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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Mit diesen 5 Punkten ist der Chefarzt auf eine drohende Kündigung vorbereitet

    von Rechtsanwältin Susanne Schuster, LL.M. Medizinrecht, Kanzlei Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, Gießen, www.hfbp.de 

    | Es ist heute keine Ausnahme mehr, dass einem Chefarzt gekündigt wird. Galt er früher noch als „unantastbar“, sehen die Kliniken inzwischen in ihm einen Arbeitnehmer wie jeden anderen auch. Manchmal können sogar geringfügige Dienstpflichtverletzungen oder bloße Meinungsverschiedenheiten mit der Geschäftsführung dazu führen, dass dem Chefarzt gekündigt wird. Doch nicht jede ausgesprochene Kündigung ist wirksam. Erstaunlich häufig sind Kündigungsschutzklagen von Chefärzten daher erfolgreich. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie als Chefarzt im Falle eines Falles achten sollten. |

    Im Kündigungsgespräch richtig reagieren

    Bevor Sie sich mit einer Klage wehren, ist es wichtig, in der meist unvorbereiteten Situation des Kündigungsgesprächs richtig zu reagieren. Eine Kündigung ist oftmals mit Emotionen verbunden, die sich regelmäßig lange aufgestaut haben und plötzlich hochkochen - etwa, wenn Sie dem Haus über lange Jahre hinweg stets loyal verbunden waren oder sein Ansehen in der Öffentlichkeit mit aufgebaut haben.

     

    PRAXISHINWEIS |   Oberstes Gebot bei Kündigungsgesprächen - trotz allen Ärgers und trotz aller Wut: Reagieren Sie besonnen und bieten Sie keine zusätzliche Angriffsflächen! Besonnenes Handeln in dieser kritischen Situation erspart späteren Ärger.

     

    Einige Arbeitgeber versuchen, dem Arbeitnehmer in dieser Überrumpelungssituation einen bereits vorgefassten Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungsvereinbarung unterzuschieben. In diesem Fall sollte sich der Chefarzt eine Überlegungszeit ausbedingen - und umgehend rechtlichen Rat einholen. Denn mit Unterzeichnung einer solchen Vereinbarung können unerwünschte Nebenwirkungen - etwa eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld - verbunden sein.

    Worauf Sie bei der Kündigung achten sollten

    Dem Arbeitgeber können viele Fehler unterlaufen, die eine Kündigung unwirksam werden lassen. Auf die nachfolgenden fünf Punkte sollten Sie als Arbeitnehmer achten:

     

    1. Einhaltung der Drei-Wochen-Frist

    Sie haben nur drei Wochen Zeit, um nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Verpasst man diese Frist, ist die Kündigung rechtlich wirksam. Ausnahmen hiervon bestehen nur in wenigen Fällen.

     

    2. Einhaltung der Schriftform

    Eine Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. Sie muss original unterschrieben sein - ein Unterschriftenstempel, eine Kopie, der Ausdruck einer eingescannten Unterschrift oder ein Namenskürzel reichen nicht. Eine nur mündlich erklärte Kündigung ist unwirksam. Zudem genügt ein Fax-Schreiben oder eine E-Mail nicht dem Schriftformerfordernis.

     

    3. Erklärt der „Richtige“ die Kündigung?

    Hierbei kann auch der Falsche die Kündigung erklären. Bei großen Krankenhausgesellschaften mit vielen Untergesellschaften kommt es vor, dass ein unzuständiger Geschäftsführer bzw. Mitarbeiter die Kündigung unterzeichnet. Manchmal ist es auch erforderlich, dass die Kündigung von mehreren geschäftsführenden Personen hätte unterzeichnet werden müssen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Sollte im Vertretungsfall dem Kündigungsschreiben keine Vollmacht im Original beigefügt werden, kann die Kündigung von Seiten des Chefarztes letztlich zurückgewiesen werden.

     

    4. Ausspruch mehrerer Kündigungen

    Wenn mehrere Kündigungen ausgesprochen werden - etwa eine außerordentliche Kündigung und eine hilfsweise ordentliche Kündigung -, muss sich der Chefarzt gegen jede der ausgesprochenen Kündigungen wehren.

     

    5. Vorliegen eines Kündigungsgrundes

    Im Grundsatz gilt: Eine Kündigung darf nur die letzte aller Möglichkeiten sein. Konkret heißt das: Eine Kündigung ist erst dann zulässig, wenn andere für den Arbeitgeber zumutbare Maßnahmen wie zum Beispiel eine Abmahnung oder eine Änderungskündigung erschöpft bzw. nicht zumutbar sind. Der Krankenhausträger trägt im Prozess die volle Beweislast hierfür.

    Die verschiedenen Kündigungsgründe

    Das im Rahmen eines Krankenhausbetriebs meist anwendbare Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erfordert eine soziale Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung. Eine Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn Gründe in der Person des Chefarztes und/oder Gründe in seinem Verhalten und/oder betriebsbedingte Gründe angeführt werden können. Nachfolgend werden verhaltens- sowie personenbedingte Kündigungsgründe beleuchtet.

     

    Verhaltensbedingte Kündigung

    Beim Chefarzt stellt die verhaltensbedingte Kündigung den häufigsten Kündigungsgrund dar. Das Verhalten muss bei Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer so sein, dass die Kündigung als angemessen erscheint und nicht durch mildere Maßnahmen vermeidbar ist. Grundsätzlich muss der verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung vorangehen. Mögliche Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung sind Störungen im Vertrauensbereich (falsche Reisekostenabrechnung), ein ärztlicher Behandlungsfehler oder zum Beispiel die Störung der betrieblichen Ordnung (Beleidigung des Arbeitgebers).

     

    Personenbedingte Kündigung

    Personenbedingte Kündigungsgründe sind bei Chefärzten selten. Er liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer die für die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitspflicht erforderliche persönliche, gesundheitliche und fachliche Qualifikation fehlt. Denkbar wäre hierbei zum Beispiel eine übermäßig lange Erkrankung oder Arbeitsunfähigkeit, aber auch eine Alkohol-, Medikamenten- oder Drogensucht; in kirchlichen Einrichtungen können auch die Familienverhältnisse, etwa eine Eheschließung oder Ehescheidung, ausschlaggebend sein. Daneben kommt eine personenbedingte Kündigung bei Arbeitsverweigerung aus Gewissensgründen in Betracht. Eine bloße krankheits- oder altersbedingte Leistungsminderung reicht regelmäßig nicht aus.

    Der Chefarzt als Leitender Angestellter?

    Umstritten ist, ob ein Chefarzt als Leitender Angestellter anzusehen ist. Dabei wird der Begriff des Leitenden Angestellten in arbeitsrechtlichen Bestimmungen unterschiedlich definiert - auch die Folgen für den Chefarzt können somit unterschiedlich sein. So findet etwa das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auf Leitende Angestellte keine Anwendung. Ein vorhandener Betriebsrat wäre nicht anzuhören. Verlässt sich der Arbeitgeber hierauf, kann dies die Unwirksamkeit der Kündigung bedeuten, wenn sich herausstellt, dass der Chefarzt doch nicht als Leitender Angestellter in diesem Sinne anzusehen war. So hat das Landesarbeitsgericht Thüringen mit Beschluss vom 6. Juni 2000 (Az. 1 TaBV 16/99) festgestellt, dass der Chefarzt als Leiter einer Klinikabteilung nicht als Leitender Angestellter anzusehen war.

     

    Sollte der Chefarzt hingegen als Leitender Angestellter im Sinne des KSchG anzusehen sein, wäre der durch das KSchG eingeräumte Kündigungsschutz nahezu ausgeschlossen. Dem Arbeitgeber wäre es möglich, das Arbeitsverhältnis nach Zahlung einer Abfindung von höchstens 18 Monatsgehältern (Dienstverhältnis 20 Jahre) aufheben zu lassen (vgl. § 10 KSchG).

     

    Die Stellung als Leitender Angestellter bestimmt sich danach, ob der Chefarzt beispielsweise eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis hat. Ist dies nicht der Fall, ist er nicht als Leitender Angestellter anzusehen. Die Befugnis muss sich zudem auf einen nicht unerheblichen Teil der Mitarbeiter erstrecken. Sofern ein Chefarzt zur Einstellung oder Entlassung die Zustimmung der Krankenhausleitung bedarf und diese die administrative Abwicklung übernimmt, ist er kein Leitender Angestellter.

     

    Letztlich ist die Frage, ob der Chefarzt im jeweiligen Einzelfall als Leitender Angestellter anzusehen ist, nach den konkreten im Arbeitsvertrag fixierten Bestimmungen zu klären.

     

    FAZIT |  Der Chefarzt sollte in einer Kündigungssituation auf jeden Fall einen kühlen Kopf bewahren! Eine Kündigung bedeutet nicht zwingend den Verlust der Stelle als Chefarzt. Dennoch sollten die Augen nach Alternativen offen gehalten werden, um im Falle eines Falles eine neue Chefarztposition an einem anderen Haus aufnehmen zu können.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 6 | ID 42263226