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  • · Fachbeitrag · Arzthaftung

    50.000 Euro Schmerzensgeld für übersehene Tumorerkrankung

    von RA Dr. Matthias Losert, Berlin, matthias-losert.de

    | Verstirbt ein Patient an den Folgen eines Befunderhebungsfehlers, so ermittelt das Gericht die Höhe des Schmerzensgelds anhand mehrerer Faktoren. Maßgebend sind u. a. das Alter des Patienten, die Intensität und die Zeitspanne der Lebensbeeinträchtigung sowie der Grad des Verschuldens des Arztes. Wegen einer nicht erkannten Tumorerkrankung sprach das Gericht ein Schmerzensgeld i. H. v. 50.000 Euro zu (Oberlandesgericht [OLG] Frankfurt am Main, Urteil vom 22.12.2020, Az. 8 U 142/18; Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof [BGH] anhängig, Az. VI ZR 39/21). |

    Der Fall

    Eine Patientin wurde von ihrem Hausarzt an einen Orthopäden wegen undefinierbarer Schmerzen im geschwollenen rechten Oberschenkel überwiesen. Sie berichtete, dass sie sich vor etwa zwei Monaten ein Distorsionstrauma am Sprunggelenk zugezogen hätte. Der Arzt fertigte eine Röntgenaufnahme und diagnostizierte eine Prellung des Oberschenkels. Als die Schmerzen nicht abnahmen, suchte die Patientin ein weiteres Mal die Praxis des Orthopäden auf. Es wurde nun eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt und weiterhin die Diagnose eines Hämatoms gestellt. Da sich trotz Einnahme der verordneten Schmerzmittel der Zustand der Patientin nicht besserte, veranlasste der Orthopäde eine MRT-Untersuchung. Diese ergab eine Tumorerkrankung. Der Tumor musste mit einem großen Teil der Oberschenkelmuskulatur entfernt werden. In der Folge bildeten sich Metastasen in der Lunge und im Gehirn, an denen die Patientin verstarb. Der Ehemann der Patientin verklagte den Orthopäden auf Zahlung von Schmerzensgeld.

     

    Der medizinische Sachverständige führte aus, dass sogar aus Laiensicht ein Zusammenhang eines Distorsionstraumas am Sprunggelenk mit einem Hämatom am Oberschenkel unwahrscheinlich sei. Auch die Durchführung einer Ultraschalluntersuchung sei nicht geeignet gewesen, um hier eine Differenzialdiagnose zum Ausschluss eines Weichteiltumors stellen zu können. Weiterhin passten die Ergebnisse der Ultraschalluntersuchung nicht zu der von dem Orthopäden gestellten Diagnose. Weichteiltumoren hätten ein unklares klinisches Erscheinungsbild und es bestehe sogar die Möglichkeit einer Fehlinterpretation einer MRT-Untersuchung.