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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Kündigung in der Probezeit war rechtmäßig: Chefärztin scheiterte mit Klage vor Gericht

    von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Eine Kündigung in der Probezeit ist nur in Ausnahmefällen rechtswidrig. Dies musste eine Chefärztin erfahren, die eine onkologisch-gynäkologische Abteilung einer Reha-Klinik leiten sollte. Doch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) genehmigte das zugrunde liegende Konzept nicht - die Ärztin wurde zwei Monate nach Dienstaufnahme gekündigt. Ihre Klage scheiterte auch in der zweiten Instanz vor dem Landesarbeitsgericht ( LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25. Juli 2013, Az. 2 Sa 97/13, Abruf-Nr. 140960 ). |

    Migrantinnen sollten im Fokus der Klinikabteilung stehen

    Die Ärztin trat mit dem Verwaltungsdirektor der Reha-Klinik im September 2010 in Kontakt. Für die Klinik war der Aufbau einer onkologisch-gynäko-logischen Abteilung geplant, deren Zulassung bei der DRV im Oktober 2010 beantragt wurde. Das zugrunde liegende Konzept, das auf die Versorgung von Patientinnen mit Migrationshintergrund abzielte, wurde in der Folge unter nachhaltiger Mitarbeit der Ärztin überarbeitet.

     

    Ende November 2010 wurde ein Chefarzt-Vertrag unterzeichnet, wonach der Ärztin ein Bruttomonatsgehalt von 10.000 Euro zukommen sollte. Als Tätigkeitsbeginn wurde der 1. April 2011 vereinbart. Ferner wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, während der das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden konnte. Nach Unterzeichnung kündigte die Ärztin ihr bestehendes Arbeitsverhältnis bei einer anderen Klinik.

    DRV genehmigt Konzept nicht - Klinik kündigte der Ärztin

    Anfang März 2011 teilte die DRV mit, dass mit dem vorliegenden Konzept nicht in ausreichendem Umfang auf die Zielgruppe „Migrantinnen“ eingegangen werde. Zudem gebe es keinen Bedarf für eine gynäkologisch-onkologische Abteilung am geplanten Standort, da dieser durch weitere eigene Kliniken sowie Belegungsverpflichtungen gedeckt werden könne.

     

    Am 19. April 2011 informierte die Beklagte die Ärztin über die Ablehnung der Zulassung durch die DRV. Am 9. Mai kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis unter Bezugnahme auf die Probezeit zum 31. Mai 2011.

     

    Der Ärztin zufolge verstößt die Kündigung gegen die guten Sitten sowie Treu und Glauben, weil der Kündigungsgrund allein von der Beklagten zu verantworten sei. Die Klinik habe sich vor Vertragsunterzeichnung vergewissern müssen, ob eine Zulassung erfolge. In Vorgesprächen habe man die Zulassung ihr gegenüber als „unproblematisch“ dargestellt. Mit der Klage machte die Ärztin zudem „Verzugslohnansprüche“ sowie Schadensersatz geltend.

     

    Gericht sah keine Treuwidrigkeit der Kündigung

    Die Klage blieb auch in der zweiten Instanz erfolglos. Zunächst stellte das LAG fest, dass auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung finde, da es weniger als sechs Monate bestanden habe (sog. Wartezeit). Die beklagte Klinik habe daher mit der vereinbarten Frist von 14 Tagen kündigen können, ohne dass es eines Kündigungsgrunds im Sinne des KSchG bedurft hätte.

     

    Die Kündigung verstößt nach Überzeugung des LAG auch nicht gegen den außerhalb des KSchG zu gewährenden eingeschränkten Kündigungsschutz. Danach sei allein zu prüfen, ob die Kündigung aufgrund besonderer Umstände treuwidrig ist. Zu den typischen Tatbeständen zählen:

     

    • Rechtsmissbrauch
    • Diskriminierungen
    • Widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers
    • Kündigung in ehrverletzender Form

     

    Keine Anhaltspunkte für Verweigerung der Zulassung durch DRV

    Ausgehend von diesen Grundsätzen habe die darlegungs- und beweisbelastete Ärztin keinen Sachverhalt vorgetragen, der eine Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziere. Die Ärztin habe nicht dargelegt, dass die Reha-Klinik bereits bei Abschluss des Chefarzt-Vertrags von einer Verweigerung der Zulassung habe ausgehen müssen.

     

    Selbst wenn die Klinik sich nach Vertragsschluss die Einrichtung einer gynäkologisch-onkologischen Abteilung nicht mehr vorangetrieben habe - wie die Ärztin vermutete - begründe dies keine Treuwidrigkeit der Kündigung. Denn die Klinik sei durch den Chefarzt-Vertrag mit der Ärztin nicht verpflichtet worden, eine entsprechende Abteilung zu betreiben. Dies sei weiterhin die freie unternehmerische Entscheidung der Klinikleitung gewesen.

     

    Ärztin erhält auch keinen Schadensersatz

    Die Ärztin erhielt auch keinen Schadensersatz. Zwar dürfe ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen führt, Umstände nicht verschweigen, welche die vollständige Durchführung des Arbeitsverhältnisses infrage stellen können, soweit sie ihm bekannt sind oder sein müssen. Die Ärztin wusste aber, dass für die geplante Abteilung noch keine Zulassung vorlag. Eine weitergehende Information durch die Klinik, dass der Zulassungsantrag scheitern könne, sei nicht erforderlich gewesen, zumal die Klinik zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Seiten der DRV positive Signale erhalten hatte.

     

    FAZIT | Es ist rechtlich sehr schwierig, eine Kündigung in der Probezeit anzugreifen. Ratsam ist daher, bereits bei Abschluss des Vertrags entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass das KSchG ungeachtet der Wartezeit unmittelbar für anwendbar erklärt wird. Alternativ könnte eine längere Kündigungsfrist im Rahmen der Probezeit vereinbart werden, um Zeit für eine alternative Betätigungssuche zu erlangen.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 6 | ID 42566891