Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Arbeitsrecht

    Welche Wegzeit ist in der Rufbereitschaft zumutbar?

    beantwortet von RA, FA MedR, ArbR und HGR Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen, kanzlei-am-aerztehaus.de

    Frage: „Als Chefarzt habe ich mit großem Interesse Ihren Beitrag im CB 01/2026 zur Rufbereitschaft gelesen (Abruf-Nr. 50634806 ). Demnach ist eine Vorgabe von 30 Minuten Wegzeit unzulässig. Wie viel Zeit darf es denn sein? Am Ende des Beitrags nennen Sie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2004, wonach 45 Minuten Wegzeit zumutbar sind. Kann ich mich beim Aufstellen der Dienstplane danach richten?

     

    Antwort: Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf den Einzelfall an. Der Arbeitnehmer muss daher bei der Wahl des Aufenthaltsorts nur gewährleisten, dass eine Entfernung zum Einsatzort gewählt wird, die eine dem Zweck angemessene Zeitdauer bis zum Einsatz ermöglicht. Der Regelfall des Aufenthaltes wird dabei die Wohnung des Mitarbeiters sein. Diese Entfernung bzw. diejenigen Entfernungen für normale Besorgungen, wird der Arbeitgeber, der den Mitarbeiter zur Rufbereitschaft heranzieht, immer berücksichtigen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 31.01.2002, Az. 6 AZR 214/00).

     

    Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist uneinheitlich. So hat das BAG (Urteil vom 31.01.2002, Az. 6 AZR 214/00, sowie Urteil vom 22.06.2011, Az. 8 AZR 102/10) für eine Rufbereitschaft in einem Krankenhaus entschieden, dass eine Zeitvorgabe von 20 Minuten für die „kurzfristige“ Aufnahme der Tätigkeit aus der Rufbereitschaft unzulässig ist. Die zeitliche Vorgabe zieht damit nämlich faktisch einen Radius um die Arbeitsstelle, bei der eine freie Wahl des Aufenthaltsorts nicht gewährleistet ist.

     

    Die individualrechtliche Festlegung kürzerer Zeiten steht dem Wesen der Rufbereitschaft entgegen. Vor diesem Hintergrund vertreten wir die Rechtsauffassung, dass jedenfalls 20 min einer Rufbereitschaft entgegenstehen. Eine Zeitvorgabe von 45 Minuten für Rufbereitschaft halten wir indes für akzeptabel bzw. zulässig, sodass Chefärzte, die Dienstpläne aufstellen, sich daran orientieren können. In ländlichen Regionen kann dies aber ggf. anders beurteilt werden.

     

    Quelle: ID 50647551