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  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Keine Anwendung der Seitswärtsabfärbung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen

    | Das FG Nürnberg (12.12.23, 1 K 1572/20 ; Rev. BFH IV R 5/24 ; Einspruchsmuster ) ist zu der Überzeugung gelangt, dass die vom BFH entwickelte sog. Bagatellgrenzenrechtsprechung zur Seitwärtsabfärbung dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG entgegenstehe und daher jedenfalls nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen angewandt werden könne. |

     

    Im Streitfall stellt sich die Rechtsfrage, ob bereits die Errichtung einer Photovoltaikanlage zur gewerblichen Infektion der Einkünfte einer im Übrigen nur vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft führt, auch wenn Einnahmen aus der Stromeinspeisung erst ab dem Folgejahr erzielt werden.

     

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (27.8.14, VIII R 16/11, BStBl. II 15, 996) findet eine sog. Seitwärtsabfärbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 Alt. 1 EStG nicht statt, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse und den Betrag von 24.500 EUR nicht übersteigen (sog. Bagatellgrenze/Geringfügigkeitsgrenze). Mit Urteil vom 30.6.22 (IV R 42/19, BStBl. II 23, 118) hat der BFH klargestellt, dass dieser Rechtsprechung nicht durch die (rückwirkend geltende) Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (insbesondere die Einfügung des Satzes 2) der Boden entzogen wurde, sondern sowohl die relative als auch die absolute Umsatzgrenze weiterhin fortgelten. Im Anschluss daran kam das FA unter Berufung auf die Rechtsprechung zur Bagatellgrenze zu dem Schluss, dass im Streitjahr mangels Umsatzerzielung noch keine Abfärbung erfolgt sei und die durch streitigen Abschreibungen im Wertpapiervermögen entstandenen Verluste daher nicht im Rahmen von Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen seien. Das FG sah das dem Grunde nach anders. Ungeachtet fehlender Einnahmen komme es mit der Gründung des Gewerbebetriebs zur Infektion. Die vom BFH entwickelte Bagatellrechtsprechung könne nicht (entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) zu Lasten/Ungunsten des Steuerpflichtigen angewendet werden.

     

    PRAXISTIPP | Ob der BFH die Rechtsauffassung des FG teilt, ist fraglich. Der BFH hat jedenfalls deutlich zu erkennen gegeben, dass er an seiner Bagatellgrenzenrechtsprechung ungeachtet der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (insbesondere der Einfügung des Satzes 2) ausdrücklich festhält (BFH 30.6.22, IV R 42/19, a. a. O.; a. A. Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 1426). Gleichwohl sollten betroffene Feststellungsbescheide bis zur Ende des Revisionsverfahrens in verfahrensrechtlich geeigneter Form offengehalten werden.

     
    Quelle: ID 50356338