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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Arzt verschweigt Patienten eigene gesundheitliche Einschränkungen und macht sich strafbar

    von RA Dr. Matthias Losert, Berlin, matthias-losert.de

    | Ein Arzt muss Patienten über eigene gesundheitliche Einschränkungen aufklären, die den Behandlungserfolg beeinträchtigen können. Andernfalls macht er sich selbst dann strafbar, wenn er die Behandlung lege artis ausführt (Landgericht [LG] Kempten, Urteil vom 08.10.2020, Az. 3 Ns 111 Js 10508/14, online unter dejure.org ). Das Urteil betrifft zwar einen niedergelassenen Arzt, ist aber auch für Krankenhausärzte relevant. Wegen eines möglichen Organisationsverschuldens sind Chefärzte, die um gesundheitliche Einschränkungen nachgeordneter Ärzte wissen, besonders in der Verantwortung. |

    Der Sachverhalt

    Ein niedergelassener Augenarzt hatte einen Schlaganfall erlitten. Nach seiner Entlassung aus der Klinik lagen bei ihm eine Sprachstörung, eine Lese- und Rechenschwäche sowie eine rechtsseitige armbetonte Hemiparese vor. Ferner hatte er schwerwiegende kognitive Funktionseinschränkungen bzgl. Reaktionsselektivität, Aufmerksamkeitseinteilung und Verbalgedächtnis. Der Arzt wurde in einer Rehabilitationsklinik behandelt und unternahm aus Unzufriedenheit mit den Therapiefortschritten einen Suizidversuch. Nach einer freiwilligen psychiatrischen Behandlung setzte er die Reha-Behandlung fort und begann, wieder eigenständig Augenoperationen durchzuführen. Bis zu seiner Anklage operierte der Arzt 2.943 gesetzlich versicherte Patienten.

     

    Von seinen ärztlichen und nicht ärztlichen Angestellten wurde der Arzt mehrfach darauf angesprochen, dass nach seinen augenärztlichen Operationen eine erhöhte Komplikationsrate vorliege. Ein Kollege zeigte der zuständigen Ärztekammer an, dass der Augenarzt durch den Schlaganfall nicht mehr in der Lage sei, augenärztliche Operationen durchzuführen. Die Regierung von Schwaben ordnete daraufhin eine amtsärztliche Untersuchung an. Als Ergebnis dieser Untersuchung wurde dem Augenarzt allerdings mitgeteilt, dass bei ihm keine körperlichen Einschränkungen bestünden.