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  • · Fachbeitrag · Arztrecht

    Dokumentationspflichten des Chefarztes

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Kyrill Makoski, Möller und Partner, Düsseldorf, www.m-u-p.info 

    | Nachdem in CB 08/2014, Seite 16 beleuchtet wurde, inwiefern der Chefarzt für die Abrechnung der Klinik mitverantwortlich ist, klärt dieser Beitrag, welche spezielle Dokumentationspflicht der Chefarzt hat - und welche Folgen deren Verletzung zeitigt. Je nach Chefarzt-Vertrag sind diese Pflichten unterschiedlich formuliert: Während früher nur auf die „medizinisch notwendige Dokumentation“ abgestellt wurde, müssen Chefärzte heute zumeist auch die für die Abrechnung erforderlichen Angaben festhalten. |

    Allgemeine Dokumentationspflicht

    Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich die Pflicht des Arztes, alle medizinisch wesentlichen Umstände der Behandlung zu dokumentieren. Dies ist in § 630f Abs. 2 BGB geregelt. Demnach ist der behandelnde Arzt unter anderem verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde sowie Therapien und Eingriffe sowie ihre Wirkungen. Diese Regelung geht in ihrer Detailtiefe deutlich über die allgemeine berufsrechtliche Dokumentationspflicht in § 10 Abs. 1 MBO-Ärzte hinaus, wo nur allgemein von den „erforderlichen Aufzeichnungen“ die Rede ist. Nur diese Dokumentation ist gemeint, wenn in einem Arbeitsvertrag von der „üblichen Dokumentation“ gesprochen wird.

    Spezifische Dokumentationspflicht aus dem Arbeitsvertrag

    Die meisten Chefarzt-Verträge orientieren sich am Muster der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). In der aktuellen 9. Auflage 2013 ist in § 6 Abs. 7 zunächst ausführlich die Pflicht zur Führung einer Krankengeschichte geregelt, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Arbeitsteilung sowie die Nachvollziehbarkeit des Verbleibs der Akte. In § 6 Abs. 8 hingegen sind die - umfangreichen - Dokumentationspflichten des Chefarztes festgelegt.

     

    • § 6 Abs. 8 DKG-Musterformulierung

    „Soweit der Krankenhausträger zur Erhebung seiner Entgelte, zur Erstellung der Kosten- und Leistungsrechnung, zur Diagnosenstatistik, für allgemeine statistische Zwecke o.ä. Angaben über die vom Arzt selbst oder von den nachgeordneten Ärzten oder sonstigen Mitarbeitern bewirkten ärztlichen Leistungen oder Krankenhaussachleistungen braucht, ist der Arzt verpflichtet, der Krankenhausverwaltung alle Angaben zu machen. Dies gilt insbesondere auch für Angaben über die in Betracht kommenden Leistungsziffern der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), des Krankenhaustarifs (DKG-NT), sowie für Angaben von Verschlüsselungen gemäß International Classification of Diseases (ICD) und Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS), die zur Erhebung der Daten benötigt werden.

    Der Arzt ist insbesondere für eine richtige und vollständige Kodierung und Dokumentation der für die Eingruppierung in einem deutschen DRG- oder PEPP-System erforderlichen Diagnosen und Prozeduren nach Maßgabe der jeweils gülti-gen Deutschen Kodierrichtlinien verantwortlich. Er hat der Krankenhausverwaltung alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die ärztliche Schweigepflicht und die Vorschriften über den Datenschutz bleiben unberührt.“

     

    Diese Dokumentationspflichten gehen deutlich über die Angaben hinaus, die aus rein medizinischen Gründen erforderlich sind. Denn für die Abrechnung sind mehr Daten notwendig als alleine für die Behandlung. So werden zum Beispiel Einzelheiten zur Leistungserbringung benötigt (wie Zahl und Qualifikation der in die Behandlung eingebundenen Personen), die sonst nicht erhoben worden wären.

     

    Damit wird dem Chefarzt jedenfalls ein Teil der Verantwortung übertragen, für den eigentlich das Medizincontrolling und die Dokumentationsassistenten verantwortlich sind - nämlich die Ausrichtung der Dokumentation an den Vergütungsregelungen. Er hat sich also nicht alleine die Frage zu stellen, welche Informationen für die weitere Behandlung wichtig sind; darüber hinaus muss er sich auch fragen, welche Informationen wichtig sind, damit das Krankenhaus die Behandlung mit der zutreffenden Vergütung abrechnen kann. Dies bedeutet, dass der Chefarzt die relevanten Abrechnungsregelungen kennen und von jährlichen Änderungen erfahren muss. Daher ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Chefärzten und Medizincontrolling nötig.

    Folge einer Verletzung der Dokumentationspflicht

    Verletzt der Chefarzt die Dokumentationspflichten, wenn er zum Beispiel medizinisch notwendige Angaben nicht in der Krankenakte vermerkt, gefährdet dies die weitere Behandlung des Patienten und rechtfertigt eine Abmahnung und im Wiederholungsfall auch die Kündigung.

     

    Die gleiche Konsequenz droht auch bei einer Verletzung der abrechnungsrelevanten Dokumentationspflicht. Dies hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen mit Urteil vom 1. Dezember 2010 entschieden (Az. 2 Sa 56/10). Dabei hatte ein Chefarzt mehrfach Operationen nicht ausreichend dokumentiert, was in einem Fall dem Medizincontrolling aufgefallen war und in einem anderen Fall zu einer Rechnungskürzung nach MDK-Prüfung geführt hatte. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hatte der Chefarzt gegen die im Arbeitsvertrag enthaltene Pflicht verstoßen, die für die Abrechnung erforderlichen Diagnosen und Prozeduren zu dokumentieren. Der Chefarzt konnte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es auch eine Abteilung Medizincontrolling gebe - zumal diese einen Teil des Schadens verhindert hatte.

     

    FAZIT | Enthält der Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Pflicht zur Dokumentation der abrechnungsrelevanten Daten, kann der Krankenhausträger auf entsprechende Verstöße keine Kündigung stützen. Der Chefarzt sollte also genau prüfen, welche Pflichten sein Dienstvertrag enthält; in der Praxis dürften jedoch zumindest die in den letzten zehn Jahren abgeschlossenen Verträge die oben angesprochene ausführliche Regelung enthalten.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 7 | ID 42896730