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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Streit um IGeL: Geldbuße für einen Arzt wegen Zechprellereivorwurf gegen Patienten

    von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Ein Streit zwischen einem Orthopäden und einer Patientin um das Honorar für eine IGeL-Leistung, in dem der Arzt der Patientin „Zechprellerei“ vorwarf, endete für den Arzt mit einer Geldbuße von 1.200 Euro. Zur Zahlung dieser Summe verurteilte ihn das Bezirksberufsgericht für Ärzte (BGÄ) in Stuttgart am 14. März 2012 (Az: BGÄS 2/12). |

     

    Der Fall

    Nach erfolgloser Spritzenbehandlung an der Schulter wurde bei der Patientin eine Stoßwellentherapie begonnen. Für die erste siebenminütige Behandlung stellte der Orthopäde der Patientin 100 Euro in Rechnung. Die Patientin verweigerte die Zahlung und monierte, weder über die Kostenpflichtigkeit an sich noch die Höhe der Kosten aufgeklärt worden zu sein. Tatsächlich hatte sie lediglich ein Formular ausgefüllt, in dem am Ende ein Hinweis auf „IGeL“-Leistungen enthalten war - mit der Ergänzung, dass der Arzt über die Kosten aufkläre. Eine solche Aufklärung über die Kosten erfolgte aber nicht.

     

    Im darauffolgenden Streit bezichtigte die Patientin in einem Schreiben den Arzt der „Abzocke“. Einer Behandlung von 100 Euro für sieben Minuten hätte sie, wenn sie das gewusst hätte, nicht zugestimmt. In seinem Antwortschreiben bestand der Arzt auf Erstattung der Kosten und verwandte dabei auch das Wort „Zechprellerei“. Die Patientin zahlte schließlich die Rechnung aus Sorge vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und wandte sich dann an die Ärztekammer, die ein berufsgerichtliches Verfahren einleitete.

     

    Die Entscheidung

    Das BGÄ sah in dem Verhalten des Orthopäden zwei Verstöße: Einerseits habe er gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen, andererseits sei er bei der Auseinandersetzung mit der Patientin nicht sachlich und korrekt geblieben. Sein Vorwurf der Zechprellerei entbehre jeder Grundlage und sei ehrabschneidend. Zudem habe er gegen die Vorgaben des § 18 Abs. 8 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) verstoßen, wonach eine vorangehende schriftliche Zustimmung des Patienten erforderlich ist, in welchem konkret auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wird. Diesen Anforderungen genügte das vom Arzt verwandte Formular nicht. In Abwägung dieser Umstände sei eine Geldbuße von 1.200 Euro notwendig und angemessen.

     

    FAZIT | Die Entscheidung verdeutlicht, dass in etwaigen Auseinandersetzungen um IGeL vom ermächtigten Chefarzt ein ruhiger und sachlicher Ton verlangt wird, selbst wenn die Diskussion wie hier von Patientenseite mit Schärfe geführt wird. Anderenfalls drohen berufsrechtliche Implikationen, die eine Geldbuße in empfindlicher Höhe oder sogar ein vertragsarztrechtliches Disziplinarverfahren nach sich ziehen können. Dies kann und sollte vermieden werden.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2012 | Seite 13 | ID 34206710