· Nachricht · Gewerbesteuer
Keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bei unterjährigem Erwerb der Grundstücke
| Das FG Berlin-Brandenburg (5.11.24, 8 K 8179/22; Rev. BFH III R 40/24, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass eine nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG begünstigte Tätigkeit (ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes) dann nicht vorliegt, wenn das wirtschaftliche Eigentum am Grundbesitz erst nach Beginn des Erhebungszeitraums erlangt wird, selbst wenn zuvor ‒ mit Vollmacht des Veräußerers ‒ erhebliche Maßnahmen in Bezug auf den Grundbesitz erfolgt sind. |
Im Streitfall war Klägerin eine mit Gesellschaftsvertrag vom 5.11.18 gegründete GmbH. Eingetragener Geschäftsgegenstand ist die Entwicklung, der An- und Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken, Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, die Verwaltung eigenen Vermögens, die Projektentwicklung, die Verwaltung sowie die Verwertung von wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten. Kurze Zeit nach der Gründung erwarb die GmbH mehrere mehrstöckige Mehrfamilienhäuser. Der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten erfolgte am 9.5.19. In der Zwischenzeit zwischen Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrags und dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führte die GmbH Finanzierungsgespräche mit Banken, ergriff erheblichen Maßnahmen (Beginn eines Umnutzungsverfahren, Inanspruchnahme von Architekturleistung, Antragstellung bei Behörden) führte Verhandlungen mit potenziellen neuen Mietern. Nach Ansicht des FG beginnt die Fruchtziehung als Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG erst mit dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundbesitz und nicht bereits mit vorbereitenden Maßnahmen. Die im Streitfall im Vorfeld des Nutzen-Lasten-Wechsels durchgeführten Maßnahmen stellten keine Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne dieser Vorschrift dar. Es habe auch keine unschädliche grundbesitzlose Zeit vorgelegen, weil es nicht zu einer bloßen Umschichtung im Grundbesitzbestand gekommen sei, sondern die Klägerin ihre Grundbesitzverwaltung erstmals aufgenommen habe.
PRAXISTIPP | Der Fall bietet dem BFH nun die Möglichkeit, im Revisionsverfahren zu klären, ob Tätigkeiten eines Grundstückserwerbers zwischen Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages und dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellen und deshalb als Grundstücksnutzung i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zu qualifizieren sind. In Bezug auf die von dem FG ebenfalls versagte einfache Kürzung des Gewerbeertrags ist zu beachten, dass § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nunmehr auf die im Erhebungszeitraum als Betriebsausgaben erfasste Grundsteuer abhebt, so dass jedenfalls von Gesetzes wegen nun nicht mehr ein Bezugspunkt zum Einheitswert zum letzten Feststellungszeitraum besteht. Ob und ggf. inwieweit sich daraus Änderungen der Rechtsprechung ergeben, wird abzuwarten sein (vgl. Anmerk. Tiedchen, EFG 25, 408, 411). |