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  • 03.12.2013 · IWW-Abrufnummer 140770

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 11.04.2013 – 6 K 1129/11

    Eine Anwendung der Fünftelregelung scheidet aus, wenn die Entschädigung nicht in einem VZ gezahlt wird, in dem noch das ungeschmälerte
    reguläre Gehalt zufließt, sondern danach und es damit insgesamt zu einem niedrigeren als dem Regelgehalt kommt.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat Richter am Finanzgericht … als Berichterstatter anstelle des 6. Senats nach § 79a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung
    auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11.04.2013 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Streitig ist die steuerliche Behandlung einer vom Kläger erzielten Abfindung.
    Der Kläger war bis zum 31.01.2009 als Angestellter nichtselbstständig tätig. Er erhielt für diesen Monat ein Gehalt i.H.v.
    10.787 EUR. Außerdem erhielt er anlässlich der Beendigung seiner Beschäftigung im Januar 2009 eine Abfindung i.H.v. 43.000
    EUR. In den Vorjahren betrugen seine Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit 129.687 EUR (in 2006), 146.247 EUR (in 2007)
    bzw. 139.834 EUR (in 2008). Daneben erzielte der Kläger in diesen Jahren als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
    und zwar i.H.v. -1.935 EUR in 2006, 3.310 EUR in 2007 sowie -20.195 EUR in 2008.
    Ab Februar 2009 widmete sich der Kläger in vollem Umfang seiner selbstständigen Rechtsanwaltstätigkeit und erzielte hieraus
    im Streitjahr Einkünfte i.H.v. 5.100 EUR. Daneben erhielt er von der Bundesagentur für Arbeit einen steuerfreien Gründungszuschuss
    i.H.v. 2.094 EUR monatlich für die Zeit vom 01.02.2009 bis 31.10.2009 sowie i.H.v. 300 EUR monatlich für die Zeit vom 01.11.2009
    bis 30.04.2010.
    Der Beklagte unterwarf im Rahmen des Einkommensteuerbescheides vom 21.10.2010 die gezahlte Abfindung der Regelbesteuerung.
    Hiergegen richtet sich die vorliegende, nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht,
    dass die Abfindung nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern sei. Hierbei vertritt er zum einen die Ansicht, dass es sich bei dem
    im Streitjahr vorliegenden Fall, bei dem sich der Steuerpflichtige nach Beendigung seiner nichtselbstständigen Tätigkeit selbstständig
    macht, um einen Sonderfall handele, der für die Anwendung des § 34 EStG keine Zusammenballung von Einkünften erfordere. Im
    Übrigen sei im Streitfall eine solche Zusammenballung gegeben; insoweit wird auf die zahlenmäßige Zusammenstellung im Schriftsatz
    des Klägers vom 14.06.2011 Bezug genommen.
    Der Kläger beantragt,
    die mit Bescheid vom 21.10.2010 festgesetzte Einkommensteuer 2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16.03.2011
    auf 0 EUR herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er vertritt die Ansicht, dass eine Entschädigung nur dann § 34 EStG unterfalle, wenn sie zusammengeballt zufließe, weil der
    Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Entschädigung in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum
    insgesamt mehr erhalte, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten würde. Eine derartige Zusammenballung
    von Einkünften sei beim Kläger im Streitfall nicht gegeben.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist unbegründet.
    Der Beklagte hat zu Recht die Anwendung des § 34 EStG auf die vom Kläger bezogene Abfindung abgelehnt.
    Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 Sätze 2 bis
    4 EStG (Fünftelregelung) zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte
    in Betracht. Das bedeutet aber nicht, die – hier im Streitjahr vereinnahmte – Entschädigung (§ 24 Nr. 1 EStG) sei ohne weiteres
    ermäßigt zu besteuern. Vielmehr ist der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG entsprechend dem Normzweck, die Auswirkungen des progressiven
    Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte zu beschränken, die „zusammengeballt” zufließen. Davon ist auszugehen, wenn der
    Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der
    Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf
    der Dinge erhalten hätte (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, etwa Urteil vom 27.01.2010 IX R 31/09, BStBl
    II 2011, 28 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist es für die Erfüllung des genannten Normzwecks gleichgültig, ob der Steuerpflichtige
    im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine selbständige oder erneut eine nichtselbständige Tätigkeit ergreift,
    so dass der Streitfall – entgegen der Ansicht des Klägers – keinen Sonderfall darstellt, der eine Abweichung von der angeführten
    Rechtsprechung des BFH erfordert.
    Die für die Prüfung einer Zusammenballung notwendige, hypothetische und prognostische Betrachtung orientiert sich grundsätzlich
    an den Verhältnissen des Vorjahres, die dem Veranlagungszeitraum, in dem die Entschädigung zufließt, am nächsten liegen. Eine
    darauf aufbauende Vergleichsberechnung gilt aber nur für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen
    des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden. Sie gilt dann nicht, wenn die Einnahmesituation des Vorjahres durch
    außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung
    des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen. So beanstandet es der BFH insbesondere bei variablen Gehaltskomponenten nicht, wenn
    im Wege einer Prognoseentscheidung (auch) auf die Vorjahre zurückgegriffen wird (BFH- Urteil vom 27.01.2010 IX R 31/09, BStBl
    II 2011, 28 mit weiteren Nachweisen).
    Im vorliegenden Fall ist es gleichgültig, ob für die Prognoseentscheidung lediglich das Vorjahr (2008) oder darüber hinaus
    auch die beiden davorliegenden Jahre (2006 und 2007) berücksichtigt werden. In allen drei genannten Jahren lag das Bruttogehalt
    des Klägers jeweils deutlich über 100.000 EUR. Es ist daher davon auszugehen, dass das Gehalt des Klägers bei ungestörter
    Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch in 2009 eine ähnliche Höhe erreicht hätte. Tatsächlich hat der Kläger aber in 2009
    einschließlich der Abfindung lediglich 53.787 EUR erhalten, mithin weniger und nicht mehr als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
    erhalten hätte. Es fehlt somit an der vom BFH geforderten Zusammenballung von Einkünften.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

    VorschriftenEStG § 34 Abs 2, EStG § 24 Nr 1, EStG § 34 Abs 1

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