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  • · Fachbeitrag · Beteiligungsvergütung

    Liquidationsrecht abgetreten: Chefarzt erhält keine Beteiligung an Laborerlösen

    von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Ein Chefarzt, der einem Labor Patienten zuweist, hat keinen Anspruch auf Beteiligung an dortigen Privaterlösen, wenn er gleichzeitig mit dem Krankenhausträger eine Beteiligungsvergütung vereinbart hat, mit der alle Dienstleistungen des Chefarztes abgegolten sind (Verwaltungsgericht [VG] Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2017, Az. 15 K 3450/15). |

    Sachverhalt

    Ein Chefarzt klagte gegen seinen Arbeitgeber, ein Universitätsklinikum. Dieses betrieb ein Zentrallabor, geführt durch Professor Dr. C. Das Klinikum hatte mit C. vereinbart, dass dieser mit den zuweisenden Ärzten Zusatzvereinbarungen darüber schließen solle, wie die im Labor erwirtschafteten Erlöse aus Privatliquidation zu verwenden seien.

     

    Der Kläger war durch eine Abteilungsleitervereinbarung (AV) als Leiter der Klinik für Nephrologie des Universitätsklinikums bestellt. Die AV sah u. a. vor, dass der Chefarzt für Laboruntersuchungen ausnahmslos das von C. geführte Zentrallabor nutzen solle. Sein Liquidationsrecht hatte der Chefarzt an das Klinikum abgetreten. Neben seiner Grundvergütung erhielt er eine variable Beteiligungsvergütung i. H. v. 30 Prozent der Erlöse aus Privatliquidation (maximal 125.000 Euro). Damit waren alle seine Leistungen ‒ auch Mehrarbeiten ‒ abgegolten.

     

    C. vereinbarte jeweils mündlich mit allen Chefärzten, die Laborleistungen beauftragten, sie mit 50 Prozent an den Liquidationserlösen zu beteiligen. Er machte dabei keinen Unterschied zwischen Chefärzten mit und ohne Liquidationsrecht. Somit wurde auch der Kläger an den Laborerlösen beteiligt. Gegen diese Praxis äußerte das Universitätsklinikum rechtliche Bedenken und bat C., seine Zahlungen bis zur Klärung der Rechtslage vorläufig einzustellen. Die Klage des Chefarztes auf weitere Duldung der Zahlungen blieb ohne Erfolg.

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht sah keinen Anspruch des Chefarztes auf Beteiligung an den umstrittenen Privatliquidationserlösen. Alle seine ärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit (Laboruntersuchungen seiner) Privatpatienten werden bereits auf der Grundlage der AV mit dem Universitätklinikum vollständig vergütet. Sein Liquidationsrecht habe der Chefarzt an das Klinikum abgetreten. Die Zahlungen von C. stellten folglich eine Gegenleistung für die beauftragte Laborleistungen dar. Nach § 31 Abs. 1 Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BOnwÄ) sei eine solche Gegenleistung eine Zuweisung gegen Entgelt und damit unzulässig.

     

    MERKE | Das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt soll sicherstellen, dass der Zuweiser den weiterbehandelnden bzw. -diagnostizierenden Arzt allein aufgrund medizinischer Erwägungen im Interesse des Patienten auswählt und nicht aus finanziellen Gründen. Außerdem soll verhindert werden, dass sich Ärzte durch Vorteilsgewährung ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Berufskollegen verschaffen (CB 04/2017, Seite 2). Eine Zuwiderhandlung kann

    • berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen,
    • den Krankenkassen einen Regressanspruch verschaffen und
     

    Rechtssichere Zusatzvereinbarungen kaum noch möglich

    Damit ein Chefarzt für eine Zuweisung wirksam eine Gegenleistung erhält, müssen drei Kriterien erfüllt sein:

     

    • 1. Über die bloße Zuweisung hinaus muss der zuweisende Chefarzt irgendeine medizinische Leistung erbracht haben, die für den Patienten einen Vorteil bietet. Zuweisungen ohne einen solchen leistungsbedingten Mehrwert für den Patienten verstoßen bereits gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt und sind im Ganzen rechtlich unwirksam. Sie sind überdies korruptiv und setzen die beteiligten Ärzte der Gefahr der Strafverfolgung aus (s. o.).
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    • 2. Der Chefarzt muss liquidationsberechtigt sein. Damit muss zugleich einhergehen, dass mit seiner (Grund-)Vergütung gerade nicht alle Dienste abgegolten sind. Auch darf der Chefarztvertrag keine Abtretung von Ansprüchen des Chefarztes an die Klinik vorsehen.
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    • 3. Zwischen Chefarzt und Labor muss eine Vereinbarung über die Entlohnung der Zuweisung bestehen. Der Laborleiter muss zwischen Zuweisern mit und ohne Liquidationsrecht differenzieren (ohne Liquidationsrecht ist auch der Chefarzt, der sein Liquidationsrecht abgetreten hat!). Mit Zuweisern ohne Liquidationsrecht darf der Laborleiter überhaupt keine Zusatzvereinbarung treffen und darf ihnen auch kein Entgelt zahlen.

     

    Nachdem § 299a StGB (Antikorruptionsgesetz) eingeführt wurde und die Rechtsprechung hier auch immer strenger urteilt, sind Zuweisungen gegen Entgelt für alle Beteiligten extrem risikoreich! Mit anderen Worten: Ein sinnvoller und rechtssicherer Anwendungsbereich für solche Vereinbarungen zwischen Labor und Chefarzt ist damit faktisch nicht mehr gegeben.

     

    MERKE | Vergegenwärtigen Sie sich als Chefarzt auch die Risiken für den Patienten, die durch Zuweisungen gegen Entgelt im Laborbereich entstehen können. Oft hängt die Weiterbehandlung eines Patienten von bestimmten Laborwerten ab (CB 07/2017, Seite 16). Angenommen, das Labor, mit dem der Arzt eine Zuweisungsvereinbarung geschlossen hat, ist überlastet. Wenn der zuweisende Arzt trotzdem weiter Proben dorthin schickt, kann sich die Behandlung des Patienten verzögern. Dadurch können die Gesundheit oder sogar das Leben des Patienten ernsthaft gefährdet werden.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 8 | ID 44809581