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  • · Fachbeitrag · Chefarzt-Vertrag

    Medizinische Versorgungszentren (Teil 1):Muss der Chefarzt den Weg ins MVZ antreten?

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Kyrill Makoski, Möller und Partner, Düsseldorf, www.m-u-p.info 

    | Viele Chefärzte werden von ihren Klinikleitungen „gebeten“, auch für das klinikeigene MVZ zur Verfügung zu stehen. Insbesondere die Tätigkeit als Ärztlicher Leiter steht dabei an - nicht zuletzt aus Prestigegründen für das MVZ. Doch kann der Chefarzt überhaupt gezwungen werden, neben seiner stationären Arbeit auch noch ambulant tätig zu werden? Diese Beitragsserie bringt Licht ins Dunkel. In Teil 1 klärt sie, unter welchen Bedingungen der Chefarzt den Gang ins MVZ antreten muss. |

    Hintergrund

    Im Jahr 2004 wurde das Medizinische Versorgungszentrum als neuer Leistungserbringer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung geschaffen. Etwa die Hälfte aller MVZ sind von Krankenhausträgern gegründet worden, die auf diesem Wege ambulante Leistungen erbringen - und zwar unabhängig von Ermächtigungen oder sonstigen Beschränkungen wie die Behandlung im Rahmen der vor- und nachstationären Versorgung oder bei ambulanten Operationen. Wird ein MVZ gegründet, betrifft dies oft auch die Chefärzte des Krankenhauses - und zwar in verschiedener Weise.

    Gleichzeitige Tätigkeit als Chefarzt und im MVZ

    Grundsätzlich ist es zulässig, dass der Chefarzt zugleich als angestellter Arzt im MVZ tätig wird. Jeder angestellte Klinikarzt darf berufsrechtlich in einem MVZ arbeiten, und umgekehrt jeder angestellte MVZ-Arzt - wie jeder Vertragsarzt auch - neben seiner ambulanten Tätigkeit auch in einem Krankenhaus tätig werden (§ 20 Abs. 2 Ärzte-ZV [Zulassungsverordnung]). Eine „Abkommandierung“ des Chefarztes ist freilich nicht möglich; vielmehr ist seine Zustimmung für die zusätzliche Tätigkeit im MVZ erforderlich.

     

    Chefarzt kann nicht gezwungen werden

    Einigen sich Krankenhausträger und Chefarzt jedoch nicht, kann dem Chefarzt allein deswegen nicht gekündigt werden. Ein Kündigungsgrund könnte nur dann gegeben sein, wenn die stationäre Abteilung vollständig geschlossen wird und der Krankenhausträger allein auf die ambulante Leistungserbringung setzt, der Chefarzt diesen Weg aber nicht mitgehen möchte. Ein solcher Kursschwenk setzt freilich in der Regel die Zustimmung der Krankenhausplanungsbehörde voraus.

     

    Arbeitszeiten beachten

    Besonders beachtet werden sollten die Vorgaben zur Arbeitszeit: Dem auf einem „vollen“ Arztsitz ambulant tätigen Arzt ist eine Nebentätigkeit - etwa als angestellter Arzt im Klinikum - nur gestattet, wenn sie 13 Stunden in der Woche nicht überschreitet - neben der Tätigkeit auf einem halben Arztsitz sind es maximal 26 Stunden. Ist der Vertragsarzt zum Beispiel in einem MVZ angestellt, entspricht ein ganzer Arztsitz einer wöchentlichen Tätigkeit von mehr als 30 bis 40 Stunden - ein halber Sitz entspricht über 10 bis 20 Stunden.

     

    Rechtsprechung des Bundessozialgerichts

    Grundlage dieser Beschränkung ist die gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 11. September 2002, Az. B 6 KA 23/01 R, Abruf-Nr. 141587). Hintergrund ist hierbei, dass die vertragsärztliche Tätigkeit die wesentliche berufliche Prägung des Arztes ausmacht. Nach Auffassung des BSG ist dies nur dann der Fall, wenn die Arbeitszeit der Nebentätigkeit einen deutlich geringeren als halbtägigen Umfang hat. Auch wenn der Gesetzgeber durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV diese zeitlichen Grenzen lockern wollte, halten viele Zulassungsgremien und Gerichte weiterhin daran fest.

     

    PRAXISHINWEIS | Zu beachten ist zudem, dass für den angestellten Arzt das Arbeitszeitgesetz mit einer wöchentlichen maximalen Arbeitszeit von 48 Stunden gilt. Cave: Für Chefärzte gilt diese Beschränkung jedoch ausdrücklich nicht (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitszeitgesetz). Deswegen sehen einige Zulassungsausschüsse kein Probleme darin, einem Chefarzt mit einer vollen Stelle in der Klinik auch die Anstellung auf einem vollen Arztsitz mit über 30 Stunden im MVZ zu genehmigen. Wie dies dann praktisch umgesetzt werden soll, steht auf einem anderen Blatt.

     

    Mögliche Kollisionen mit der Tätigkeit in der Klinik

    Um als leitender Arzt einer Abteilung im Krankenhaus fungieren zu können, muss der (Chef-)Arzt dort - nach den Vorgaben einiger Landeskrankenhausgesetze - wenigstens halbtags anwesend sein; bei einem geringeren Tätigkeitsumfang ist zumindest bei bettenführenden Abteilungen die personelle Leistungsfähigkeit nicht mehr gewährleistet. Zudem kann der Chefarzt die Kontrolle über die Behandlung, die ihm obliegt, nicht ausüben. Auch wird es dann Probleme mit der persönlichen Leistungserbringung bei wahlärztlichen Leistungen geben; selbst wenn die Leistungen delegierbar sein sollten, müssen sie immer noch unter der Aufsicht des Chefarztes erbracht werden.

     

    Weisungsfreiheit im MVZ

    In medizinischen Fragen darf der Arzt im MVZ keinen Weisungen unterliegen. Dort gelten zudem die Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung. Dies betrifft unter anderem die Genehmigungspflicht bestimmter Leistungen: Während es im Krankenhaus vor allem darauf ankommt, ob die Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde, können einige im MVZ erbrachte Leistungen nur abgerechnet werden, wenn der jeweilige Arzt über eine (vorherige!) Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung verfügt. Dies betrifft etwa Ultraschalluntersuchungen. Es ist somit darauf zu achten, dass der entsprechend behandelnde Arzt im MVZ über die jeweilige Genehmigung verfügt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Teil 2 der Beitragsserie deckt auf, wann der Chefarzt für seine Tätigkeit im MVZ haftet, was seine MVZ-Tätigkeit mit seiner Ermächtigung zu tun hat und welche Vorteile ein neu gegründetes MVZ für seine Weiterbildungsbefugnis hat.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 1 | ID 42651326