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  • · Fachbeitrag · Liquidation

    Abrechnungsfalle Fehlbelegung: Wie sind vor- und nachstationäre Behandlungen abzurechnen?

    von Rechtsanwältin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht, Wienke & Becker - Köln, www.kanzlei-wbk.de 

    | Das komplexe DRG-System bietet nicht nur Vorteile, sondern führt nicht selten zur fehlerhaften Abrechnung stationärer Leistungen - Ärger mit den Krankenkassen und Prüfungen durch deren Medizinischen Dienst (MDK) sind damit vorprogrammiert. Gerade die vor- und nachstationäre Behandlung führt bisweilen zu hitzigen Diskussionen darüber, wer in welcher Weise und aus welchen Budgets für die Patientenversorgung zuständig ist. Dieser Beitrag hilft dem Chefarzt, den Überblick zu behalten und Differenzen mit der Klinikleitung wegen Vergütungsproblemen zu vermeiden. |

    Krankenkassen sehen oft pauschale Abgeltung durch DRGs

    Die Krankenkassen berufen sich regelmäßig darauf, die (lange) Dauer des stationären Aufenthalts sei nicht erforderlich gewesen und die vor- bzw. nachstationären Leistungen seien bereits mit der jeweiligen DRG abgegolten. Um eine entsprechende Kürzung der Rechnungsbeträge zu vermeiden, werden nachfolgend die Grundsätze der vor- und nachstationären Behandlung dargestellt - Praxishinweise zur Abrechnung und zur Kooperation mit niedergelassenen Ärzten runden die Darstellung ab.

    Aufgabenverteilung unter den Ärzten beachten

    Grundsätzlich besteht bei der Aufgabenverteilung zwischen Krankenhausärzten und Niedergelassenen eine klare Rollenzuweisung: Die stationäre Behandlung der Patienten erfolgt im Krankenhaus durch die dort tätigen Ärzte, für die ambulante Versorgung sind die niedergelassenen Ärzte zuständig. Doch nicht nur die unterschiedlichen Finanzierungssysteme sorgen dafür, dass häufig Zuständigkeitsfragen aufkommen.

     

    Die Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung sind für gesetzlich versicherte Patienten in § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V geregelt: GKV-Versicherte haben einen Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn der verantwortliche Klinikarzt feststellt, dass das Behandlungsziel

    • weder durch eine teil-, vor- oder nachstationäre Behandlung
    • noch durch eine ambulante Behandlung erreicht werden kann und
    • ein Klinikaufenthalt daher erforderlich ist.

     

    Liegen diese Voraussetzungen vor und der Patient wird vollstationär versorgt, wird dies der Klinik mit der entsprechenden DRG vergütet. Ist eine vollstationäre Behandlung nicht mehr erforderlich, ist der Patient zu entlassen. Für die weitere Versorgung sind niedergelassene Ärzte verantwortlich, die nach § 72 SGB V die ambulante Patientenversorgung sicherstellen müssen.

    Nachstationäre Behandlung für Kliniken oft unattraktiv

    Es bietet sich für Krankenhäuser auch die Option, die Patienten im Rahmen der nachstationären Versorgung nach § 115a Abs. 1 SGB V selbst weiter zu behandeln. Patienten können also nach einem stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus auch wieder dorthin einbestellt werden. Eine solche nachstationäre Behandlung darf dabei 7 Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen nicht übersteigen.

     

    Obere Grenzverweildauer beachten

    Doch dabei ist Folgendes zu beachten: Nachstationäre Leistungen können nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen erbracht und abgerechnet werden! § 8 Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz regelt nämlich ausdrücklich, dass eine nachstationäre Behandlung zusätzlich zur DRG-Fallpauschale für die vollstationäre Behandlung nur abgerechnet werden kann, wenn „die Summe aus den (voll-)stationären Behandlungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die obere Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt“.

     

    Krankenhäuser verweisen an niedergelassene Ärzte

    Diese Voraussetzungen werden aber nur selten erfüllt sein, da die obere Grenzverweildauer kaum ausgereizt wird. Nachstationäre Leistungen sind daher nur in Ausnahmefällen überhaupt abrechenbar, weshalb Krankenhäuser auf die vorgenannten Wiedervorstellungen verzichten. Somit entsteht ambulanter Behandlungsbedarf, der in erster Linie von niedergelassenen Ärzten - zulasten der ambulanten Budgets - zu erbringen ist.

     

    PRAXISHINWEIS |  Im Unterschied zur vor- oder nachstationären Behandlung kommt durchaus eine „reine“ ambulante Behandlung im Krankenhaus in Betracht, wenn die entsprechenden Voraussetzungen hierfür vorliegen - dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Klinik eine Chefarzt-Ambulanz oder eine spezielle Institutsambulanz - wie etwa eine Wundambulanz - betreibt.

     

    Auch vorstationäre Behandlung nicht neben DRG berechenbar

    Demgegenüber ist eine vorstationäre Behandlung nach § 115a Abs. 1 SGB V zulässig, wenn durch sie geklärt wird, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Ebenso wie bei der nachstationären Behandlung wird der Versicherte ohne Verpflegung und Unterkunft versorgt.

     

    Auch die vorstationäre Behandlung ist allerdings - neben der DRG-Fallpauschale - nicht gesondert berechenbar, sondern mit der Pauschale bereits abgegolten. Eine gesonderte Abrechnung kommt daher nur dann in Betracht, wenn es nicht zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung kommt und somit keine DRG anfällt. Sowohl vor- als auch nachstationäre Leistungen sind daher im Regelfall nicht gesondert berechenbar.

    Besonderheiten bei privat zusatzversicherten Patienten

    Besondere Aspekte gelten bei GKV-Patienten, die eine private Zusatzversicherung für stationäre Leistungen abgeschlossen haben: Privat können nachstationäre Leistungen gegenüber ansonsten gesetzlich krankenversicherten Patienten nur dann abgerechnet werden, wenn der jeweilige Krankenhausträger die Vergütungspauschale für die nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V gegenüber dem Kostenträger des GKV-Patienten - nämlich seiner gesetzlichen Krankenkasse - abrechnet.

     

    Macht der Krankenhausträger aber von der Option der nachstationären Behandlung gar keinen Gebrauch oder liegen deren gesetzliche Voraussetzungen nicht vor, ist auch eine Privatabrechnung solcher poststationären Leistungen gegenüber zusatzversicherten GKV-Patienten nicht zulässig.

    Vermeiden Sie Konflikte mit niedergelassenen Ärzten

    Von Seiten der niedergelassenen Ärzte ist gelegentlich der Vorwurf zu hören, die Krankenhäuser würden ihnen durch die ambulante Nachbehandlung die Patienten wegnehmen - schließlich seien sie für deren ambulante Behandlung zuständig! Diesem Vorwurf kann damit begegnet werden, dass die stationäre Versorgung nicht nur vollstationär, sondern auch teil-, vor- und nachstationär erfolgen kann und diese Leistungen daher nicht der ambulanten Versorgung in der Ermächtigungsambulanz zuzuordnen sind.

     

    Ziel der nachstationären Behandlung ist es daher auch nicht, eine Konkurrenzsituation zu niedergelassenen Ärzten vor Ort zu schaffen, sondern den mit der vollstationären Behandlung erzielten Behandlungserfolg zu sichern.

    Neue Kooperationsmöglichkeiten nutzen

    Durch das Versorgungsstrukturgesetz wurde im vergangenen Jahr in § 115a SGB V die Möglichkeit aufgenommen, dass die nachstationäre Behandlung nicht nur durch Krankenhausärzte, sondern auch durch niedergelassene Ärzte in den Räumen des Krankenhauses oder deren Arztpraxis erfolgen kann, sofern eine entsprechende Vereinbarung besteht. Hierdurch können die niedergelassenen Ärzte in die Behandlung mit einbezogen werden.

     

    Wirtschaftlich betrachtet ist eine solche Einbeziehung nur sinnvoll, wenn die nachstationäre Behandlung tatsächlich gesondert liquidiert werden kann. Die Weitergabe dieser Vergütung an Vertragsärzte zur „Einweiserbindung“ ist unzulässig - auch wenn die Praxis zum Teil eine andere Sprache spricht.

     

    PRAXISHINWEISE |  Wird der Patient vom Krankenhausarzt zur Nachbehandlung wiedereinbestellt, können Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nur abgerechnet werden, wenn der jeweilige Krankenhausträger von der Option des § 115a SGB V tatsächlich Gebrauch macht und die Summe der Behandlungstage die obere Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt. Da dies jedoch zumeist nicht der Fall ist, sollten im Klinikalltag Wiedervorstellungen zur ambulanten Nachbehandlung zurückhaltend gehandhabt werden.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 5 | ID 42231158