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  • · Fachbeitrag · Wahlleistung

    Gut für den Chefarzt: Gericht verbietet seltsame Vertragskonstrukte von Klinik mit Honorarzt

    von RA und FA für Arbeits- und Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de 

    | In einer aktuellen Entscheidung hat das Landgericht (LG) Regensburg entschieden, dass vertragliche Regelungen verboten sind, wenn sie Honorarärzten die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen in unmittelbarer Konkurrenz zu den am Krankenhaus tätigen Chefärzten ermöglichen sollen ( Urteil vom 5. August 2014, Az. 2 S 42/14, Abruf-Nr. 143111 ). |

    Klinik-OP durch zuvor ambulant behandelnden Honorararzt

    Ein Patient hatte sich am 14. Dezember 2010 zur stationären Behandlung in ein Klinikum zwischen München und Regensburg begeben, um sich einer Schulter-Operation zu unterziehen. Hierfür unterzeichnete er einen Krankenhausaufnahme- sowie einen Wahlleistungsvertrag. Im DRG-Entgelttarif des Klinikums, den der Patient ausgehändigt bekommen hatte, war der spätere Beklagte - ein Schulterchirurg - als weiterer Wahlarzt neben dem Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie ausgewiesen. Der Schulterchirurg war als Honorararzt in dem Klinikum tätig.

     

    Seltsam: Chefarzt beauftragte Honorararzt mit Operation

    Am Tag der Patientenaufnahme „beauftragte“ der Chefarzt der Klinik, zu dessen Leistungsspektrum auch die Schulterchirurgie gehört, den Honorararzt mit der Durchführung der Schulter-OP. Ob der Chefarzt dies freiwillig tat oder von der Klinikleitung hierzu gedrängt wurde, ist nicht bekannt.

     

    Honorararzt hatte den Patienten zuvor schon ambulant behandelt

    Der Patient war vor seinem stationären Krankenhausaufenthalt bei dem Honorararzt in ambulanter Behandlung gewesen und wurde durch ihn in das Klinikum eingewiesen; in der Klinik wurde er ebenfalls hauptsächlich durch den Honorararzt versorgt. Kein anderer Arzt des Klinikums - mit Ausnahme des Anästhesisten - hat den Patienten untersucht, eine Diagnose gestellt oder ihn über die Notwendigkeit der anstehenden Operation beraten.

     

    PKV erstattete dem Patienten nur einen Bruchteil der OP-Kosten

    Nach Ende des stationären Aufenthalts erhielt der Patient von dem ihn operierenden Honorararzt und Schulterchirurgen eine Rechnung nach GOÄ in Höhe von 1.843,56 Euro - diese bezahlte er sofort. Anschließend bat er seine private Krankenversicherung um Erstattung. Diese wies darauf hin, dass Leistungen von Honorarärzten nach dem mit ihm vereinbarten Tarif nicht erstattungsfähig seien. Daraufhin klagte der Patient gegen den Honorararzt und forderte die Rückzahlung der an ihn bezahlten 1.843,56 Euro. Das Amtsgericht Straubing sah die Klage als weitgehend unbegründet an und sprach dem Patienten nicht die geforderten 1.843,56 Euro, sondern nur knapp 257 Euro zu. Hiergegen legte der Patient beim LG Regensburg Berufung ein.

    Urteil: Honorararzt muss gesamte Summe zurückzahlen

    Das LG Regensburg hob das Urteil des Amtsgerichts Straubing auf und forderte den Honorararzt auf, dem Kläger den gesamten Betrag in Höhe von 1.843,56 Euro zurückzuzahlen.

     

    Deutliche Worte der Richter

    In den Entscheidungsgründen haben die Regensburger Richter mit deutlichen Worten solche Vertragskonstrukte als rechtswidrig zurückgewiesen, mit denen Honorarärzte zusätzliche Einnahmen aus der Behandlung von Wahlleistungspatienten in einem Krankenhaus generieren wollen, obwohl sie dort nicht angestellt sind. Privatpatienten seien keine „Wahlleistungspatienten“, wenn sie zunächst durch den Honorararzt ambulant behandelt, dann von ihm in eine Klinik eingewiesen und dort im Wesentlichen von ihm selbst weiterbehandelt werden, so das Landgericht. Den Ausdruck „Wahlleistungspatienten“ setzten die Richter absichtlich in Anführungszeichen.

     

    Schließe ein Krankenhaus mit solchen Patienten gleichwohl eine Wahlleistungsvereinbarung ab, würden hiermit - nach den Worten des Gerichts - die tatsächlichen Gegebenheiten „auf den Kopf“ gestellt.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Richter wurden deutlich: Der Honorararzt sei im Verhältnis zum Klinikum ein externer Arzt. Leistungen externer Ärzte seien zwar grundsätzlich abrechenbar, dürfen nach Meinung des Gerichts jedoch nur ergänzende oder unterstützende Funktion haben - die Verantwortung für die Gesamtbehandlung müsse dagegen beim Krankenhaus selbst liegen.

     

    Kernleistungen muss das Krankenhaus selbst erbringen

    Kernleistungen wie eine Schulter-Operation, aber auch die Anästhesie hierfür, hätte das Krankenhaus vorliegend nicht auf einen Honorararzt verlagern dürfen, so das LG. Eine im Krankenhaus durchgeführte Operation mit einem damit verbundenen stationären Aufenthalt stelle eine Krankenhausleistung dar, deren Vergütung grundsätzlich durch Pflegesätze erfolge. Eine privatärztliche Wahlleistungsvereinbarung stelle eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar; diese sei jedoch nur unter den engen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) möglich.

     

    Danach dürfen ärztliche Wahlleistungen nur dann auf externe Ärzte „ausgelagert“ werden, wenn sie erforderlich sind und über das im Krankenhaus angebotene Leistungsspektrum hinausgehen. Dies war aber vorliegend gerade nicht der Fall, da auch die Klinik Schulterchirurgie anbietet.

     

    FAZIT | Das deutliche Urteil des LG Regensburg ist zu begrüßen. Ein Honorararzt bietet nämlich keine ärztliche Leistung, die über die „normale“ ärztliche Leistung - „allgemeine Krankenhausleistungen“, wie es im Gesetz heißt - von in der Klinik beschäftigten Fachärzten hinausgeht. Gerade eine solche, über dem Facharztstandard liegende Leistung möchte sich der Wahlleistungspatient jedoch erkaufen. Da der Honorararzt diese nicht bieten kann, muss ihm die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen folgerichtig auch verschlossen bleiben.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 2 | ID 42971507