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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Nicht jeder fahrlässig verursachte Behandlungsfehler rechtfertigt die außerordentliche Kündigung

    von RA, FA Arbeits- und Medizinrecht Marc Rumpenhorst, Kanzlei Klostermann pp., Bochum, klostermann-rae.de

    | Führt ein Chefarzt eine komplexe neurochirurgische Operation durch, für die ihm sowohl die entsprechende Weiterbildung als auch die nötige Erfahrung fehlen und erleidet der Patient dadurch eine Querschnittslähmung, so berechtigt dies die Klinik dennoch nicht, dem Chefarzt fristlos zu kündigen, weil er fahrlässig seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe, wenn mildere Mittel zur Verfügung standen, um die Wiederholung eines solchen Fehlers zu verhindern (Landesarbeitsgericht [LAG] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.09.2019, Az. 3 Sa 527/16). |

     

    Der Fall

    Einem neurochirurgischen Chefarzt, W3-Professor für Neurochirurgie und anerkannten Experten der Hirntumortherapie wurde dreimal innerhalb von sechs Wochen außerordentlich gekündigt, weil er die Operation einer Skoliose übernommen hatte, obwohl er ‒ angesichts des Schweregrads der Operation ‒ nicht über ausreichend Erfahrung in der Skoliosechirurgie verfügte. Sein Arbeitgeber ‒ eine medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung mit mehr als 60 Kliniken und rund 1.500 Betten ‒ sah darin eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Was war passiert?

     

    Nach Operation eines 16-jährigen kuwaitischen Patienten, zur Behandlung einer komplexen idiopathischen juvenilen Skoliose, erlitt dieser eine möglicherweise irreversible Querschnittslähmung. Ein Sachverständiger sah eine fahrlässige Selbstüberschätzung des Operateurs. Ein weiterer Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass bei der Beurteilung des Operationsverlaufs und des direkten postoperativen Managements zahlreiche Fehler begangen worden seien, die die fehlende Erfahrung des Operateurs bei der Behandlung idiopathischer Skoliosen belegen würden.