kann. Ebenso fehlt es auch an der Voraussetzung, dass der Kläger dauerhaft mindestens zwei volle Arbeitstage in der Woche oder ein Drittel der vereinbarten Arbeitszeit in der Feuerwache des US Krankenhauses B tätig werden soll. Zwar ist er tatsächlich mehr als diese geforderten Mindestzeiten dort tätig, aber es fehlt an der Voraussetzung, dass er dauerhaft dort tätig sein soll, da er jederzeit auch an einer der anderen Einsatzstellen eingesetzt werden kann.

    Da eine ex-ante-Betrachtung vorzunehmen ist, spielt es keine Rolle, dass der Kläger tatsächlich nur in der Feuerwache des US Krankenhauses B eingesetzt war.

    Anders als im Urteil des BFH vom 11.04.2019 ‒ VI R 36/16 angesprochen, liegen im Streitfall keine auf einen Tag befristeten Arbeitsverhältnisse vor.

    Mit den mit Urteilen vom 11.04.2019 Az. VI R 40/16 und VI R 17/17 entschiedenen Sachverhalten ist der Streitfall nicht vergleichbar, da es im Gegensatz zu der Zuordnung von Piloten durch den Arbeitgeber zu einem bestimmten Flughafen im Streitfall an einer Zuordnung zu einer bestimmten Einsatzstelle fehlt.

    Gleiches gilt für die Urteile vom 04.04.2019 ‒ VI R 27/17 und vom 11.04.2019 ‒ VI R 12/17. Gegenstand des Urteils vom 11.04.2019 ‒VI R 12/17 war zudem eine großräumige Tätigkeitsstätte; eine solche ist hier nicht im Streit.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Soweit das FA dem Klagebegehren teilweise abgeholfen hat, wird § 137 Satz 1 FGO nicht angewendet. Der Kläger hat die Verpflegungsmehraufwendungen in seiner Steuererklärung geltend gemacht und im Klageverfahren dem Umfang nach reduziert. Dies ist kein Anwendungsfall des § 137 Satz 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 FGO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die streitigen Rechtsfragen durch den BFH geklärt sind.

    Der Senat hat gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden.

    Rechtsmittelbelehrung

    Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde ange¬foch¬ten werden.

    Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

    Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

    Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.

    Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

    Hinweis:

    Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite www.bundesfinanzhof.de lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, § 9 Abs. 4 EStG

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