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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    Tritt das Risiko „häufig“ oder nur „vereinzelt“ auf? ‒ Aktuelle Rechtsprechung zur Aufklärung

    von FA Medizinrecht Dr. Rainer Hellweg, Hannover

    | In Arzthaftungsprozessen steht oft der genaue Wortlaut von Aufklärungsgesprächen auf dem Prüfstand. Bezeichnet der aufklärende Arzt das Risiko etwa einer bestimmten Komplikation bei einer OP als nur „selten“ oder „gelegentlich“, ist dies etwas anderes als „häufig“. Doch wie weit darf die sachgerechte Beruhigung des Patienten gehen? Und wo beginnt die rechtlich unzulässige Verharmlosung? Aktuelle Urteile zeigen, dass die Häufigkeitsdefinitionen des Medical Dictionary for Regulatory Activities (MedDRA), die in Medikamentenbeipackzetteln Verwendung finden, keine rechtlich bindende Grundlage für Aufklärungsbögen oder Aufklärungsgespräche bilden. |

    Der Fall des BGH

    Mit Urteil vom 29.01.2019 (Az. VI ZR 117/18) hatte der Bundesgerichtshof (BGH) über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der Patient litt an einer medialen Gonarthrose, die endoprothetisch versorgt werden sollte. Vor der Operation war unter Verwendung eines Aufklärungsbogens mündlich aufgeklärt worden. In dem Bogen war unter „Komplikationen“ aufgeführt: „... im Laufe der Zeit gelegentlich Lockerung oder extrem selten Bruch der Prothese; ein Austausch der Prothese ist dann erforderlich.“ Zwei Jahr nach der Operation lockerte sich die Prothese tatsächlich und musste ausgetauscht werden. Der Patient erhob Klage gegen die Behandler und verlangte Schadenersatz sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro. Im Prozess rügte er die Aufklärung als fehlerhaft: Das Risiko der Lockerung der Prothese als „gelegentlich“ zu bezeichnen, wie es im Aufklärungsbogen formuliert war, sei verharmlosend gewesen.

     

    Der BGH sah die Klage des Patienten als unbegründet an und verneinte einen Aufklärungsfehler. Die Verwendung des Begriffes „gelegentlich“ sei keine Verharmlosung gewesen ‒ auch wenn nach den Häufigkeitsdefinitionen des MedDRA das Risiko eigentlich als „häufig“ einzustufen gewesen wäre, da die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Lockerung nach der Implantation einer Knie-Prothese gemäß dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen im Bereich von bis zu 8,71 Prozent gelegen habe.