08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Gerichtsbescheid vom 11.02.2004 – III 250/03
1. Die bloße Unüblichkeit einer Vereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i.s.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
2. Sind die Vergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers der Höhe nach angemessen, so sind sie nicht deshalb verdeckte Gewinnausschüttung, weil sie in kurzem zeitlichen Abstand angehoben wurden.
Tatbestand
Streitig ist im Wesentlichen die Frage, ob die an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer in kurzen zeitlichen Abständen erfolgten Gehaltserhöhungen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln sind.
Die Klägerin ist eine am 1.9.2000 errichtete GmbH, die ihren aktiven Geschäftsbetrieb im April 2001 aufgenommen hat (Bl. 6, 15, 29 Akte „Allgemeines” = AA). Unternehmensgegenstand der Klägerin ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags (Bl. 5 AA):
„das Betreiben einer Luft-Bahn-See-LKW Spedition, die Chassievermietung, Zollabfertigungen, der Import und Export, die Lagerei und Logistik sowie die Vermittlung von Transporten.”
Das Stammkapital der Klägerin beträgt 25.000 EUR (Bl. 15 AA).
Alleiniger Gesellschafter und - von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter - Geschäftsführer der Klägerin ist Herr S (GGf; Bl. 5, 11, 28 AA).
Der GGf wurde durch Gesellschafterversammlungs-Beschluss der Klägerin vom 17.4.2001 zum Geschäftsführer bestellt (Bl. 17 Rb-A). § 2 seines Anstellungsvertrags vom 17.4.2001 lautet (Bl. 29 AA):
„Herr ... (S) erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Monatsgehalt von brutto DM 7.000,-. Für den Eintrittsmonat April 2001 wird das Bruttogehalt anteilig berechnet. Das Gehalt wird unter Einbehalt der gesetzlichen Abzüge am Ende eines jeden Kalendermonats auf sein Konto überwiesen. Mit dem Monatsgehalt ist die Verfügung für etwaige Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten. Herr ... (S) erhält von der Gesellschaft einen Geschäftswagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen darf. Die auf diesen Sachbezug entfallende Steuer trägt Herr ... (S). Herrn ... (S) werden sämtliche Aufwendungen, die ihm in Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehen, einschließlich Reise- und Bewirtungskosten in nachgewiesener Höhe, ansonsten entsprechend den jeweils geltenden steuerlich zulässigen Höchstsätzen, ersetzt. Herr ... (S) erhält jeweils ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatsgehalts. Dieses wird fällig am 30.7 und am 30.11. eines jeden Kalenderjahres. Da der Dienstbeginn erst im Laufe des ersten Halbjahres 2001 erfolgt, wird ein Urlaubsgeld in 2001 nicht gezahlt. Als Weihnachtsgeld für 2001 wird ein halbes monatliches Gehalt gezahlt und per 30.11.2001 abgerechnet. Herr ... (S) erhält außerdem eine Tantieme in Höhe von 15% des Jahresüberschusses der Steuerbilanz nach Verrechnung mit Verlustvorträgen, jedoch vor Abzug von gewinnabhängigen Steuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer) sowie dieser und anderer Tantiemen an ihn. Nachträgliche Änderungen des Bilanzgewinns, z.B. durch eine steuerliche Betriebsprüfung, sind unbeachtlich. Die Tantieme ist nach Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft fällig.”
Gemäß § 5 ist der Anstellungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von jeder Partei mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung aus wichtigem Grund bleibt zulässig. Eine Auflösung des Vertrags im gegenseitigen Einvernehmen ist jederzeit möglich. Gemäß § 6 bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Anstellungsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (Bl. 30 AA).
In einer unter dem 29.6.2001 abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Klägerin wurde folgender Beschluss gefasst (Bl. 39 AA): „Die Gesellschafterversammlung beschließt, die Geschäftsführerbezüge auf DM 10.000,- ab 01. Juli 2001 und ab 01. August 2001 auf DM 15.000,- zu erhöhen. Der Geschäftsführer, Herr ... (S), wird beauftragt, entsprechende Verträge im Namen der Gesellschaft abzuschließen.”
Beschlussgemäße Vertragsergänzungen erfolgten durch schriftliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem GGf am 29.6. und am 31.7.2001 (Bl. 32, 33 AA).
Die Klägerin erzielte folgende Umsatzerlöse und Gewinne (Bl. 14, 17 Bilanz-A):
Umsatzerlöse | Gewinne (nach Geschäftsführervergütung und Steuern) | |||
DM | EUR | DM | EUR | |
2000 | 0 | 0 | -30.892,86 | -15.795,27 |
2001 | (6,4) Mio. | (3,2) Mio. | 78.119,00 | 39.942,00 |
Die Klägerin leistete an den GGf im Streitjahr folgende Vergütungen bzw. stellte diese gewinnwirksam zurück (Bl. 15 Bilanz-A):
2001 | DM | in EUR |
erfolgsunabhängig (Festgehalt) | 124.270 | 63.538,07 |
erfolgsabhängig (Tantieme) | 19.363 | 9.900,00 |
gesamt | 143.633 | 73.438,07 |
Bei der Berechnung der Tantieme wurde der Jahresüberschuss 2001 nicht um den Verlustvortrag aus 2000 gekürzt (Bl. 22 Rb-A).
Mit den streitgegenständlichen Änderungsbescheiden für 2001 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag (Bl. 74 KSt-A) und über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer (Bl. 29 GewSt-A) vom 21.5.2003 erhöhte der Beklagte das zu versteuernde Einkommen und den Gewinn aus Gewerbebetrieb der Klägerin um eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von 51.615,- DM (Bl. 79 KSt-A).
Nach Auffassung des Beklagten hielten die zu Gunsten des GGf zum 1.7. und 1.8.2001 vereinbarten Gehaltserhöhungen, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Monaten zu mehr als einer Gehaltsverdoppelung (7000,- DM/mtl. Brutto-Festgehalt ab April / 15.000,- DM/mtl. Brutto-Festgehalt ab August) geführt hätten, einem Fremdvergleich nicht stand und seien in Höhe von insgesamt 47.000,- DM gesellschaftsrechtlich veranlasst (Bl. 78 KSt-A, Bl. 19 f Rb-A). Darüber hinaus entspräche die Tantieme insoweit nicht dem vertraglich Vereinbarten, als ihre Bemessungsgrundlage nicht um den Verlustvortrag aus 2000 gekürzt worden sei; sie sei deshalb in Höhe von 4.615,- DM ebenfalls vGA (Bl. 79 KSt-A).
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich der betragsmäßigen Ermittlung der vGA, nimmt das Gericht Bezug auf die Seite 2 der Anlage zu dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid vom 21.5.2003 (Bl. 79 KSt-A).
Am 5.6.2003 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 21.5.2003 Einspruch ein (Bl. 1, 2 Rb-A). Das Gehalt des GGf sei zunächst bewusst niedrig festgesetzt worden, um Anlaufschwierigkeiten der Klägerin zu vermeiden (Bl. 16 Rb-A). Aufgrund der betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) der Monate ab April 2001 sei eine erhebliche Steigerung der Roherträge und der Gewinne der Klägerin feststellbar gewesen. Dies sei vor allem auf den überdurchschnittlich hohen persönlichen Einsatz des GGf zurückzuführen gewesen, was durch die Gehaltssteigerungen ab Juli und August 2001 gewürdigt worden sei. Die Klägerin habe die Gehälter des GGf auch nachweislich erwirtschaftet. Schließlich würden auch Fremdgeschäftsführer, die mit vergleichbarem Erfolg arbeiteten, kurzfristige Gehaltssteigerungen erhalten.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 als unbegründet zurück (Bl. 25 Rb-A). Die zwischen der Klägerin und dem GGf vereinbarten, kurzfristigen Gehaltssteigerungen entsprächen nicht dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde auch bei einem erfolgreichen Unternehmensstart keine Gehaltserhöhungen vorliegenden Umfangs vornehmen. Dazu seien Geschäftsverläufe zu unregelmäßig, als dass aus einem guten Start mit Bestimmtheit auf entsprechende, künftige Ergebnisse geschlossen werden könne. Dem besonderen persönlichen Einsatz eines Geschäftsführers in der Gründungsphase werde in der Regel über die gewinnabhängige Tätigkeitsvergütung Rechnung getragen. Da auch zugunsten des GGf eine gewinnabhängige Vergütung vereinbart worden sei, hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht auch noch eine drastische Erhöhung der Festgehälter um ca. 115% verantwortet. Unabhängig von der (unstreitig) fehlenden Probezeit des GGf, entspräche die vorliegende Verfahrensweise daher nicht dem Fremdüblichen und sei gesellschaftsrechtlich veranlasst.
Mit am 21.7.2003 beim Gericht eingegangenen Schreiben hat die Klägerin gegen die Bescheide vom 21.5.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 Klage erhoben (Bl. 1 f. GA).
Die Klägerin trägt vor (Bl. 8 ff, 27f GA): Der Anstellungsvertrag des GGf vom 17.4.2001 entspräche grundsätzlich dem Fremdüblichen. Dies gälte auch für die fehlende Vereinbarung einer Probezeit. Probezeiten würden für leitende Angestellte und insbesondere Geschäftsführer gewöhnlich nicht vereinbart. Lediglich die ursprüngliche Vergütung sei unangemessen niedrig gewesen, habe einem Fremdvergleich nicht entsprochen und wäre von einem Fremdgeschäftsführer nicht akzeptiert worden. Die Anpassung der Gehälter des GGf könne daher als eine Anpassung an einen Drittvergleich nicht zu einer vGA führen. Der GGf habe vor seiner Anstellung bei der Klägerin als nicht geschäftsführender Disponent einer Transportgesellschaft einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von ca. 297 TDM erhalten. Ein fremder Dritter wäre nicht bereit gewesen, das Anstellungsverhältnis bei der Transportgesellschaft unter erheblichem Gehaltsverzicht zugunsten einer Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin aufzugeben. Die Gehaltsanpassungen zum 1.7. und 1.8.2001 erfolgten daher zur Erreichung einer angemessenen Vergütung des GGf.
Die Klägerin beantragt sinngemäß (Bl. 10 GA), die geänderten Bescheide für 2001 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag und über Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 21.5.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt (Bl. 18f GA), die Klage abzuweisen.
Er stützt sich im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 und führt ergänzend aus, dass es im Fremdvergleich unüblich sei, einem Geschäftsführer - wie vorliegend - Gehaltserhöhungen gleichsam im „Monatstakt” zu gewähren (Hinweis auf FG München v. 27.9.1993, 7 K 371/88, Juris).
Das ursprünglich mitbetriebene Verfahren betreffend die Bescheide vom 21.5.2003 über die gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG, die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2001 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 wurde abgetrennt und nach Klagerücknahme eingestellt (Az. III 343/03).
Gründe
Der Senat entscheidet gemäß § 90a Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
1. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin insoweit, als ihnen eine vGA in Höhe von 47.000,- DM zugrunde liegt. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
a. Die vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht in Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.Juli 1990, I R 32/88, BFHE 163, 321, BStBl II 1991, 484). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH seit seinem Urteil vom 16.März 1967, I 261/63 (BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendete, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
aa. Für die Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers gibt es keine festen Regeln (vgl. BFH-Urteil vom 5.Oktober 1977, I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234). Die obere Grenze ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Innerbetriebliche und außerbetriebliche Merkmale können einen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten. Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehaltes zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung obliegt grundsätzlich dem FG (§ 96 Abs.1 Satz 1 FGO). Dabei zählt es zum Bereich der vom FG zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen (§ 118 Abs.2 FGO), welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall einzuräumen ist. Der BFH kann die Schätzung nur daraufhin prüfen, ob der Rechtsbegriff Schätzung richtig angewendet wurde und ob alle nach den Denkgesetzen und nach den Erfahrungssätzen für die Schätzung wesentlichen Tatsachen in die Würdigung einbezogen wurden (vgl. BFH-Urteil vom 25.Februar 1958, I 337/56 U, BFHE 66, 596, BStBl III 1958, 229).
bb. Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich auch durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 24.Januar 1990, I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645).
Ein Gesellschafter beherrscht eine Kapitalgesellschaft, wenn er den Abschluss des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts erzwingen kann. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter aufgrund der ihm aus seiner Gesellschafterstellung fließenden Stimmrechte den entscheidenden Beschluss durchsetzen kann (vgl. BFH-Urteile vom 8.Januar 1969, I R 91/66, BFHE 95, 215, BStBl II 1969, 347, und vom 21.Juli 1976, I R 223/74, BFHE 119, 453, BStBl II 1976, 734).
b. Der GGf ist als Alleingesellschafter der Klägerin deren beherrschender Gesellschafter i.S.d. zitierten Rechtsprechung. Die dem GGf in 2001 gewährte Tantieme entspricht insoweit nicht der zwischen ihm und der Klägerin getroffenen - und im Übrigen nicht zu beanstandenden - Tantiemevereinbarung gemäß § 2 Abs. 8 des Anstellungsvertrags, als die Bemessungsgrundlage der Tantieme nicht um den Verlustvortrag aus 2000 in Höhe von 15.795,27 EUR gekürzt worden ist. Für die sich daraus ergebende Differenz in Höhe von 2360 EUR zwischen der dem GGf tatsächlich gewährten Tantieme in Höhe von 9.900,- EUR und der ihm gemäß Anstellungsvertrag zustehenden Tantieme in Höhe von 7.540,- EUR (vgl. die zutreffende Berechnung des Beklagten auf Seite 2 der Anlage zu dem Körperschaftsteuerbescheid vom 21.5.2003; Bl. 79 KSt-A) fehlt es an einer klaren, von vornherein abgeschlossenen und zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung. Die aus der Tantiemerückstellung in Höhe von 2.340,- EUR (4.615,- DM) folgende Vermögensminderung der Klägerin ist deshalb nach den o.a. Grundsätzen gesellschaftsrechtlich veranlasst und als vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen der Klägerin (außerbilanziell) wieder hinzuzurechnen. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht zu beanstanden und war die Klage abzuweisen.
c. Anderes gilt dagegen für die Behandlung der ab dem 1.7. und 1.8.2001 an den GGf geleisteten Gehaltserhöhungen von monatlich 3.000,- DM bzw. 8.000,- DM sowie der anteiligen Weihnachtsgratifikation in Höhe von 4000,- DM (vgl. Seite 2 der Anlage zu dem Körperschaftsteuerbescheid vom 21.5.2003; Bl. 79 KSt-A). Diese Gehaltserhöhungen und -bestandteile in Höhe von insgesamt 47.000,- DM sind nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Insoweit war der Klage deshalb stattzugeben.
aa. Die Gehaltserhöhungen sind von der Gesellschafterversammlung als dem hierfür zuständigen Organ (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rz. 95b) beschlossen und am 29.6. und 31.7.2001 - jeweils mit Wirkung für die Folgemonate - schriftlich als Ergänzungen zum Anstellungsvertrag vom 17.4.2001 zwischen der Klägerin und dem GGf vereinbart worden. Die Gehaltserhöhungen beruhten damit auf einer von vornherein abgeschlossenen und zivilrechtlich wirksamen (vgl. auch § 6 Anstellungsvertrag: Schriftformerfordernis) Vereinbarung, die auch tatsächlich durchgeführt worden ist.
Zweifel an der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vertragsergänzungen vom 29.6. und 31.7.2001 ergeben sich auch nicht daraus, dass der Anstellungsvertrag gemäß § 5 auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist und von jeder Partei nur mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende - bzw. bei wichtigem Grund fristlos - gekündigt werden kann.
Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. FG Saarland v. 8.2.1994, 1 K 163/93, EFG 1994, 677; FG München v. 27.9.1993, 7 K 371/88, DATEV/Juris) aus ähnlichen Kündigungsklauseln der Schluss gezogen worden ist, dass die Bestimmungen über die Vertragsdauer und die Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht nur für das Dienstverhältnis als solches, sondern auch für einzelne Vertragsmodalitäten gälten, weshalb auch Gehaltsanpassungen nur nach den zeitlichen Kündigungsmodalitäten vorgenommen werden könnten, folgt das Gericht dem nicht.
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und unwiderrufliche Willenserklärung, die auf die Beendigung des Dienstverhältnisses gerichtet ist (vgl. Putzo in Palandt, BGB, 61. Aufl., v. § 620 Rz. 28 ff.). Unabhängig davon, dass Teilkündigungen, d.h. die Kündigung einer einzelnen Abrede des Dienstverhältnisses, generell unzulässig sind (vgl. Putzo in Palandt, aaO), handelt es sich bei den vorliegenden Gehaltsanpassungen nicht um einseitige, sondern um zweiseitig übereinstimmende, d.h. vertragliche Willenserklärungen (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 61. Aufl., v. § 145 Rz. 1 ff.). Diese sind nach zutreffendem Verständnis auch nicht im Sinne einer (ohnehin generell unzulässigen; vgl. oben) Teiländerungskündigung als auf die Beendigung der Gehaltsvereinbarung, verbunden mit dem Angebot, diese zu neuen Bedingungen fortzusetzen (vgl. zur Änderungskündigung Putzo in Palandt, BGB, 61. Aufl., v. § 620 Rz. 40), sondern als auf die schlichte Ergänzung des bereits Vereinbarten gerichtete Erklärungen zu verstehen.
Es handelt sich bei den Gehaltsanpassungen vom 29.6. und 31.7.2001 somit nicht um (Teil-)Kündigungserklärungen, für die die besonderen - vorliegend nicht eingehaltenen - Fristen des § 5 Anstellungsvertrag gegolten hätten.
Doch selbst, wenn man § 5 Anstellungsvertrag auf die Gehaltsanpassungen anwenden wollte, änderte dies nichts an der zivilrechtlichen Wirksamkeit der ausbedungenen Gehaltserhöhungen. Denn dann spräche Vieles dafür, die Vereinbarungen vom 29.6. und 31.7.2001 nicht als (Teil)Kündigungen, sondern als einvernehmliche, teilweise Vertragsauflösungserklärungen unter gleichzeitigem Neuabschluss zu würdigen, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 Anstellungsvertrag jederzeit, d.h. auch fristlos, möglich wären.
bb. Die an den GGf in 2001 einschließlich der Gehaltserhöhungen geleistete Gesamtvergütung in Höhe von 143.633,- DM (73.438,07 EUR) ist angemessen.
Der GGf hat vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Klägerin in einem nicht geschäftsführenden Angestelltenverhältnis bei einer Transportgesellschaft, also bei einem der Klägerin branchenverwandten Unternehmen, eine Jahresgesamtvergütung in Höhe von ca. 297 TDM erhalten. Ohne nähere Kenntnis der Umsatz- und Gewinnverhältnisse wie auch der Beschäftigtenzahl dieser Transportgesellschaft, erlaubt die an den GGf geleistete Vergütung gleichwohl einen Schluss auf das Gehaltsniveau für (leitende) Angestellte in der Transport- und Speditionsbranche.
Die von der Klägerin an den GGf nach den Gehaltserhöhungen zu leistende Jahresgesamtvergütung von 13 x 15.000,- DM zzgl. Tantieme und Sachbezügen entspricht diesem Gehaltsniveau. Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass es nach der - vom Gericht geteilten - Auffassung des BFH (vgl. BFH v. 11.12.1991, I R 152/90, BStBl II 1992, 690) durchaus gerechtfertigt ist, einen aus der Wahrnehmung der Geschäftsführeraufgaben sich rechtfertigenden, deutlichen Erhöhungsfaktor bei der Gesamtausstattung eines Geschäftsführers im Vergleich zu der eines (normalen) Angestellten anzusetzen.
Die Gesamtbezüge des GGf sind auch nach einer vergleichenden Vergütungsstudie der Kienbaum Personalberatung GmbH (vgl. auszugsweise Tänzer, GmbHR 2000, 596) angemessen. Hiernach leisteten GmbHs mit einem Jahresumsatz bis zu 10 Mio. DM in 1999 - branchenübergreifend - an die Geschäftsführer durchschnittliche Jahresgesamtvergütungen von 246 TDM. Als wesentliche Faktoren für die Bemessung der Geschäftsführervergütung benennt die Studie zum einen die Größe und zum anderen die Ertragslage des Unternehmens. Je größer, umsatzstärker und ertragreicher das Unternehmen, desto höher waren die Geschäftsführerbezüge.
Bei einem Jahresgesamtumsatz der Klägerin in 2001 von ca. 6,4 Mio. DM (3,2 Mio. EUR) und einem Ertrag nach Steuern und vor Geschäftsführervergütung im Erstjahr der Geschäftsaufnahme von ca. 221.000 DM (113.000 EUR; 78.119 DM Jahresüberschuss + 143.633,- DM Geschäftsführervergütung), bewegen sich die an den GGf gewährten Jahresgesamtbezüge jedenfalls im Rahmen der Ergebnisse der Vergleichsstudie.
Die Vergütung des GGf führte auch nicht zu einer (unangemessenen) Gewinnabsaugung. Der Klägerin ist zwar weniger als die Hälfte des Gewinns vor Geschäftsführervergütung verblieben (sog. Halbteilungsgrundsatz; vgl. hierzu Lang in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 8 Abs. 3 Rz. 392 ff mwN); ihre Kapitalverzinsung hat aber - bezogen auf das Stammkapital und ohne Berücksichtigung des Verlustvortrags aus 2000 - ca. 156% betragen (78.000 DM Jahresüberschuss im Verhältnis zu 50.000 DM Stammkapital) und war damit für die Gründungsphase ihres Unternehmens angemessen.
cc. Das Gericht muss nicht entscheiden, ob die vorliegenden Gehaltserhöhungen tatsächlich - wie vom Beklagte vorgetragen - unüblich sind.
Zwar mutet der Umstand, dass das (Fest)Gehalt des GGf innerhalb eines Zeitraums von fünf Monaten mehr als verdoppelt wurde, zunächst unüblich an. Es darf jedoch nicht außer Betracht gelassen werden, dass sich die Klägerin im Aufbau befunden hat. In der Gründungsphase eines Unternehmens sind aber Gehaltserhöhungen eines Geschäftsführers in relativ kurzen Zeitabständen durchaus denkbar und auch üblich (vgl. Peetz, GmbHR 2001, 699, 704). Denn bei dem Aufbau eines Unternehmens besteht die Unsicherheit, ob das Unternehmen die geplante wirtschaftliche Entwicklung nehmen wird (vgl. Peetz, GmbHR 2001, 699, 704). Ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter einer neu gegründeten GmbH wird bei der Bestimmung der Gehälter seiner Geschäftsführer zunächst Zurückhaltung üben; er kann nämlich nicht vorhersehen, inwieweit die Leistungen der Geschäftsführer erwartungsgemäß sind und wie sich das Unternehmen unter deren Leitung entwickeln wird (vgl. FG München v. 27.9.1993, 7 K 3711/88, DATEV/Juris). Diesen mit der Gründung eines Unternehmens in Bezug auf das Geschäftsführergehalt verbundenen Unsicherheiten kann auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden.
In der Praxis sollen insbesondere Gesellschafter-Geschäftsführer immer wieder ihre Tätigkeit zunächst mit einer relativ geringen Vergütung aufnehmen, um sie dann in kurzen Zeitabständen entsprechend der Entwicklung des Unternehmens anzupassen (vgl. Peetz, GmbHR 2001, 699, 704).
Häufig wird aber auch ein niedriges Festgehalt mit einem entsprechend erhöhten, erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteil (Tantieme) kombiniert.
Der Anstellungsvertrag des GGf enthält weder eine von vornherein geregelte Option zu einer zeitnahen Gehaltsanpassung noch eine erhöhte Tantiemezusage. Sowohl das vereinbarte Festgehalt als auch der Tantiemesatz waren relativ gering. Die in Reaktion auf die tatsächliche Geschäftsentwicklung der Klägerin sodann in den Monaten Juni und Juli vereinbarten Gehaltserhöhungen, mit denen die Gesamtausstattung des GGf auf ein im Fremdvergleich nicht unangemessenes Niveau gehoben wurde, müssen deshalb nach den aus der Literatur zitierten Praxiserfahrungen nicht unüblich sein.
Doch selbst für den Fall, dass die hier zu beurteilenden Gehaltserhöhungen unüblich sein sollten, führt dies nicht zu deren gesellschaftsrechtlicher Veranlassung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
Zwar werden in der Rechtsprechungspraxis zum Teil Vereinbarungen steuerlich nicht anerkannt, weil sie unüblich seien (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, Anhang zu § 8 Rz. 193 mwN).
Das Gericht folgt diesen Entscheidungen jedoch insoweit nicht, als dadurch das Merkmal der Unüblichkeit zu einem von den Kriterien der vorherigen, klaren, eindeutigen und zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung losgelösten, eigenständigen Maßstab bei der Prüfung des Vorliegens einer vGA erhoben wird.
Mit Frotscher (in Frotscher/Maas, KStG, Anhang zu § 8 Rz. 193 ff) ist das Gericht der Auffassung, dass ein eigenständiger Maßstab der „Üblichkeit” mit der Systematik der vGA nicht in Einklang steht. Das Institut der vGA soll verhindern, dass das Einkommen der Körperschaft durch Vorgänge gemindert wird, die gesellschaftsrechtlich veranlasst sind und den Gesellschafter begünstigen. Das Einkommen der Körperschaft wird aber nicht durch unüblich gestaltete Leistungen gemindert, für die die Körperschaft eine angemessene Gegenleistung - hier: den Arbeitseinsatz des GGf - erhält. Umgekehrt wird der Gesellschafter nicht durch eine Leistung der Körperschaft - hier: die Tätigkeitsvergütung - begünstigt, für die er seinerseits eine angemessene Gegenleistung erbringt. Vereinbaren die Körperschaft und ihre Gesellschafter Bedingungen, die angemessen sind, dann sind diese Bedingungen steuerlich anzuerkennen, auch wenn sie unüblich sind. Maßstab ist insofern die Angemessenheit der gegenseitig zu erbringenden Leistungen, nicht deren Üblichkeit. Die Unüblichkeit der Vereinbarungen ist daher für sich nicht Grund, die betriebliche Veranlassung der Leistungen zu verneinen und deren gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu bejahen; sie kann richtig verstanden nur Anlass sein, die betriebliche Veranlassung zu überprüfen (vgl. BFH v. 28.10.1987 I R 22/84, BFH/NV 1989, 131).
d. Soweit der Beklagte die fehlende Vereinbarung einer Probezeit beanstandet, ist dazu festzustellen, dass bei Abschluss von Anstellungsverträgen auf der Ebene leitender Angestellter bzw. von Geschäftsführern Probezeiten regelmäßig nicht vereinbart werden. Der Anstellungsvertrag des GGf vom 17.4.2001 stößt deshalb insofern auf keine weiteren Bedenken hinsichtlich seiner steuerlichen Anerkennungsfähigkeit.
2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 S. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.
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