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  • · Fachbeitrag · Arztrecht

    Verschwiegenheitspflicht nach Tod des Patienten: Grundsätzlich ja, aber der Einzelfall entscheidet

    von RAin, FAin für MedR Rita Schulz-Hillenbrand, Würzburg, www.schulz-hillenbrand.de 

    | Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 19. September 2011 (Az: 1 W 1320/11, Abruf-Nr. 120694 ) noch einmal klargestellt, dass die ärztliche Schweigepflicht grundsätzlich auch über den Tod des Patienten hinaus reicht. Der mutmaßliche Wille des verstorbenen Patienten sei aber entscheidend dafür, ob der Arzt sich hierauf berufen könne. |

     

    Der Fall

    Ein wegen Alkoholentzugsproblemen behandelter Patient wurde an einem Morgen in seinem Krankenzimmer am Heizkörper angelehnt vorgefunden. Er hatte sich eine Verbrennung zweiten Grades zugezogen und wurde deshalb in eine andere Klinik verlegt. Die Versicherung des zwischenzeitlich verstorbenen Patienten macht gegenüber dem erstbehandelnden Krankenhaus Heilbehandlungskosten geltend. In der mündlichen Verhandlung hat der behandelnde Arzt sein Zeugnis verweigert. Er beruft sich darauf, vom verstorbenen Patienten nicht wirksam von der Schweigepflicht entbunden worden zu sein.

     

    Die Entscheidung des OLG München

    Das OLG entschied, dass die ärztliche Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinaus reicht, sodass dem Arzt zunächst ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Die Schweigepflicht gelte sowohl gegenüber nahen Angehörigen als auch gegenüber der Krankenkasse. Fehle es an einer Willenserklärung des verstorbenen Patienten zu Lebzeiten, so sei der mutmaßliche Wille des Verstorbenen vom Arzt zu erforschen.

     

    Bei der Erforschung des mutmaßlichen Willens des Patienten spiele das Anliegen der nach Auskünften fragenden Personen eine entscheidende Rolle. Es sei in der Regel davon auszugehen, dass die Entbindung von der Schweigepflicht dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Patienten entspricht, wenn die Entbindung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen Behandlungsfehlern erleichtert oder gar erst ermöglicht. Dies gelte auch dann, wenn von nachbehandelnden Ärzten Auskünfte begehrt werden, die zur Aufklärung eines Behandlungsfehlers eines anderen Arztes benötigt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Jahr 2008 hat ebenfalls das OLG München (Az: 1 U 2500/08) der Witwe eines Patienten Recht gegeben, als diese die Herausgabe der Behandlungsunterlagen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen begehrte. In einem anderen Fall hingegen hat das OLG (Az: 1 U 4650/08) einen Psychiater zu Schadenersatz von 15.000 Euro verurteilt, weil er Inhalte der Patientenakte an die damals vom Patienten getrennt lebende Ehefrau weitergereicht hatte.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2012 | Seite 10 | ID 31867690