05.05.2011 · Erledigtes Verfahren · EWGRL 388/77 · C-103/09
Leasing, normale Handelsgeschäfte, Halifax-Urteil
Letzte Änderung: 5. Mai 2011, 13:33 Uhr, Aufgenommen: 19. Juni 2009, 12:17 Uhr
Vorabentscheidungsersuchen des Court of Appeal (Vereinigtes Königreich), eingereicht am 13.3.2009, zu folgenden Fragen:
1. Wenn unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls ein von der Mehrwertsteuer größtenteils befreites Unternehmen eine Leasingvertragsgestaltung für Wirtschaftsgüter unter Einschaltung eines Dritten wählt, anstatt die Wirtschaftsgüter unmittelbar zu erwerben, führt dann diese Leasingvertragsgestaltung für Wirtschaftsgüter ganz oder teilweise zu einem Steuervorteil, der im Sinne des Urteils vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C-255/02, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 74; im Folgenden: Urteil Halifax) dem mit der Sechsten Richtlinie verfolgten Ziel zuwiderläuft?
2. Stellt es unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Sechste Richtlinie das Vermieten von Wirtschaftsgütern durch von der Mehrwertsteuer ganz oder teilweise befreite Unternehmen vorsieht, unter Berücksichtigung der Bezugnahme des Gerichtshofs auf "normale Handelsgeschäfte" im Urteil Halifax, Randnr. 69, und im Urteil vom 22. Mai 2008, Ampliscientifica und Amplifin (C-162/07, Slg. 2008, I-4019, Randnr. 27), sowie auf "normale Geschäftstätigkeit" im Urteil Halifax, Randnr. 80, und unter Berücksichtigung des Fehlens einer solchen Bezugnahme im Urteil vom 21. Februar 2008, Part Service (C-425/06, Slg. 2008, I-897), eine missbräuchliche Praxis dar, wenn ein von der Mehrwertsteuer ganz oder teilweise befreites Unternehmen so vorgeht, obwohl es im Rahmen seiner normalen Handelsgeschäfte keine Leasingumsätze tätigt?
3. Falls Frage 2 zu bejahen ist:
a) Welche Relevanz hat der Begriff "normale Handelsgeschäfte" für die Randnrn. 74 und 75 des Urteils Halifax? Ist der Begriff für Randnr. 74 oder für Randnr. 75 oder für beide Randnummern relevant?
b) Sind unter "normalen Handelsgeschäften" zu verstehen:
(1) Geschäfte, die der betreffende Steuerpflichtige typischerweise tätigt;
(2) Geschäfte, die zwei oder mehr Beteiligte zu Marktbedingungen tätigen;
(3) Geschäfte, die wirtschaftlich vertretbar sind;
(4) Geschäfte, bei denen wirtschaftliche Belastungen und Risiken entstehen, die typischerweise mit den entsprechenden wirtschaftlichen Vorteilen verbunden sind;
(5) Geschäfte, die insofern nicht künstlich sind, als sie wirtschaftlichen Wert haben, oder
(6) irgendeine andere Art oder Kategorie von Geschäften?
4. Wenn festgestellt wird, dass die Leasingvertragsgestaltung für Wirtschaftsgüter ganz oder teilweise eine missbräuchliche Praxis darstellt, wie ist diese Vertragsgestaltung dann angemessen neu zu definieren? Sollen das nationale Gericht oder die Steuererhebungsbehörde insbesondere
a) die Existenz des zwischengeschalteten Dritten ignorieren und verfügen, dass Mehrwertsteuer auf den Normalwert der Leasingleistungen zu entrichten ist;
b) die Leasingvertragsgestaltung als unmittelbaren Kauf neu definieren oder
c) die Umsätze in irgendeiner anderen Weise neu definieren, die entweder das Gericht oder die Steuererhebungsbehörde für angemessen hält, um auf die Lage abzustellen, die ohne die die missbräuchliche Praxis darstellenden Umsätze bestanden hätte?
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-103/09
Vorinstanz: Court of Appeal (Vereinigtes Königreich)
Normen: EWGRL 388/77
Erledigt durch: Urteil vom 22.12.2010