· Fachbeitrag · Arzthaftung
Sectio bei Risikofaktoren: Unzureichende Strukturen und Abläufe können Haftung auslösen
von RA, FA MedR, Dr. Rainer Hellweg, Hannover
| Sind Risikofaktoren vorhanden, die eine kontinuierliche Überwachung der Herztöne des Kindes erfordern, darf die Mutter zur Durchführung der Sectio nicht „einfach“ in den OP verlegt werden. Vielmehr müssen nach einer zwischenzeitlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg (Urteil vom 24.04.2023, Az. 4 U 16/20) besondere organisatorische Vorkehrungen getroffen werden. Dies sollten nicht nur gynäkologische Chefärzte wissen, da strukturell Vorsorge getroffen werden und der OP-Bereich und die Abläufe entsprechend ausgestaltet sein sollten. |
Unterversorgung führt zur Zerebralparese des Neugeborenen
In dem vom OLG Bamberg entschiedenen Fall ging es um eine medizinisch indizierte sekundäre Sectio caesarea. Die Schwangerschaft der Kindesmutter war dabei unauffällig gewesen. Es handelte sich um ihre zweite Schwangerschaft ‒ bei der Geburt zuvor musste bereits wegen Geburtsstillstandes ein Kaiserschnitt vorgenommen werden. Stationär aufgenommen wurde die Kindesmutter in der SSW. 41 + 4 mit ersten Wehen. Sie wurde sogleich in den Kreißsaal verlegt, wobei die Wehentätigkeit zu diesem Zeitpunkt relativ kräftig war bei 5 cm eröffnetem Muttermund.
Bei Durchführung der Amniotomie kam es zum Abgang von grünem Fruchtwasser, was sich wenig später wiederholte. Die Kindesmutter gab starke Schmerzen über der Schambeinfuge an. Das CTG zeigte Dip I sowie variable Dezelerationen. Der Muttermund war weiterhin bei 5 cm geöffnet, das Kind unverändert im Beckeneingang. In dieser Situation wurde die Patientin im OP-Bereich zur Sectio angemeldet. Nachdem das Legen einer Spinalanästhesie mehrfach fehlschlug, konnten dann wieder kindliche Herztöne festgestellt werden, die allerdings bradykard waren. Eine Notfall-Sectio wurde eingeleitet. Dabei zeigte sich eine Ruptur der vorderen Uteruswand, und zwar im Bereich der (alten) Sectionarbe. Ca. ein halber Liter Blut befand sich im Bauchraum, die Plazenta lag vollständig gelöst im Uterus. Das Neugeborene musste 10 Minuten lang reanimiert und konnte gerettet werden. Trotzdem führte die Unterversorgung zu einer Zerebralparese in Form einer Tetraspastik.
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