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  • · Fachbeitrag · Persönlichkeitsrecht

    96 Stunden ans Bett gefesselt, aber nicht durch Krankheit! ‒ Verfassungsbeschwerde erfolgreich

    von RA Dr. Matthias Losert, LL.M., Berlin, matthias-losert.de

    | Falls Sicherungsverwahrte zur medizinischen Versorgung temporär in ein Krankenhaus verlegt werden müssen, stellt sich regelmäßig die Frage, in welchem Umfang Sicherungsvorkehrungen zu treffen sind. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Beschluss gefasst: Die Fesselung eines Sicherungsverwahrten über 96 Stunden an das Krankenbett verstößt gegen dessen Grundrechte (BVerfG, Beschluss vom 19.01.2023, Az. 2 BvR 1719/21). Zwar ist für die Fesselung von Sicherungsverwahrten die Justizvollzugsanstalt (JVA) verantwortlich, dennoch enthält das Urteil praktische Hinweise, die auch für Krankenhäuser relevant sind. |

    Hintergrund: Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB

    Die Sicherungsverwahrung wird nach § 66 Strafgesetzbuch (StGB) zusätzlich zu einer Strafe angeordnet, wenn von Schwerstkriminellen eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Im Jahre 2022 gab es etwa in Baden-Württemberg 64 Sicherungsverwahrte. In 43 von diesen Fällen wurde die Sicherungsverwahrung wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und in fünf Fällen wegen Tötungsdelikten angeordnet.

    Sicherungsverwahrter wird 96 Stunden ans Bett gefesselt ...

    Ein Sicherungsverwahrter musste von einer JVA in ein Krankenhaus für eine OP verlegt werden. Die Fahrt ins Krankenhaus erfolgte mit einer Handfesselung in einem vollvergitterten Transporter. Auch bei der Voruntersuchung legte man dem Sicherungsverwahrten Handfesseln an. Bei der Fahrt im eigenen Bett in den OP-Vorraum war er zunächst mit dem Fuß an sein Bett gefesselt und später wurden ihm wieder Handfesseln angelegt. Die Handfesseln wurden ihm erst während der Vollnarkose entfernt. Nachdem der Patient aufgewacht war, wurden ihm wieder Handfesseln angelegt. Er wurde dann weitere drei Tage mit einer Fußfessel an sein Bett gefesselt. Nur während der Spaziergänge tauschte man die Fußfessel gegen eine Handfessel aus.