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  • 04.12.2015 · IWW-Abrufnummer 145908

    Landgericht Düsseldorf: Beschluss vom 09.10.2015 – 20 KLs 32/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Düsseldorf

    20 KLs 32/14

    Tenor:

    Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

    Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten.

    Gründe:
    2

    I. 3

    Einleitung

    4

    Die Staatsanwaltschaft betreibt (bzw. betrieb; nach Kenntnis der Kammer wurde eine Anzahl von Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt) gegen eine höhere Anzahl von Ärzten Ermittlungs- bzw. Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges.
    5

    Die betroffenen Ärzte sind oder waren Gesellschafter der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Sie stellten ihren Patienten unter anderen sogenannten M III-Leistungen als eigene Leistungen gemäß § 4 Abs. 2 GoÄ in Rechnung.
    6

    Von den in der GoÄ normierten zahlreichen Gebührentatbeständen zu Abschnitt M-III wurde allerdings nur ein kleiner Teil (23) erbracht. Sogenannte Notfallparamater befanden sich nicht darunter.
    7

    In dem vorliegenden Verfahren (und auch den anderen Verfahren) geht es ausschließlich um die Berechnung von M III-Leistungen als eigene Leistungen.
    8

    Die Staatsanwaltschaft wirft dem hiesigen Angeschuldigten mit der Anklageschrift vom 04.09.2014 gewerbsmäßigen Betrug in 367 Fällen vor und beantragt, das Hauptverfahren zu eröffnen.
    9

    Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abzulehnen (§ 204 StPO), da ein hinreichender Tatverdacht nicht besteht.
    10

    II. 11

    Herangehensweise der Kammer

    12

    1.Nach Erhalt der Akten und erstem Lesen der Anklageschrift sowie einem zum damaligen Zeitpunkt noch rudimentären Studium des übrigen Akteninhalts stellte sich das Verfahren so dar, dass zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung divergierende Auffassungen in Bezug auf die Auslegung einiger Vorschriften der GoÄ bestanden/bestehen.
    13

    Die Vorschriften der GoÄ waren zum damaligen Zeitpunkt für alle Kammermitglieder mangels vorheriger dienstlicher Befassung mit dem ärztlichen Abrechnungsrecht weitgehend „Neuland“.
    14

    Die Kammer hat es daher für richtig gehalten, sich den Regelungsgehalt – natürlich mit Blick auf den hiesigen Sachverhalt und natürlich auch mit dem Blick des Strafrechtlers – zunächst anhand des Wortlauts der Vorschriften zu erschließen und sich dabei bewusst zunächst nicht vorab eingehender mit Ansichten anderer beschäftigt.
    15

    2.Die Auseinandersetzung der Kammer mit den Regelungen der GoÄ hat ihren Niederschlag in dem Vermerk vom 30.03.2015 gefunden. In den Vermerk sind allerdings auch die von der Kammer für wesentlich erachteten Aspekte des konkreten Falles eingeflossen, die nachfolgend bereits der besseren Verständlichkeit wegen nicht herausgefiltert wurden.
    16

    Der Vermerk hatte folgenden Inhalt/Wortlaut (die Nummerierung des Vermerks wird hier beibehalten, zur besseren Kenntlichkeit wird allerdings eine andere Schriftart verwendet):
    17

    „I. Vorbemerkungen
    18

    a)…
    19

    Der Angeschuldigte, der neben einer größeren Anzahl anderer Ärzte Mitglied (Gesellschafter) der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Mitte GbR ist, hat nicht in Abrede gestellt, die in der Anklageschrift benannten Abrechnungen erstellt und dafür Gebühren geltend gemacht zu haben. In seinen Praxisräumen in E. hält der Angeschuldigte keine Apparate für die Laboruntersuchung von sogenannten M III-Leistungen vor. Er verfügt in seinen Praxisräumen allerdings über eine Zentrifuge, die z.B. bei der Entnahme von Blut auch eingesetzt wird, bevor das zu untersuchende Material dann in die Räume der Apparategemeinschaft (deren Gesellschafter der Angeschuldigte ist, was ihn zur eigenen Nutzung der Räume, Gerätschaften und des Personals befugt) transportiert wird.
    20


    21

    Unstreitig ist auch, dass die jeweiligen Patienten die insoweit geltend gemachten Gebühren gezahlt haben, wobei nicht ersichtlich ist, dass die Patienten die gezahlten Beträge nicht von ihren Versicherungen bzw. der Beihilfe erstattet bekommen haben.
    22

    Ein Anhaltspunkt dafür, dass die den Gebühren zugrundeliegenden Laborleistungen medizinisch nicht veranlasst oder fehlerhaft waren, besteht nicht.
    23

    b)Rechtlich bewertet die Staatsanwaltschaft das, was der Angeschuldigte gemacht hat, als Betrug (§ 263 StGB) zum Nachteil der jeweiligen Patienten. Sie vertritt die Auffassung, dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für eine Liquidation der in Rede stehenden M III-Leistungen als eigene Leistungen nicht erfüllt habe, sie deshalb nicht habe in Rechnung stellen dürfen und dass er dies (mit zumindest bedingtem Vorsatz) auch gewusst habe.
    24

    Die Verteidigung ist der Auffassung, dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für die Liquidation der M III-Leistungen als eigene Leistung erfüllt habe. Daneben ist sie der Ansicht, dass der Betrugstatbestand auch dann nicht erfüllt wäre, wenn man dazu käme, die Voraussetzungen für die Liquidation als eigene Leistung als nicht erfüllt anzusehen.
    25

    c)Wie sich aus den Ausführungen unter a) und b) ergibt, „steht und fällt“ die Beurteilung, ob ein hinreichender Tatverdacht zu bejahen ist oder nicht, angesichts des praktisch feststehenden Sachverhalts vorliegend mit der rechtlichen Subsumtion.
    26

    Die rechtliche Subsumtion ist Aufgabe der Rechtsanwender. Sie hat sich an den jeweils einschlägigen Gesetzen und Verordnungen zu orientieren, wobei das erste und vornehmliche Kriterium der Wortlaut der jeweiligen Vorschriften ist. Meinungen und Ansichten Dritter, beispielsweise der Bundesärztekammer, können bei der Auslegung von Gesetzestexten zwar gegebenenfalls hilfreich sein; sie entfalten aber weder Verbindlichkeit, noch vermögen sie die Subsumtion anhand der konkreten Vorschriften durch die nach dem Gesetz dazu berufenen Rechtsanwender zu ersetzen.
    27

    Gleiches gilt sinngemäß beispielsweise auch für die Zuschrift des Geschäftsführers des Berufsverbandes E. M. e.V. an die Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 23.01.2009 (Bl. 3 ff. d.A.), die zum Teil rechtliche Bewertungen enthält, die im Verordnungswortlaut keine Stütze finden und die aus der Sicht der Kammer nur dadurch zu erklären sind, dass die Laborärzte bezüglich der Verteilung der Gebühren im Wettbewerb mit Ärzten stehen, die Laborleistungen nicht durch Fremdlabore durchführen lassen und sie als eigene Leistungen abrechnen.
    28

    d)Erhellend für die Bewertung des hier in Rede stehenden Falles waren und sind die Auszüge aus dem deutschen Ärzteblatt, die sich auf Bl. 48 bis 51 d.A. befinden, da dadurch deutlich wird, auf welcher Grundlage und mit welcher Intention es zu der ab 1996 geltenden Fassung der hier in Rede stehenden Rechtsvorschriften gekommen ist.
    29

    Alleiniger Hintergrund der hier maßgeblichen Neuregelung war, dass der Verordnungsgeber (Gesetzgeber) vorgeschlagen hatte, Laborleistungen (zumindest weitgehend) nicht mehr als ärztliche Leistungen zu honorieren, sondern die Abrechnung als Kosten- bzw. Auslagenersatz zu gestalten. Damit sollte der Ärzteschaft ein finanzieller Anreiz genommen werden, der dadurch (zumindest) hätte bestehen können, dass ein Arzt auch Laborleistungen, die er nicht selbst erbracht hatte, sondern die durch ein Fremdlabor durchgeführt wurden, als eigene ärztliche Leistung abrechnen konnte (dies ließ die alte Fassung von § 4 GoÄ zu). Der Hintergrund hierfür war wiederum offenbar die Befürchtung, dass pekuniäre Aspekte Ärzte dazu veranlassen könnten, Laborleistungen zu beauftragen, die sie als Eigenerbringer aus medizinischer Sicht möglicherweise als nicht notwendig bzw. verzichtbar qualifiziert hätten.
    30

    Um „das Labor“ weiterhin als Abrechnungsposition für ärztliche Leistungen zu erhalten, kam aus der Ärzteschaft (Bundesärztekammer) ein Gegenvorschlag, der dann (ohne Änderung) in die neue Verordnung übernommen wurde.
    31

    Es wird damit deutlich, dass die Neuregelung allein auf finanziellen Erwägungen beruhte und nicht auf dem Gedanken, damit medizinische Qualität zu verbessern. Die Neuregelung ist damit letztlich nichts anderes als ein Vehikel, das einem einzigen Zweck dient: „Das Labor“ gebührentatbestandlich für die Ärzteschaft zu erhalten. Eine qualitativ-medizinische Begründung dafür gab es nicht.
    32

    e)Für den Fall, dass es das Ziel der Neuregelung gewesen sein sollte, Ärzte, die nicht vornehmlich auf die Erbringung von Laborleistungen spezialisiert sind, aber als Mitglied von Apparategemeinschaften bzw. Laborgemeinschaften Laborleistungen erbringen, von der Abrechenbarkeit von M III- und M IV-Leistungen grundsätzlich auszuschließen, ist auszuführen, dass ein solches Ziel in dem Wortlaut der Neuregelung keinen Niederschlag gefunden hat. Aus den im Vergleich zur alten Regelung vorgenommenen Änderungen können lediglich Schlüsse in Bezug auf die Intention der Neuregelung gezogen werden, wobei sich grundsätzlich die Frage stellt, inwieweit bestimmte Schlüsse zutreffend bzw. zwingend sind oder nicht. Dies gilt insbesondere für Schlüsse bzw. Ansichten, die im Wortlaut der Neuregelung und auch in der Regelungssystematik der GoÄ keine Stütze finden.
    33

    Anhand der bereits erwähnten Auszüge aus dem deutschen Ärzteblatt wird deutlich, dass die Auseinandersetzungen innerhalb der Ärzteschaft um die Auslegung der Neuregelung seitens der Bundesärztekammer von dem Motiv getragen waren, eine erneute politische Debatte bezüglich der Vergütung für Laborleistungen zu verhindern, um die Vergütung als ärztliche Leistung zu erhalten.
    34

    Wenn dann in der Folge der Neuregelung auch qualitative medizinische Aspekte herangezogen wurden, um die von der Bundesärztekammer für opportun gehaltene Auslegung einer rein gebührenrechtlichen Regelung zu stabilisieren, mag dies unter dem Aspekt der Zielerreichung (Vermeidung einer erneuten politischen Diskussion um „das Labor“; Erhalt der Abrechenbarkeit als ärztliche Leistung) nachvollziehbar sein. Gleichwohl wirkt es aufgesetzt, wenn die eigene Auslegung einer rein unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten geschaffenen Regelung im Nachhinein mittels Vermischung mit medizinischen Aspekten begründet wird.
    35

    Deutlich wird dies u.a. an dem Argument, dass durch den Transport Veränderungen an den Proben erfolgen könnten, weshalb bei der Eingangsbegutachtung der Arzt anwesend oder zumindest unmittelbar erreichbar sein müsse. Dies ist ein qualitativ-medizinischer Aspekt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man hinterher die Behauptung aufstellt, es handele sich um einen gebührenrechtlichen Aspekt.
    36

    Im Übrigen erfolgt ein Transport auch zum spezialisierten Fremdlabor. Indes dürfte sich auch dort die Eingangsbegutachtung in aller Regel auf eine Sichtkontrolle beschränken, die auch dort nicht notwendig ein Arzt vornehmen muss. Derartiges verlangt das Gesetz (die Verordnung) an keiner Stelle.
    37

    Eine Ansicht, die im Wortlaut und in der Regelungssystematik einer Verordnung keine Stütze findet, wird im Übrigen weder durch häufige Wiederholung noch durch „Kleidung in andere Gewänder“ zwingender, da sie eben nicht auf einer Subsumtion der konkreten Vorschriften basiert, sondern immer eine außerhalb des Regelungsgehalts der Vorschriften liegende Ansicht bleibt. Zwingend werden könnte eine solche Ansicht erst dann, wenn man die Vorschriften so verändert, dass die Ansicht in ihr zum Ausdruck kommt.
    38

    Eine Veränderung „der Laborvorschriften“ will die Bundesärztekammer aus den bereits genannten Gründen aber gerade vermeiden.
    39

    f)Soweit seitens der Staatsanwaltschaft ausgeführt wird, dass die Laborleistung „systemimmanent“ in den Räumlichkeiten des Labors beginne und dort auch ende, ist dies zumindest sprachlich nicht korrekt.
    40

    Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M bestimmt, dass die in den Abschnitten M I bis M IV genannten Gebührentatbestände die Schritte von der Eingangsbegutachtung des bereits entnommenen Probenmaterials bis zur Befunderstellung umfassen.
    41

    Die in den Abschnitten M I bis M IV aufgeführten Gebührentatbestände weisen keine Gebühren für die Probenentnahme am bzw. bei dem Patienten auf. Gleichwohl enthalten die allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M (Laboratoriumsuntersuchungen) unter Ziffer 4. Regelungen zur Berechnungsfähigkeit von Blutentnahmen und die Einbringung von Testsubstanzen. Die Gebühren dafür sind (zumindest nach dem Verständnis der Kammer) in Abschnitt C der Anlage zum Gebührenverzeichnis aufgeführt.
    42

    Wenn aber in Abschnitt M unter dem Oberbegriff Laboratoriumsuntersuchungen die Abrechenbarkeit der Probenentnahme extra aufgeführt wird, wird auch insoweit deutlich, dass die Laborleistung nicht notwendig erst im Labor beginnt.
    43

    Die Erfüllung der einzelnen Gebührentatbestände der Abschnitte M II bis M IV im Sinne der Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M setzt allerdings regelmäßig Laborräumlichkeiten mit entsprechenden Geräten voraus (Abschnitt M I hingegen nicht), womit allerdings keine zwingende bzw. abschließende Aussage darüber getroffen ist, dass die Erstellung des ärztlichen Laborbefundes (was auch immer man konkret darunter zu verstehen haben sollte) notwendig in den Laborräumlichkeiten stattfinden muss (so finden M I-Untersuchungen außerhalb von Laborräumlichkeiten statt; und auch für sie gilt nach der Regelungssystematik Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M; und auch für M II- bis M IV-Untersuchungen ist der Norm nicht zu entnehmen, dass die Erstellung des ärztlichen Laborbefundes zwingend in den Laborräumen stattzufinden hat).
    44

    Systemimmanent ist damit, dass Leistungen, die nicht unter den Gebührentatbeständen des Abschnitts M abschließend geregelt sind, dann abgerechnet werden können, wenn es außerhalb der Abschnitte M I bis M IV dafür einen Gebührentatbestand gibt (z.B. für die Probenentnahme).
    45

    II. Die hier relevanten Regelungen der GoÄ
    46

    Wie schon unter I. e) angesprochen liegt ein Kernproblem des vorliegenden Verfahrens darin, dass die Bewertungen, die die Staatsanwaltschaft vornimmt, hinsichtlich des Regelungsgehalts der relevanten GoÄ-Vorschriften in erster Linie auf Ansichten fußen, die die Bundesärztekammer nach der Neureglung „des Labors“ in verschiedenen Publikationen immer wieder (und zwar immer wieder mit der Intention, eine erneute Diskussion um „das Labor“ zu vermeiden) verbreitet hat.
    47

    Es mag sogar sein, dass man bei der Bundesärztekammer vor der Neuregelung „des Labors“ gedacht hat, dass sich die Ärzteschaft an die (erst) im Nachgang verbreitete Ansicht halten wird und dass sich an die Neuregelung keine Diskussion innerhalb der Ärzteschaft über die Auslegung anschließen würde (ob dies so war, ist der Kammer allerdings nicht bekannt).
    48

    Wenn sich dann allerdings herausstellt, dass sich mit dem Wortlaut der Neuregelung in Anbetracht der Regelungssystematik der GoÄ das möglicherweise ursprünglich gewollte nicht begründen lässt, kann man den Wortlaut und den Regelungsgehalt auch nicht durch permanentes Wiederholen der Ansicht korrigieren; hierzu bedürfte es der Änderung des Wortlauts und des Regelungsgehalts. Das aber will man gerade nicht.
    49

    a)Festzuhalten ist zunächst nochmals, dass es sich bei den Bestimmungen der GoÄ um gebührenrechtliche Bestimmungen handelt. Das folgt bereits aus dem unter § 1 GoÄ normierten Anwendungsbereich (und dies sieht zutreffend auch die Staatsanwaltschaft so, so dass im Folgenden nur am Rande auf qualitative medizinische Gesichtspunkte einzugehen sein wird).
    50

    Dass mit Ausnahme von Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen (für die Berechnung solcher Leistungen bedarf es des Verlangens des Zahlungspflichtigen), nur solche Leistungen berechnet werden dürfen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 GoÄ), definiert nicht die Regeln der ärztlichen Kunst, sondern bestimmt, dass deren Einhaltung (die sich aus dem Berufsbild und den damit verbundenen Aufgaben und Pflichten ergibt) Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit der Leistungen ist (hinzukommen muss für die Berechnungsfähigkeit, wie gesagt und wie normiert, dass es sich um eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung handelt).
    51

    § 1 GoÄ wurde zum 01.01.1996 nicht geändert.
    52

    b)Auch § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ wurden zum 01.01.1996 nicht geändert.
    53

    § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ hat nach wie vor folgenden Wortlaut: „Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).“
    54

    § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ gilt für die gesamte GoÄ und nicht lediglich für Laborleistungen.
    55

    § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ besagt nichts darüber, bei welchen der tausenden von Gebührenziffern der abrechnende Arzt in welchem Umfang persönlich tätig sein muss. Erst recht besagt die unverändert gebliebene Regelung diesbezüglich nichts in Bezug auf Laborleistungen.
    56

    Das gilt namentlich auch in Bezug auf die Behauptung, dass man insoweit die Kriterien für die Abrechnung habe verschärfen wollen. Man hat die Kriterien mit § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht verschärft. Die Vorschrift ist unverändert geblieben. Sie besagt nichts darüber, welche Teile von Laborleistungen ein Arzt persönlich erbringen muss. Sie besagt für sich gesehen nicht einmal, dass der abrechende Arzt überhaupt einen Teil selbst erbringen muss, sondern lässt (für sich gesehen) seine Aufsicht nach fachlicher Weisung ausreichen.
    57

    c)Der Begriff der Aufsicht findet auch in anderen Rechtsgebieten Verwendung (im Zivilrecht zumeist unter dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung; im öffentlichen Recht zumeist unter dem Aspekt der behördlichen Rechtsaufsicht oder Fachaufsicht und der Dienstaufsicht).
    58

    Wie eine Aufsicht gestaltet sein muss, damit der Aufsichtspflichtige der Aufsichtspflicht gerecht wird (bzw. genügt oder noch genügt), lässt sich nicht generell beantworten.
    59

    Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Aufsicht dann den Anforderungen genügt, wenn sie so geführt wird, dass
    60

    (1.)bei üblichem Verlauf sichergestellt ist, dass kein Schaden (oder im Vertragsrecht keine Schlechterfüllung) eintritt;
    61

    und
    62

    (2.)dann, wenn eine Abweichung vom üblichen Verlauf eintritt, mit der nach der Erfahrung im zu beaufsichtigenden Bereich mit zumindest einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, ein Eingreifen gewährleistet ist, bei dessen Fehlen die Entstehung eines Schadens oder die Vertiefung bzw. Perpetuierung eines Schadens (oder Schlechterfüllung) zu besorgen ist.
    63

    Je eher der Eintritt eines Schadens nach der Erfahrung zu besorgen ist, desto höher sind die qualitativen Anforderungen an die Ausgestaltung der Aufsicht.
    64

    Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb gebührenrechtlich „Aufsicht“ etwas grundsätzlich anderes bedeuten sollte als im qualitativen Bereich. Für eine diesbezügliche Unterscheidung lässt sich der GoÄ nichts entnehmen.
    65

    d)Geändert zum 01.01.1996 haben sich allerdings § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ und Abschnitt M der Anlage zur GoÄ.
    66

    Anders als unter der früheren Regelung darf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ein Arzt, der die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht erfüllt (eigene Leistung, was nicht gleichzusetzen ist mit persönlicher Leistung), nur noch fremdärztliche M II-Leistungen wie eigene abrechnen, nicht mehr aber fremdärztliche M III- und M IV-Leistungen.
    67

    Nicht weniger aber auch nicht mehr besagt die Neufassung von § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ. Sie besagt insbesondere nichts darüber, welche Arbeitsschritte im Labor ein abrechnender Arzt (ganz gleich, ob spezialisierter Labormediziner oder nicht) in Person erbringen muss. Das gilt sowohl für qualitative als auch für gebührenrechtliche Aspekte.
    68

    Es entspricht auch nicht der Regelungssystematik der GoÄ, diesbezüglich Vorgaben zu machen.
    69

    Mit einer einzigen Ausnahme setzt sich dies insoweit auch in Abschnitt M der Anlage zur GoÄ fort. Diese Ausnahme findet sich in der Verwendung des Attributs „ärztlich“ in Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen der Anlage M. Dort heißt es: „Die Gebühren für Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts M umfassen die Eingangsbegutachtung des Probenmaterials, die Probenvorbereitung, die Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) sowie die Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen Befunds.“
    70

    Dem Wortlaut von Ziffer 1. ist zu entnehmen, dass für die dort genannten Arbeitsschritte keine anderen Gebühren erhoben werden dürfen als in Abschnitt M bestimmt ist; nicht weniger, aber auch nicht mehr (zur Bedeutung des Attributs „ärztlich“ siehe unten).
    71

    Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage zum Gebührenverzeichnis besagt etwas zu der Frage, welcher Arzt abrechnungsbefugt ist, wenn Untersuchungsmaterial an einen anderen Arzt wegen der Durchführung von Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und/oder M IV versendet wird.
    72

    Die Vorschrift enthält für diese Fälle eine Regelung über die Abrechnungsbefugnis zwischen mehreren Ärzten. Da sich eine solche Regelung bereits aus § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ und dem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ergibt, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Formulierung in Ziffer 3. (die als solche eigentlich überflüssig ist).
    73

    Aus der Sicht der Kammer sollte letztlich nur noch einmal der Unterschied zu der früheren Regelung verdeutlicht werden.
    74

    e)Auffällig ist allerdings im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ, dass in Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M nicht etwa der Begriff der eigenen Leistung (selbst oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung) verwendet, sondern allein die Selbsterbringung genannt wird.
    75

    Die Frage, die sich daran anknüpft, ist, ob es sich insoweit um einen gewollten Systembruch im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ handelt oder lediglich um eine Formulierungsnachlässigkeit.
    76

    Da Ziffer 3. ausweislich des Wortlauts nur die Fälle des Weiterversandes an einen anderen Arzt benennt, nicht aber die Erbringung der Laborleistung durch den Arzt, der nicht an einen anderen Arzt versendet, würden sich die Laborärzte, an die das Untersuchungsmaterial versendet wurde, wohl „bedanken“, wenn man die Wortwahl insoweit als Einschränkung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ begreifen würde. Dies würde nämlich bedeuten, dass Laborärzte (und zwar nur Laborärzte, an die das Untersuchungsmaterial versendet wurde) die gesamten in Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts M bezeichneten Schritte persönlich erbringen müssten, um sie auch berechnen zu dürfen. Für Ärzte, an die versendet wurde, entfiele damit die Möglichkeit, dass auch nur Teile der Leistung (lediglich) unter ihrer Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden könnte, während dem nicht versendenden Arzt diese Möglichkeit erhalten bliebe.
    77

    Die Wortwahl in Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M beruht nach Auffassung der Kammer daher insoweit auf einer Formulierungsnachlässigkeit.
    78

    f)Die Vorschriften der GoÄ nebst Anlage besagen für die hier in Rede stehende Problematik nichts darüber, dass sich der Arzt, der M III-Leistungen als eigene Leistung berechnen will, ständig in den Räumlichkeiten aufhalten muss, in denen die Laboruntersuchungen im engeren Sinne stattfinden. Sie besagen auch nichts darüber, innerhalb welcher Zeitspanne ein solcher Arzt dann, wenn er während des Verlaufs der Untersuchungen gerufen werden sollte, in den Laborräumlichkeiten erscheinen können muss. Sie besagen gleichfalls nicht, dass eine telefonische Erreichbarkeit nicht ausreichend sein kann.
    79

    Das gilt gerade auch für Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage.
    80

    g)Unter gebührenrechtlichen Aspekten ist allerdings zu diskutieren, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass unter Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage zur Gebührenordnung (Ziffer 1. gilt für alle Laborgebühren und nicht lediglich für M III- und M IV-Gebühren) der Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befunds“ verwendet wird (und nicht lediglich des „daraus resultierenden Befunds“).
    81

    Im Hinblick auf den dargestellten Hintergrund der Neuregelung (mit dem Ziel, „das Labor“ als Gebührentatbestand zu erhalten) ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit der Wortwahl (zunächst aber möglicherweise auch lediglich) unterstrichen werden sollte, dass „das Labor“ weiterhin eine ärztliche Leistung ist, obwohl qualitative Gesichtspunkte dies zumindest nicht generell erfordern. Letzteres ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 MTAG. Dort sind die Tätigkeiten aufgelistet, für die es der Erlaubnis der Tätigkeit als medizinisch-technische Assistentin/medizinisch-technischer Assistent bedarf. Dazu gehört beispielsweise die Durchführung von Untersuchungsgängen in der morphologischen Hämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle.
    82

    Anstelle des Wortes Ergebniserstellung träte in Abschnitt M der GoÄ lediglich das Wort Befunderstellung.
    83

    Dass das Attribut „ärztlich“ an jener Stelle (Ziffer 1. zur Anlage M) verwendet wird, entspricht – wie dargelegt - nicht der grundsätzlichen Regelungssystematik der GoÄ, die i.d.R. nämlich gerade keine Vorgaben dazu normiert, welche Leistungen ein Arzt in Person selbst zu erbringen hat.
    84

    Zu konstatieren ist allerdings, dass es sich bei dem Attribut „ärztlich“ in Abschnitt M der GoÄ um den einzigen Teil der Neuregelung handelt, aus dem sich Folgerungen in Bezug auf Delegierbarkeit ableiten lassen könnten (der Konjunktiv ist an dieser Stelle bewusst gewählt). Zu betonen ist dabei wiederum, dass sich das Attribut „ärztlich“ nicht lediglich auf Befunde bei M III- und M IV-Leistungen bezieht, sondern auch auf M I- und M II-Leistungen.
    85

    Angesichts der „systemfremden“ Verwendung ist zu klären, ob das Attribut „ärztlich“ eine gewollte normative Eingrenzung des in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannten Begriffs der eigenen Leistung darstellen sollte (um die Laborleistungen als ärztliche Gebühren zu erhalten und zu rechtfertigen).
    86

    Falls man die Verwendung des Attributs „ärztlich“ (zwingend) so verstehen müsste, wäre für die Berechnungsfähigkeit der Laborgebühren dann grundsätzlich zu fordern, dass der liquidierende Arzt in Person den aus den Untersuchungen resultierenden Befund erstellen muss.
    87

    Das würde dann aber für jeden Arzt gelten müssen; auch für den spezialisierten Laborarzt.
    88

    Angesichts der zahlreichen in Abschnitt M aufgeführten Gebührenziffern und angesichts fortschreitender Technisierung und Automatisierung im Laborbereich wäre es aus der Sicht der Kammer indes abwegig, bei solchen Laboruntersuchungen, die praktisch komplett durch die Technik „erledigt“ werden, zu verlangen, dass der Arzt die von der Technik erledigten Schritte manuell wiederholt, um abrechnen zu dürfen. Die Kammer hat auch keine Hinweise dazu gefunden, die zwingend darauf hindeuten würden, dass die Formulierung (bevor sie amtlich wurde) bewusst als (eine systemfremde) normative Eingrenzung der dargestellten Art gewählt wurde.
    89

    Vielmehr könnte die Wortwahl („umfassen“) darauf hindeuten, dass lediglich gemeint war, dass die aufgeführten Schritte von den jeweiligen Gebührenziffern des Abschnittes M „umfasst“ sein sollen und dafür keine anderen Gebühren geltend gemacht werden können (dazu siehe auch oben d)). Hierauf deutet auch Satz 2 der Ziffer 1. zu Anlage hin.
    90

    Dieser hat folgenden Wortlaut: „Mit den Gebühren für die berechnungsfähigen (Unterstreichung durch die Kammer) Leistungen sind außer den Kosten - mit Ausnahme der Versand- und Portokosten sowie der Kosten für Pharmaka im Zusammenhang mit Funktionstesten - auch die Beurteilung, die obligatorische Befunddokumentation, die Befundmitteilung sowie der einfache Befundbericht abgegolten.“
    91

    Der medizinische Laie dürfte in der Regel davon ausgehen, dass die Erstellung des aus den technischen Abläufen („daraus“) „resultierenden ärztlichen Befunds“ (Ziffer 1. Satz 1) selbstverständlich beispielsweise „die Beurteilung“ und den „Befundbericht“ beinhaltet. Aus Ziffer 1. Satz 2 könnte jedoch zu schließen sein, dass das nicht der Fall ist, weil dort diese Begriffe gesondert erwähnt werden, was überflüssig wäre, wenn sie gleichsam automatisch dem Begriff der Befunderstellung unterfielen.
    92

    Angesichts des Textes bleibt vollkommen diffus, was denn nun mit Befunderstellung konkret gemeint gewesen sein soll (die Beurteilung und der Befundbericht scheinen nicht damit gemeint zu sein, weil sie dann nicht extra hätten erwähnt werden müssen).
    93

    Gerade dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen wird, ist bei der Auslegung von Vorschriften, die zumindest in Teilbereichen mehr Fragen aufwerfen als sie klar zu beantworten, äußerste Vorsicht geboten. Wenn Auslegungsfragen ungeklärt bleiben bzw. sich anhand des Gesetzes- bzw. Verordnungstextes und der Regelungssystematik nicht eindeutig (und zwingend) beantworten lassen, kann im Strafrecht nicht einfach die für einen Beschuldigten ungünstige Auslegung zu Grunde gelegt werden.
    94

    Insgesamt wäre die Auslegung, dass das Attribut „ärztlich“ eine gewollte normative Einschränkung für die Entstehung einer Laborgebühr sein könnte, zwar möglich, aber bereits angesichts der Bandbreite der Laborgebührenziffern und der ungeklärten Bedeutung einiger Begrifflichkeiten indes in keiner Weise zwingend. Genausogut kann beispielsweise argumentiert werden, dass das Attribut „ärztlich“ gleichsam überschießend verwendet wurde, um den Erhalt des Charakters „des Labors“ als GoÄ-Gebühr zu unterstreichen (zu der Möglichkeit der Zufälligkeit der Wortwahl siehe auch oben e)).
    95

    Anzumerken ist, dass bei Unterstellung einer (wie dargelegt nicht zwingenden) Auslegung von „ärztlich“ als normative Eingrenzung des Begriffs der eigenen Leistung aus dem Wortlaut von Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Anlage M im Umkehrschluss dann aber (gerade auch) unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu folgern wäre, dass es in den genannten Bereichen der Eingangsbegutachtung des Probenmaterials, der Probenvorbereitung und der Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) nicht der persönlichen Leistungserbringung durch den Arzt bedarf, um die Gebühr zu rechtfertigen, sondern – da insoweit der Begriff „ärztlich“ nicht verwendet wird – seine Aufsicht nach fachlicher Weisung ausreicht (zumal eine/ein MTLA unter qualitativen Aspekten diese Tätigkeiten zumindest hinsichtlich einer ganzen Anzahl von Untersuchungen auch ohne ärztliche Aufsicht zu erbringen ausgebildet und befugt ist; für einfachere Tätigkeiten im Labor, wie einfache klinisch-chemische Analysen und einfache qualitative und semiquantitative Untersuchungen von Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen und Blut bedarf es nicht einmal der MTLA-Erlaubnis).
    96

    h)Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Anforderungen, die die Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Abrechnungsbefugnis für M III-Leistungen aufstellt (nämlich mit Ausnahme des rein technischen Ablaufs im Analysegerät eine persönliche Leistungserbringung bzw. quasi permanente persönliche Überwachung durch den Arzt), in den Regelungen der GoÄ keine (bzw. auch bei besonderer Beachtung des Attributs „ärztlich“ keine zwingende) Entsprechung finden.
    97

    Die dargestellte Fassung der GoÄ ist im Ergebnis eine „Krücke“ gewesen, die dazu diente, den Gesetzgeber davon abzuhalten, „das Labor“ aus den Gebührentatbeständen der GoÄ auszugliedern, nicht weniger aber auch nicht mehr.
    98

    Unmissverständlich ist gebührenrechtlich lediglich geregelt, dass dann, wenn ein anderer Arzt mit Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und M IV beauftragt wird, allein dieser beauftragte Arzt gegenüber dem Patienten abrechnen darf. Das ist der Kern der Neuregelung, die damit auch ihren Zweck erfüllt (nämlich die Abrechnung von M III- und /oder M IV-Leistungen, die ein anderer Arzt erbracht hat durch den auftraggebenden Arzt zu verhindern).
    99

    Keine Neuregelung ist für die Fälle getroffen worden, in denen kein anderer Arzt mit Laboruntersuchungen gemäß den Abschnitten M III und M IV beauftragt wurde, sondern der behandelnde Arzt diese Untersuchungen in Eigenregie durchführt. Für die Abrechnungsbefugnis in solchen Fällen gelten die allgemeinen Regelungen der GoÄ, die sich einer (zwingenden) Regelung dessen enthalten, was ein Arzt persönlich erbringen muss (und was nicht), um abrechnungsbefugt zu sein.
    100

    Anders ausgedrückt normiert die Neuregelung, dass es Geld (hier = Abrechnungsbefugnis) ohne eigene Leistung (sondern für Fremdleistung) nur noch für M II-Gebührentatbestände geben kann, während es im Übrigen Geld nur noch für eigene Leistungen gibt. Diese lassen sich im Unterschied zu der Beauftragung eines Fremdlaborarztes dadurch charakterisieren, dass der abrechnende Arzt die Laborleistung selbst oder so erbringt, dass das gebührenrechtliche Merkmal der Aufsicht nach fachlicher Weisung erfüllt ist.
    101

    Bei der Beauftragung eines Fremdlabors erbringt der behandelnde (und das Labor beauftragende) Arzt die M III oder M IV-Leistung nämlich niemals selbst; sie wird auch nicht unter seiner Aufsicht erbracht, sondern unter Aufsicht des beauftragten Arztes (soweit dieser nicht selbst tätig ist), weshalb allein dieser abrechnungsbefugt ist.
    102

    An dem dargestellten Kern der Neuregelung, die im Vergleich zur vorherigen Regelung nur die Abrechnungsbefugnis für fremderbrachte M III- und/oder M IV-Leistungen entfallen lässt, wird deutlich, dass es für gebührenrechtliche Subsumtion insoweit (zumindest nahezu) ausschließlich darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des unverändert gebliebenen § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ erfüllt sind oder nicht.
    103

    III. Die Aufsicht nach fachlicher Weisung
    104

    Da die GoÄ eine gebührenrechtliche Regelung ist, ist das Merkmal der „Aufsicht nach fachlicher Weisung“ davon geprägt, dass bei einer nach GoÄ in Rechnung gestellten Leistung zum Ausdruck kommen muss, dass es sich um eine eigene Leistung des Arztes handelt (auch wenn er diese nicht in Person erbracht hat).
    105

    Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten, die in der GoÄ normiert sind, die regelmäßig aber mehr oder weniger durch ausgebildete nichtärztliche Fachkräfte durchgeführt werden, ohne dass der Arzt, der hinterher die Rechnung stellt, ständig diese Mitarbeiter mittels Augenschein beaufsichtigt.
    106

    Im Arbeitsalltag beispielsweise einer gut frequentierten allgemeinmedizinischen Praxis ist dies bereits faktisch unmöglich. Der Arzt nimmt die Sprechstunde wahr, während seine Assistenten in der gleichen Zeit (in anderen Räumen) delegierte Aufgaben übernehmen. In der Regel zweifelt dennoch niemand die Rechnungsstellungsbefugnis des Arztes an, wenn die delegierte Leistung nach GoÄ abgerechnet wird.
    107

    Für derartige Zweifel gibt es letztlich auch keinen durchgreifenden Grund, wenn die Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde, da der Hintergrund für die Abrechnung als ärztliche Leistung dann darin liegt, dass der Arzt durch die sorgfältige Auswahl seiner Assistenten und die Einweisung dafür Sorge getragen hat, dass die Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde. Spricht dann in der Folge der Umstand, dass es keine Auffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt, dafür, dass die Assistenten die ihnen übertragenen Aufgaben regelmäßig ordnungsgemäß erbringen, wäre es letztlich absurd, nur wegen der Vergütung als ärztliche Leistung eine besonders hohe Kontrolldichte und besonders hohe Kontrollpräsenz zu fordern. Die anfängliche Auswahl und die Einweisung durch den Arzt wirken vielmehr als ein Teil der gebührentatbestandlichen Aufsicht fort und die Beobachtung dessen, dass es eben keine Auffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt, ist die Weiterführung der Aufsicht. Misslingt etwas oder ergibt sich ein Problem, greift der Arzt ein (entweder direkt am noch anwesenden Patienten oder durch eine neue verbesserte Einweisung). Läuft alles ordnungsgemäß ab, nimmt er die Aufsicht praktisch „en passant“ wahr, da er als Schluss daraus (mittelbar) mitbekommt, dass nichts „schief geht“ und er deshalb keine Veranlassung hat einzugreifen.
    108

    Damit ist dann sowohl unter qualitativen Gesichtspunkten als auch unter gebührentatbestandlichen Gesichtspunkten das die Gebühr rechtfertigende Merkmal der Aufsicht nach fachlicher Weisung (en passant) erfüllt. Die Verantwortung für den Patienten delegiert der Arzt nicht; er trägt sie weiterhin persönlich.
    109

    Es ist nicht ersichtlich, weshalb für den Laborbereich, für den derselbe in § 4 GoÄ (gebührenrechtlich) normierte Begriff der Aufsicht nach fachlicher Weisung gilt, andere Maßstäbe anzulegen sein sollten. Im Gegenteil: Im Labor ist unter dem qualitativ-medizinischen Gesichtspunkt des Patientenschutzes bei vielen Untersuchungen das Bedürfnis eines ärztlichen Eingreifens noch einmal deutlich seltener zu erwarten als bei Vorgängen, die direkt am Patienten stattfinden (diese Ansicht lässt sich im Übrigen auch auf § 9 MTAG stützen).
    110

    Die gebührenrechtliche Merkmalserfüllung erfordert somit keine ständige und nicht einmal eine häufige Anwesenheit in den Laborräumlichkeiten. Derartiges lässt sich der GoÄ nicht entnehmen. Die Erreichbarkeit des Arztes reicht aus (was unter qualitativen Gesichtspunkten umso mehr Anspruch auf Richtigkeit hat, je weniger der Arzt wegen der Automatisierung eingreifen kann und je eher ein Eingreifen auch durch geschultes Personal – medizinisch-technische Assistenten - gleichwertig erfolgen kann).
    111

    Die Forderung, dass der Arzt vor Ort sein müsse, um gegebenenfalls bei auftauchenden Problemen eingreifen zu können, ist gebührenrechtlich unter dem Prüfungsgesichtspunkt der Aufsicht gerade im Laborbereich nicht relevant. Eine solche Forderung dreht sich um qualitative Gesichtspunkte der Aufsicht. An deren Erfüllung bestehen vorliegend indes ebenfalls keine Zweifel. Ist der Befund verwertbar vorhanden und „passt“ er zu der veranlassten Untersuchung, spricht das dafür, dass die Geräte ordnungsgemäß funktionieren, ordnungsgemäß durch geschultes und eingewiesenes Personal bedient wurden und dass die Arbeitsabläufe eingehalten wurden.
    112

    Wenn dann noch hinzukommt, dass die Befunde zur sonstigen Anamnese passen, es also insoweit keine Rückläufe ins Labor (oder keine Veranlassung für solche Rückläufe) gibt, kann ein Arzt (ob beauftragter Laborarzt oder sonstiger Arzt) auch unter – beim gebührenrechtlichen Merkmal der Aufsicht nicht relevanten –Qualitätsmerkmalen davon ausgehen, dass auch de lege artis gearbeitet wurde. Seine ständige oder auch nur häufige Anwesenheit im Labor ist auch unter diesem Aspekt nicht zu fordern, um die Gebühr auszulösen. Die anderen Ansichten verkennen, dass gerade im Laborbereich regelmäßig besonders gut geschultes nichtärztliches Personal zur Verfügung steht.
    113

    Zu erörtern ist angesichts des Wortlauts von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ aber des Weiteren, welche Anforderungen sich für die Rechnungsstellungsbefugnis daraus ergeben könnten, dass die Formulierung „unter seiner Aufsicht“ lautet (die Unterstreichung wurde diesseits vorgenommen).
    114

    Die Erörterungsbedürftigkeit dieses Gesichtspunkts ergibt sich zwangsläufig, wenn sich Ärzte, von denen ein jeder für sich liquidationsberechtigt ist (z.B. Praxisgemeinschaften oder auch Labor- bzw. Apparategemeinschaften oder auch mehrere Laborärzte eines größeren Labors, von denen jeder grundsätzlich liquidationsberechtigt wäre oder ist), Personal „teilen“.
    115

    Der Gesichtspunkt, dass es möglicherweise sogar der Qualität dient, wenn mehrere Ärzte das nichtärztliche Personal beaufsichtigen, hat bei der Prüfung der formal nach dem Gebührenrecht zu beurteilenden Liquidationsberechtigung unter dem Aspekt der Aufsicht außer Betracht zu bleiben.
    116

    Zu fordern ist, dass der die Rechnung stellende Arzt bei dem Vorgang, der die Gebühr auslöst, seine Pflicht zur Aufsicht nach fachlicher Weisung erfüllt hat (soweit er die Leistung nicht selbst erbracht hat).
    117

    Ein Arzt, der in eine bereits bestehende Laborgemeinschaft eintritt, trifft dort auf bereits vorhandenes Personal, vorhandene Geräte und vorhandene Arbeitsabläufe. Gleiches gilt für einen reinen Laborarzt, der in eine bereits bestehende Laborpraxis eintritt.
    118

    Das Gesetz (bzw. die Rechtsverordnung und die Rechtsordnung, zu der auch die Berufsausübungsfreiheit gehört) normiert nicht, dass das nicht zulässig ist. Ein solcher Arzt kann sich notwendig nur durch die anfängliche Sichtung der vorhandenen Arbeitsabläufe (bei denen er auch sieht, wie das Personal agiert) und der vorhandenen Geräte Kenntnis verschaffen. Tut er dies und nimmt er dann bei den Vorgängen, die er in Rechnung stellt, Kenntnis von den Ergebnissen, die die Kontrolle dessen, was zuvor geschehen ist, ermöglichen, erfüllt er damit en passant (s.o.) das gebührenrechtliche Merkmal der Aufsicht, zumal er, wenn er die Befunderstellung (oder die Validierung) in den Laborräumlichkeiten vornimmt, bei jedem Aufsuchen des Labors die Möglichkeit zum Augenschein der Arbeitserbringung und der Geräte hat.
    119

    Zugleich überprüft er damit, dass die Qualitätsstandards erfüllt wurden.
    120

    IV. Rechtsprechung
    121

    a)Der BGH (BGHSt 57, 95 ff.) hat Anfang 2012 ein Urteil des Landgerichts München weitgehend bestätigt, mit welchem ein Arzt wegen Abrechnungsbetruges verurteilt wurde.
    122

    Der dort zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden wesentlich u.a. dadurch, dass dort ein (anderer) Laborarzt mit den M III-Leistungen beauftragt wurde und diese für den dortigen Angeklagten durchführte, der die Leistungen dann aber selbst in Rechnung stellte, während im vorliegenden Fall kein (anderer) Laborarzt beauftragt wurde.
    123

    In den Gründen der zitierten Entscheidung des BGH wird u.a. aus dem Urteil der Vorinstanz (LG München) wie folgt zitiert: „Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten und einzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigen Laborarzt (Speziallabor) erbringen lassen.“
    124

    Der Kammer sind die Einzelheiten, die zu dieser Feststellung geführt haben, nicht bekannt. Es ist allerdings festzuhalten, dass in der GoÄ nebst Anlagen an keiner Stelle normiert ist, dass nur ein ausdrücklich (nur) als (befähigter) Laborarzt tätiger Arzt die M III- und M IV-Untersuchungen erbringen darf. Falls das Landgericht München dies generell gemeint haben sollte, wäre jenes Urteil nach Auffassung der Kammer insoweit nicht von den Regelungen der GoÄ gedeckt (und somit falsch).
    125

    Der Begriff „Speziallabor“ wird in den der Kammer vorliegenden Fassungen der GoÄ und der Anlage M auch nicht verwendet. Dass damit unzweifelhaft die M III- und M IV-Leistungen gemeint sind, ändert daran nichts. Die Kammer hält dies für erwähnenswert, weil vorliegend die Staatsanwaltschaft wiederholt ausführt, dass der Begriff der „Validation“ in der GoÄ nicht verwendet wird, sie aber gleichzeitig den dort ebenfalls nicht auftauchenden Begriff „Speziallabor“ verwendet.
    126

    Um es nochmals zu verdeutlichen: Nach der alten Fassung der GoÄ durfte der Arzt, der einen anderen Arzt mit der Durchführung von Laboruntersuchungen im Sinne der Anlage M beauftragte, die Gebühren dafür selbst in Rechnung stellen, auch wenn es sich um M III- und M IV-Leistungen handelte. Nach der seit 1996 geltenden Fassung der GoÄ ist die Selbstberechnung fremdärztlicher Leistungen nur noch für M II-Leistungen zulässig.
    127

    Fehlt es hingegen an der Beauftragung eines Fremdarztes, kann es im Ergebnis auch nur einen Arzt geben, dem die Gebühr zustehen kann. Sie steht ihm dann zu, wenn die in § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ genannten Merkmale erfüllt sind (Ausnahme gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ: M II-Leistungen).
    128

    Eine besondere Befähigung zur Erbringung von Laborleistungen wird für M III- und M IV-Leistungen an keiner Stelle der GoÄ gesondert normiert. Die GoÄ normiert Gebührentatbestände, die erfüllt sein müssen, um abrechnen zu dürfen. Eine besondere Zulassung als Laborarzt, um M III- und M IV-Leistungen abrechnen zu dürfen, wird nicht gefordert.
    129

    Die Entscheidung BGHSt 57, 95 ff. ist juristisch nachvollziehbar begründet. Wie aus der Entscheidung deutlich wird, bedurfte es allerdings einiger juristischer Begründung, um den Betrugsvorsatz des dortigen Arztes als gegeben anzusehen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Frage des Vorsatzes in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale der Irrtumserregung und der Nachteilszufügung.
    130

    Bezüglich jenes Falles steht außer Frage, dass der dortige Angeklagte nach den Feststellungen (insoweit nach den Feststellungen letztlich mit direktem Vorsatz) wusste, dass er seinen Patienten selbst keine M III-Leistungen berechnen durfte (da diese ein von ihm beauftragter Arzt erbracht hatte) und dass er in seiner Person insoweit keinen Zahlungsanspruch gegenüber den Patienten hatte.
    131

    Der Vorsatz hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der Irrtumserregung und der Nachteilszufügung wird in jenem Fall damit begründet, dass der Patient eine richtige Rechnung erwarte und davon ausgehe, dass der Arzt mit der Rechnung konkludent erkläre, dass er nach der GoÄ zur Abrechnung in eigener Person befugt sei. Dies sei vom Vorsatz des dortigen Angeklagten umfasst gewesen, der die schadensbegründenden Umstände, nämlich die Vergütung selbst nicht beanspruchen zu können, auch gekannt habe.
    132

    Angeknüpft wird insoweit allein an die Rechnungsstellung bzw. den Moment der Rechnungsstellung (und in Bezug auf den Patienten auf den Moment des Rechnungserhalts bzw. der Bezahlung).
    133

    Zu beanstanden ist dies unter juristischen Aspekten bereits deshalb nicht, weil die GoÄ die Voraussetzungen für die Befugnis zur Rechnungsstellung regelt.
    134

    Gleichwohl stellt sich losgelöst von dem dortigen Fall die Frage, ob sich ein Patient, der eine erbrachte Leistung bezahlt, tatsächlich eine Vorstellung davon macht, welcher Arzt die Rechnung stellen durfte.
    135

    Wenn er eine qualitativ (und hinsichtlich der Kosten) gleichwertige Leistung erhalten hat, wird es dem Patienten erst einmal egal sein, welcher Arzt die Rechnung stellt. Oft genug weiß der Patient in Fällen, in denen ein beauftragter Laborarzt die Leistung berechnet, bis zum Erhalt der Rechnung des Fremdlabors nicht einmal, welches Labor durch „seinen“ Arzt beauftragt wurde.
    136

    Wenn man diesem Patienten bei Berechnung der Fremdleistung durch „seinen“ Arzt und Zahlung an diesen dann sagt, dass „sein“ Arzt gegen ihn insoweit keinen Zahlungsanspruch hatte und dass er deshalb insoweit gar nichts hätte bezahlen müssen, wird dieser Patient (wenn er nicht vom „Fach“ ist) voraussichtlich erst einmal sagen, dass er das nicht gewusst habe.
    137

    Das, was der Patient dann weiter bekundet (und tut oder nicht tut), wird - neben der konkreten Fragestellung - davon abhängen, wie er zu seinem Arzt steht.
    138

    Denkbar ist, dass er bekundet, dass er sein Geld zurück haben möchte, weil er über die Rechnungsstellungsbefugnis getäuscht worden sei.
    139

    Wenn man ihm allerdings sagt, dass er bei korrektem Verlauf das Labor in gleicher Höhe hätte bezahlen müssen, ist auch denkbar, dass er sagt, dass er dann, wenn er das gewusst hätte, „seinen“ Arzt bezahlt hätte, weil er aufgrund der Zahlung an „seinen“ Arzt davon ausgehen durfte, jedenfalls vom Labor nicht auch noch in Anspruch genommen zu werden und der „Rest“ ihn nicht interessiere.
    140

    Erfährt der Patient in dem zuletzt gewählten Beispiel erst im Nachhinein von den Umständen, wären objektiv immer noch eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung, durch die der Schaden im Zeitpunkt der Verfügung auch nicht unmittelbar kompensiert wird und - abgestellt auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung - juristisch immer noch ein Vorsatz des Arztes zu begründen, obwohl derjenige, dessen Vermögen es unmittelbar betrifft, im Nachhinein sagt, dass es ihm egal gewesen wäre.
    141

    Die „Kompensationsfrage“, die sich bei nicht-juristischer Betrachtung des vom BGH behandelten Sachverhalts stellt, ist die, wie es zu beurteilen ist, wenn der Arzt die Vorstellung hatte, dass der Patient nicht geschädigt wird, weil er die Laborleistung erhalten hat, die (allerdings von einem anderen Arzt erbrachte) Gegenleistung also vor der Rechnungsstellung und vor Bezahlung erfolgt ist.
    142

    Dazu hat der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass dies nicht den Betrugsvorsatz entfallen lasse, weil derjenige, der sich aufgrund eines ihm (in seiner Person) nicht zustehenden aber (mittels Täuschung darüber) geltend gemachten Zahlungsanspruchs bereichere, wisse oder zumindest billigend in Kauf nehme, dass der Zahlende (an ihn) rechtsgrundlos leiste und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigt sei.
    143

    b)Wie bereits dargelegt unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt jedoch wesentlich von jenem, den der BGH zu beurteilen hatte.
    144

    Neben dem Umstand, dass in dem „BGH-Fall“ der dortige Arzt auch in anders gelagerten Fällen betrügerisch agierte (u.a. auch in kollusivem Zusammenwirken mit Patienten) unterscheidet sich der von der Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal umfasste Sachverhalt von dem BGH-Fall vor allem dadurch, dass hier weder formal noch faktisch ein anderer Arzt beauftragt wurde, der die M III-Laborleistungen hätte berechnen dürfen.
    145

    Die Durchführung der M III- und /oder M IV-Laborleistungen durch einen anderen Arzt bei gleichzeitiger Rechnungsstellung durch den beauftragenden Arzt ist aber das, was die Neuregelung der GoÄ verhindern wollte. Nicht verhindern wollte die Neuregelung, dass ein Arzt, der die M III-Leistungen oder bestimmte unter dem Abschnitt M III aufgeführte Laborleistungen als eigene Leistung erbringt, diese auch abrechnen darf.
    146

    Vorliegend bleibt die Staatsanwaltschaft letztlich eine nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, wessen Leistung der Angeschuldigte abgerechnet hat, wenn nicht seine eigene (dass eine ordnungsgemäß verwendbare Laborleistung erbracht wurde, steht dabei außer Frage). Schlüssig bliebe die Ansicht der Staatsanwaltschaft nur, wenn überhaupt keine abrechenbare Leistung erbracht worden wäre. Das hieße in Anbetracht der hier unzweifelhaft erbrachten verwertbaren und damit auch werthaltigen Leistung (die Kammer wüsste auch nicht, was ein beauftragter Laborarzt bei den konkreten Untersuchungen mit den konkreten technischen Geräten zwingend anders gemacht hätte als der Angeschuldigte), dass es niemanden gäbe, der sie abrechnen dürfte (da hier kein beauftragter anderer Arzt tätig gewesen ist).
    147

    Ein solches Ergebnis mutet bereits für sich gesehen seltsam an. Die Staatsanwaltschaft gelangt aber zu einem solchen Ergebnis; und dies – wie dargelegt – auf der Grundlage von Ansichten, die in der GoÄ entweder keine oder (Stichwort „ärztlich“) zumindest keine auch nur annähernd zwingende Stütze finden.
    148

    Die Ansicht des Angeschuldigten, zur Abrechnung der in Rechnung gestellten M III-Leistungen befugt gewesen zu sein, steht in Anbetracht der von ihm dargestellten Schritte der Leistungserbringung (als zum Teil selbst erbracht und zum Teil unter seiner Aufsicht erbrachte eigene Leistung) nicht nur nicht im Widerspruch zu den Regelungen der GoÄ, sie wird – anders als Teile der Ansichten der Bundesärztekammer - vom Wortlaut dieser Regelungen und der Regelungssystematik sogar gestützt (zu den Auffälligkeiten der „Logins“ wird im übernächsten Unterpunkt Stellung genommen).
    149

    c)Anders als in dem unter IV. a) dargestellten „BGH-Fall“ wurde vorliegend auch nicht über Tatsachen getäuscht. In dem „BGH-Fall“ war klar, dass der dortige Arzt nicht zur Abrechnung der M III-Leistungen befugt war, weil diese durch einen von ihm beauftragten anderen Arzt durchgeführt wurden. Er hat bewusst gegen eine in der GoÄ deutlich normierte Regelung verstoßen und somit über seine unstreitig nicht gegebene Rechnungsstellungsbefugnis (dies ist die Tatsache) getäuscht.
    150

    Wenn man an dieser Stelle den unter mehreren Aspekten erörterungsbedürftigen Punkt der Login-Auffälligkeiten (dazu unten V.) (erst einmal) ausblendet, wäre festzuhalten, dass es vorliegend keinen anderen Arzt gab, der die Leistung erbracht hat. Der Angeschuldigte hat jedenfalls dann nicht über seine Rechnungsstellungsbefugnis getäuscht, wenn zugrunde gelegt wird, dass er die Validierung der Befundergebnisse selbst vorgenommen hat. Mit der Rechnungsstellung hat er (jedenfalls in diesem Fall) lediglich seine Ansicht zum Ausdruck gebracht, die Leistungsmerkmale, die eine Abrechnung als eigene Leistung erlauben, erfüllt zu haben. Wie die Kammer unter b) dargelegt hat, war diese Ansicht als solche keineswegs abwegig, sondern gerade angesichts der GoÄ-Regelungen vertretbar.
    151

    Jedenfalls lag in dem Vertreten dieser Ansicht in diesem Fall keine Täuschung über Tatsachen. Eines Eingehens auf weitere Aspekte bei der Subsumtion des Betrugstatbestandes bedarf es unter diesem Aspekt daher an dieser Stelle nicht.
    152

    V. Validierung
    153

    Ein Aspekt, der aus der Sicht der Kammer bei der Frage der Befugnis zur Abrechnung der M III-Leistungen als eigene Leistung der ausführlicheren Erörterung bedarf, ist angesichts der Login-Auffälligkeiten (Bl. 127 ff. d.A.) der der Validierung der Befundergebnisse.
    154

    Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei den Fällen, in denen es zu diesen Login-Auffälligkeiten gekommen ist, entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeiten war, um die Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten des gesondert verfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., der dies dann für seine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.
    155

    Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mit Dr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu den Laborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.
    156

    Bei dem dargestellten Aspekt ist eine Erörterungsbedürftigkeit sowohl im rechtlichen Bereich als auch im tatsächlichen Bereich gegeben.
    157

    a)Die Kammer hat sich insoweit zunächst mit dem Punkt beschäftigt, was unter Validierung zu verstehen ist und in welchem Verhältnis der in der GoÄ nicht verwendete Begriff der Validierung zu dem verwendeten Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befundes“ steht.
    158

    Zu der Frage, ob es sich bei der Verwendung der Begrifflichkeit des „daraus resultierenden ärztlichen Befundes“ um eine normative Begrenzung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ (Fragestellung: Selbsterbringung wegen der Wortwahl in Ziffer 1. zu Anlage M erforderlich oder Delegierbarkeit unter Aufsicht für die Abrechnungsbefugnis ausreichend?) handelt oder nicht, hat die Kammer bereits Ausführungen gemacht (siehe oben II. g)).
    159

    Sie sieht keinen Anlass, von diesen Ausführungen abzuweichen. Selbst, wenn man danach die Validierung mit dem Begriff der Befunderstellung gleichsetzen würde, wäre aus Ziffer 1. zu Anlage M nicht zwingend zu folgern, dass die Validierung durch einen Arzt vorgenommen werden muss, um befugterweise eine Rechnung für M III- und/oder M IV-Leistungen stellen zu dürfen.
    160

    Die Validierung ist indes auch mit der Befunderstellung nicht gleichzusetzen, wie sich aus zahlreichen im Internet zu findenden Publikationen ergibt.
    161

    Genannt seien insoweit beispielhaft folgend Fundstellen:
    162

    - http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/zentralinstitut_fuer_klinische_chemie_und_laboratoriumsdiagnostik_id71/dateien/lehre/eVL_PostA_131104.pdf
    163

    - http://www.bnld.de/sammlung-bilder-files-links/CL%2006%2034_2%20Biol%20Validation.PDF
    164

    - http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/AA%20Validation%20und%20Freigabe%20V003.pdf
    165

    - http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/VA%20Postanalytik%20V009.pdf
    166

    - http://www.dvta.de/media/der_verband/weiterbildung/2006_validation.pdf
    167

    Die genannten Publikationen verhalten sich nicht zu gebührenrechtlichen Aspekten der Validierung. Aus ihnen ergibt sich indes, dass man üblicherweise zunächst einen Befund vorliegen haben muss, den man dann validieren kann. Nach den von der Verteidigung dargestellten Abläufen ist es so, dass dieser Befund (die Darstellung der Prüfergebnisse der konkreten Untersuchung) durch die eingesetzten Geräte automatisch erstellt wird. Dass es absurd wäre, für die Abrechnungsbefugnis zu verlangen, dass der Arzt (oder ein Mitarbeiter) dieses manuell wiederholt, hat die Kammer bereits dargelegt. Auch ein beauftragter Laborarzt würde dies bei einem identischen Untersuchungsauftrag und dem Einsatz identischer Geräte nicht tun. Er würde, wenn er es in Person erbringen wollte (was als solches auch für ihn nach der GoÄ kein zwingendes Erfordernis für die Abrechnungsbefugnis wäre), nach dem Geräteeinsatz nichts anderes tun als der Angeschuldigte, nämlich die Ergebnisse validieren.
    168

    Angesichts der unter II. g) aufgeworfenen Fragen zu den in Ziffer 1. zur Anlage M verwendeten Begrifflichkeiten wäre es für die Vervollständigung des Bildes grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Verteidigung noch darstellen würde, wie es nach der Validierung am Computer im Hinblick auf den jeweiligen Patienten (mit dem die Laborergebnisse in der Regel zu besprechen sein werden) weitergeht.
    169

    Werden die Daten aus dem Validierungscomputer in die Praxis des Angeschuldigten übertragen oder werden sie in den Laborräumlichkeiten durch den Angeschuldigten unmittelbar nach Validierung ausgedruckt oder sorgt das nichtärztliche Personal im Labor für einen Ausdruck (Verschriftung), der dann zu der Praxis des Angeschuldigten geschickt wird?
    170

    Hilfreich wäre es diesbezüglich auch, wenn der Ablauf hinsichtlich der gebührenmäßigen Erfassung für den Angeschuldigten bis zur Rechnungsstellung zumindest kurz dargelegt werden würde.
    171

    b)Nach den Ausführungen unter V. a) ist die Frage berechtigt, ob die Validierung gebührenrechtlich überhaupt relevant sein kann.
    172

    Diese Frage wäre trotz der Ausführungen unter V. a) für den vorliegenden Sachverhalt bejahend zu beantworten, wenn die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass der Angeschuldigte nicht immer selbst validiert hat, als bewiesen anzusehen wäre.
    173

    Die Relevanz ergäbe sich dann nämlich daraus, dass dann der Subsumtionspunkt der Aufsicht nach fachlicher Weisung betroffen wäre. Es ist also zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie sich die „verdächtigen“ Logins auf den Subsumtionspunkt der Aufsicht nach fachlicher Weisung auswirken.
    174

    Zur Verdeutlichung ist auszuführen, dass die Validierung als medizinischer oder technischer Vorgang auch außerhalb der Räume der Laborgemeinschaft stattfinden könnte, ohne ihren Wert für die medizinische oder technische Untersuchung zu verlieren. Bei – wie vorliegend – ausgelagerten Laborräumlichkeiten kommt der Validierung aber die zusätzliche Funktion zu, dass der Arzt die Laborräumlichkeiten aufsuchen muss, um zu validieren, und sie damit „en passant“ gerade auch diesbezüglich der Aufsichtswahrnehmung dient.
    175

    Die Kammer hält es bei der Prüfung grundsätzlich für richtig, auf die jeweilige einzelne Rechnung abzustellen. Zu klären wäre damit die Frage, ob der Angeschuldigte, der bei Selbstvalidierung befugt wäre, die M III-Leistungen als eigene Leistung abzurechnen, da er mittels der Validierung en passant (siehe oben) auch die Aufsicht wahrnimmt, die Befugnis zur Abrechnung dadurch verlieren könnte, dass er die Validierung in den Laborräumlichkeiten nicht vornimmt und somit möglicherweise das Kriterium der Aufsicht nach fachlicher Weisung nicht mehr hinreichend erfüllt und die Laborleistung dadurch den Charakter als eigene Leistung verlöre und wie die Leistung durch ein Fremdlabor anzusehen wäre.
    176

    Der Verständlichkeit halber sei an dieser Stelle nochmals ausgeführt, was die GoÄ nach ihrem Wortlaut und der Regelungssystematik hinsichtlich der Rechnungsstellungsbefugnis in den Laborbereichen M III und M IV normiert und was nicht:
    177

    Der Arzt (ganz gleich ob beauftragter Laborarzt oder ein behandelnder Arzt, der kein Fremdlabor beauftragt), der Laborleistungen der in Abschnitt M III und/oder M IV selbst erbringt oder sie unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbringen lässt, darf diese Leistungen auch in Rechnung stellen. Mischformen erfüllen die Befugnis auch.
    178

    Dazu, wie die Aufsicht zu gestalten ist, lassen sich der GoÄ keine konkreten Vorgaben entnehmen. Gleiches gilt sinngemäß für die Frage, ob der abrechnende Arzt wenigstens einen Teil der Laborleistung in Person erbringen muss. Die Ansicht der Bundesärztekammer hierzu findet weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematik der GoÄ eine Stütze.
    179

    Der Arzt, der Laborleistungen nach den Abschnitten M III und/oder M IV abrechnet, muss über Laborräumlichkeiten, die erforderlichen Geräte und (wenn er nicht alles selbst erbringt) das Personal zur Bedienung der Geräte verfügen (können). Dass sich mehrere Ärzte Laborräumlichkeiten, Laborgerätschaften und Personal teilen, verbietet die GoÄ nicht. Der abrechnende Arzt muss allerdings – soweit er die Leistungen nicht selbst erbringt – das Abrechnungsmerkmal der eigenen Leistung erfüllen (Aufsicht nach fachlicher Weisung).
    180

    Diese Merkmale sind bei Beauftragung eines Fremdlabors nicht erfüllt. Der Arzt, der ein Fremdlabor beauftragt, verfügt nicht über Laborräumlichkeiten, nicht über die erforderlichen Geräte und nicht über Personal zur Bedienung der Geräte. Damit einem solchen Arzt der Anreiz fehlt, ausufernd Laborleistungen zu beauftragen, um damit ohne eigenen Aufwand Geld zu verdienen, ist die Abrechnungsfiktion in § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ auf die Leistungen nach Abschnitt M II begrenzt worden.
    181

    Das ist hinsichtlich der Abrechnungsbefugnis im Laborbereich der Gehalt der Verordnung; nicht weniger aber auch nicht mehr.
    182

    Es zeigt sich, dass der Regelungsgehalt als solcher durchaus einfach strukturiert ist.
    183

    Man benötigt weder Gutachten noch lange Kommentierungen, um diesen Regelungsgehalt zu verstehen. Es wäre auch kaum vorstellbar, dass der Verordnungsgeber eine Vorschrift über die Abrechnungsbefugnis für das Labor hätte schaffen wollen, die ohne juristischen Beistand nicht mehr im Einzelnen nachzuvollziehen und anzuwenden ist.
    184

    Dies vorangestellt ist auszuführen, dass die Kammer derzeit zu der Bewertung gelangt, dass auch dann, wenn bewiesen wäre, dass der Angeschuldigte bei der einen oder anderen Rechnung nicht zuvor selbst validiert hat, der Charakter der Laborleistung als eigene Leistung des Angeschuldigten nicht verloren ginge.
    185

    Die Aufsicht wäre in dem jeweils betroffenen einzelnen Vorgang zwar nicht (jedesmal) en passant mittels der Validierung wahrgenommen worden. Derartiges ist für die Erfüllung des Merkmals der Aufsicht im Hinblick auf den einzelnen Vorgang aber auch nicht erforderlich, wenn durch Umstände, die außerhalb des jeweiligen einzelnen Vorgangs liegen, die Annahme begründet ist, dass die Aufsicht insgesamt ausreichend ist (und sich somit auch auf den Einzelfall auswirkt, in dem der Angeschuldigte nicht persönlich validiert hat). Auf die Ausführungen unter III. wird Bezug genommen.
    186

    Hinzu kommt, dass auf Bl. 127 ff für einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren 59 verdächtige Logins aufgelistet werden. Im selben Zeitraum sind aber weit mehr als doppelt so viele Rechnungen gestellt worden (siehe Anklage). Das hieße selbst dann, wenn man die 59 Logins zu Lasten des Angeschuldigten als nicht durch ihn vorgenommen ansähe, er in mehr als mindestens 60 oder 70 Fällen zur Validierung im Labor war, was dann dennoch eine hohe Kontrolldichte (Aufsichtsdichte) belegt.
    187

    Der Angeschuldigte hat auch kein Fremdlabor beauftragt. Er ist Mitgesellschafter der Apparategemeinschaft. Damit stehen ihm für seine Leistungen Räume, Geräte und Mitarbeiter so zur Verfügung als ob er alleiniger Gesellschafter wäre. Für die Erbringung der Laborleistungen ist niemand „dazwischengeschaltet“. Die Gebühren „bezahlen“ eben auch das Vorhalten von Räumen, Geräten und Personal. Dass sich mehrere Ärzte aus wirtschaftlichen Gründen für die Tragung der Vorhaltekosten zusammenschließen, schließt die GoÄ gerade nicht aus. Auch bei größeren spezialisierten Laboren, die von mehreren reinen Laborärzten betrieben werden, ist es im Ergebnis nicht anders. Die Zahl der zusammengeschlossenen Ärzte, die bei der Apparategemeinschaft hoch ist, wird durch die GoÄ nicht begrenzt.
    188

    c)In Bezug auf den tatsächlichen Bereich ist auszuführen, dass man bei jeder einzelnen Rechnung bzw. bei jedem einzelnen „verdächtigen“ Login feststellen müsste, dass sich nicht der Angeschuldigte, sondern Dr. Krause zur Validierung der Ergebnisse für die Patienten des Angeschuldigten eingeloggt hat. In einem Verfahren gegen Dr. L. müsste man die umgekehrte Feststellung treffen.
    189

    Wie diese Feststellung getroffen werden sollte bzw. könnte, erschließt sich der Kammer derzeit nicht, so dass nach derzeitiger Beurteilung zum einen die Möglichkeit, dass der Angeschuldigte und der gesondert verfolgte Dr. L. gemeinsam vor Ort waren, zumindest für einen Teil der Logins bestehen bliebe und – soweit man dazu käme, dass sich nur einer von ihnen für beide eingeloggt haben sollte - im Übrigen nicht aufzuklären sein dürfte, welcher von beiden dies war. Das sich damit kein Nachweis zu Lasten des Angeschuldigten führen ließe, bedarf keiner weiteren Erörterung.
    190

    Hinzu kommt, dass es in dem Labor drei Validierungsbildschirme gibt. Man müsste gegebenenfalls abgleichen, wieviele Logins in den hier in Rede stehenden Zeitabschnitten durch andere Ärzte stattgefunden haben (die zu klärende Frage wäre dann, ob entweder der Angeschuldigte oder Dr. L. mit ihren Logins hätten warten müssen) und ob sich der eine von beiden stets ausgeloggt hat, bevor sich der andere einloggte. Die Auslogzeiten sind der Liste nicht zu entnehmen.
    191

    VI.
    192

    Die Staatsanwaltschaft hat vorliegend mehrfach geäußert, dass sich der Angeschuldigte bewusst in eine rechtliche Grauzone begeben habe. Mit Ausnahme der dargestellten Formulierungen in den Ziffern 1. und 3. der Anlage M, die aber auf die Frage der Abrechnungsbefugnis keinen (bzw. – Stichwort „ärztlich“ - zumindest keinen zwingenden) Einfluss haben, bieten weder der Wortlaut der GoÄ noch deren Regelungssystematik insoweit indes eine Grauzone. Das, was die Staatsanwaltschaft mit Grauzone meint, ist letztlich nur durch die verbreiteten (und in der Folge weiterverbreiteten) Ansichten der Bundesärztekammer entstanden, die weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematik der GoÄ eine Stütze finden und die erkennbar (nur) dem Zweck dienen, eine erneute Diskussion um „das Labor“ zu verhindern.
    193

    Diese Ansichten sind in Folge der Weiterverbreitung offenbar zu einer Art „Selbstläufer“ geworden, der vor allem für die Beschäftigung von Juristen gesorgt hat, die unnötig gewesen wäre, wenn man sich hier wie da an dem Verordnungstext und der Regelungssystematik orientiert hätte.
    194

    Wenn man etwas anderes will als insoweit in der GoÄ geregelt ist, muss man die GoÄ insoweit ändern (was aber wegen der damit verbundenen neuen Diskussion um „das Labor“ die Bundesärztekammer gerade nicht möchte).“
    195

    III.
    196

    Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass eine am Wortlaut einer Vorschrift orientierte Auslegung grundsätzlich auch dann nicht falsch, sondern vertretbar ist, wenn sie einer (überwiegend vertretenen) anderen Auslegung nicht entspricht.
    197

    Gerade dann, wenn sich aus der Auslegung einer Vorschrift, die originär nicht zum Bereich des Strafrechts gehört, strafrechtliche Konsequenzen ergeben sollen, ist grundsätzlich Zurückhaltung bei der Qualifizierung geboten, ob ein an einer bestimmten Auslegung orientiertes Verhalten, das (zumindest) dem Wortlaut der Vorschrift nicht zuwiderläuft, dennoch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen soll oder muss.
    198

    Aus den Akten des Ursprungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wuppertal – 85 Js 46/10 – ist insoweit eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. zu erwähnen, die von den dortigen Verteidigern zur Akte gereicht wurde (dort Bl. 642). Aus dem länger zurückliegenden Verfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (33 Js 319/97) ist ein Zitat aus der Einstellungsverfügung angebracht worden. Es heißt dort: „Die Ansichten der Beschuldigten werden jedoch so lange im Strafprozess hinzunehmen sein, wie sie sich nachvollziehbar auf Ansichten von Fachleuten oder Gerichten stützen können. Somit dürfen zivilrechtliche Beurteilungskriterien nicht unbesehen ins Strafrecht übertragen werden. Das hat zur Folge, dass die gebührenrechtliche und die strafrechtliche Bewertung desselben Verhaltens auseinanderfallen können. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist insbesondere nicht geeignet, medizinische oder gebührenrechtliche Zweifelsfragen zu klären.“
    199

    Diese von der Kammer nicht für grundsätzlich falsch erachtete Ansicht spiegelt sich auch in dem Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.04.2015 (1 AR 13/15; Ausdruck auf Bl. 636 ff. der hiesigen Akte) wieder.
    200

    Mit jenem Beschluss hat die Strafkammer die Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung des Verfahrens (es handelte sich dort um die gleiche Materie wie im vorliegenden Verfahren) gemäß § 153a StPO mit der Begründung abgelehnt, dass kein hinreichender Tatverdacht bestehe.
    201

    In dem Beschluss vom 28.08.2015 (1 AR 22/15; Ausdruck auf Bl. 642 ff. der hiesigen Akte) hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf ihre Auffassung wiederholt.
    202

    Auf beide Beschlüsse der 1. großen Strafkammer wird in vollem Umfang Bezug genommen. Dies gilt auch für die dortigen Ausführungen zu einem denkbaren Unterlassungsdelikt, die die Kammer ebenfalls teilt.
    203

    Das Landgericht Köln hat sich in dem (freisprechenden) Urteil vom 11.02.2015 (118 KLs 9/13) unter anderem mit der rechtlichen Problematik im Hinblick auf die Aufsichtspflicht auseinandergesetzt und es – nach einer kurzen Darstellung der dazu vertretenen Auffassungen – für erforderlich erachtet, „dass der abrechnende Arzt während des gesamten Untersuchungsvorgangs entweder im Labor selbst oder in dessen unmittelbarer Nähe anwesend“ sei.
    204

    Es folgen dann Ausführungen (Seite 35 des zitierten Urteils), die sich in erster Linie zu qualitativ-medizinischen Aspekten verhalten (z.B. unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Analysevorgang durch den Arzt).
    205

    Dazu ist auszuführen, dass so etwas bei hochtechnisierten und hochautomatisierten Laboruntersuchungen praktisch nicht vorkommen kann. Ein Eingriff in den Maschinenablauf birgt – sofern er überhaupt möglich ist – gerade die Gefahr einer Ergebnisverfälschung.
    206

    Auf Seite 36 des zitierten Urteils hat das Landgerichts Köln. dies dann auch thematisiert und in Bezug auf „Black-Box-Verfahren“ ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob „die Ausübung der Aufsicht technisch und medizinisch erforderlich und sinnvoll“ sei.
    207

    Bei dem im vorliegenden Verfahren gegebenen M-III-Untersuchungen handelt es sich indes um solche, die dem „Black-Box-Bereich“ zuzuordnen sind. In der Laborgemeinschaft wird nur ein kleiner Teil der in der GOÄ normierten M-III-Untersuchungen durchgeführt und gerade nicht das ganze Spektrum abgedeckt. Bei anderen Laborleistungen mag die Anwesenheit des Arztes unter qualitativ-medizinischen Gesichtspunkten geboten sein, bei den hier in Rede stehenden Laborleistungen ist sie es unter qualitativ-medizinischen Gesichtspunkten nicht.
    208

    Daran zeigt sich allerdings insoweit die Problematik der Neuregelung, die insoweit gerade keine Differenzierung vornimmt.
    209

    Das Landgericht Köln hat ausgeführt, dass die Laborleistung durch die Anwesenheit des Arztes in den Laborräumlichkeiten oder in deren unmittelbarer räumlicher Nähe ein „persönliches Gepräge“ erhalte (was – so versteht die Kammer jenes Urteil – auch für „Black-Box-Verfahren“ gelte).
    210

    Der Kammer fällt es indes schwer, einem „Black-Box-Verfahren“ ohne Weiteres ein persönliches ärztliches Gepräge beizumessen (mit Ausnahme der medizinischen Validierung).
    211

    Das „persönliche Gepräge“ besteht bei „Black-Box-Verfahren“ letztlich in reiner (körperlicher) Anwesenheit im Labor bzw. unmittelbarer (körperlicher) Nähe zum Labor (ganz gleich, was der Arzt dabei tut oder zu tun hat und ganz gleich, ob er überhaupt etwas tut oder tun muss).
    212

    Der Verordnungsgeber mag bzw. wird (angesichts der Intention, dem Arzt, der für Durchführung der Laborleistungen ein Fremdlabor beauftragt, dafür keinen finanziellen Anreiz zu geben) dabei im Blick gehabt haben, dass ein Arzt für Leistungen, die er als eigene abrechnen möchte, grundsätzlich Zeit aufwenden soll, innerhalb derer er nicht anderweitig tätig werden kann.
    213

    Bei „Black-Box-Verfahren“ tendiert aber – wenn geschulte, nichtärztliche Mitarbeiter die Geräte bedienen – die dafür aufgewendete ärztliche Zeit (mit Ausnahme der medizinischen Validierung) gegen Null.
    214

    Das ist gerade auch in einem größeren (reinen) Labor so. Wenn ein größeres Labor von einer höheren Anzahl niedergelassener Mediziner mit der Durchführung von M-III-Leistungen beauftragt wird und neben Untersuchungen, die qualitativ-medizinisch die Anwesenheit des Arztes erfordern, auch in größerer Zahl „Black-Box-Verfahren“ mit einer größeren Anzahl der dafür erforderlichen Geräte durchführt, die von geschultem nichtärztlichen Personal bedient werden, fehlt es bei dem einzelnen „Black-Box-Verfahren“ nicht nur an einem persönlichen ärztlichen Gepräge, der Laborarzt kann dann auch gerade außerhalb der „Black-Box-Verfahren“ zeitgleich andere Laboruntersuchungen durchführen und damit „Geld verdienen“. Die „Überwachung“ der im „Black-Box-Bereich“ tätigen nichtärztlichen Mitarbeiter durch den Arzt steht dann unter gebührenrechtlichen Aspekten letztlich zunächst auch nur „auf dem Papier“.
    215

    Im Vergleich dazu ist der Zeitaufwand für die Vornahme der medizinischen Validierung einer „Black-Box-Untersuchung“ für einen niedergelassenen Arzt, der zum Validieren seine Praxisräume verlassen muss und dann zu den Räumen der Apparategemeinschaft fährt, sogar höher.
    216

    Das Landgericht Köln, dessen Ansicht die Kammer im Ergebnis für ebenfalls vertretbar hält, hat im Übrigen nicht explizit ausgeführt, dass die anderen Auffassungen unvertretbar seien (und sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit dem Wortlaut und der Regelungssystematik der GoÄ auseinandergesetzt, was allerdings angesichts der aus anderen Gründen freisprechenden Entscheidung in dem dortigen Fall auch nicht nötig war).
    217

    Richtig ist, dass die in der Apparategemeinschaft zusammengeschlossenen Ärzte mit den in Rede stehenden „Black-Box-Untersuchungen“ eigene Umsätze und eigene Gewinne generieren, während sie (die Möglichkeit berufsrechtlich untersagter verdeckter Kick-Back-Zahlungen durch ein beauftragtes Labor einmal außer Acht gelassen) bei Beauftragung eines Fremdlabors insoweit „neutral“ agieren würden.
    218

    Allerdings hat der einzelne Arzt der Apparategemeinschaft – anders als bei Beauftragung eines Fremdlabors – auch eigene Kosten für die Apparate und das nicht-ärztliche Personal (die allerdings auf mehrere Schultern verteilt werden, deren Anzahl umso größer ist, je mehr Ärzte Gesellschafter sind). Daneben hat der einzelne Arzt, wenn er die Laborräumlichkeiten zum medizinischen Validieren aufsucht, auch (s.o.) einen nicht unerheblichen zeitlichen Aufwand. Der Arzt der Apparategemeinschaft kauft somit nicht „billig“ durch andere Ärzte erbrachte Laborleistungen ein und stellt diese ohne eigenen Aufwand gehabt zu haben in Rechnung. Er hat einen erhöhten Aufwand im Vergleich zur Beauftragung eines Fremdlabors.
    219

    Die Kammer sieht aus den gesamthaft genannten Gründen keinen Anlass, der weder gegen den Wortlaut noch gegen die Regelungssystematik der GOÄ verstoßenden dargelegten möglichen Auslegung des Merkmals „unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ in Bezug auf die hier in Rede stehenden M-III-Leistungen (die nur einen kleinen Teil der normierten M-III-Leistungen betreffen) die Vertretbarkeit abzusprechen.
    220

    Wenn der Verordnungsgeber die von den Mitgliedern der ärztlichen Apparategemeinschaft gewählte Struktur hätte unterbinden wollen, hätten die diesbezüglich mal mehr, mal weniger intensiv geführten Diskussionen um die Auslegung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ für den Laborbereich gerade angesichts des rasanten technischen Fortschritts ausreichend Anlass für eine Klarstellung in Abschnitt M sein können. Die Einfügung eines (wohlformulierten) Satzes hätte genügt. Geschehen ist das in nunmehr mehr als 19 Jahren nicht. Insbesondere wurde – wie dargelegt - die Regelungssystematik der GoÄ nicht verändert, weshalb§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht für den einen Gebührenbereich auf die eine Weise und für einen anderen Gebührenbereich auf eine andere Weise ausgelegt werden kann. Je patientenferner, je automatisierter und je weniger fehlergeneigt eine gebührenauslösende Aktion ist, desto eher kann diese auf geschultes nichtärztliches Personal delegiert werden und desto weniger bedarf es sowohl gebührenrechtlich als auch qualitativ-medizinisch einer permanenten Aufsicht im Sinne eines permanenten räumlichen Zurverfügungstehens des Arztes.
    221

    Des Weiteren ist auszuführen, dass auch den privaten Versicherern die Diskussion nicht unbekannt geblieben sein dürfte. Erstattet wurden die betroffenen Rechnungspositionen gleichwohl.
    222

    Die Kammer hielte es für rechtlich in erheblicher Weise bedenklich, außerhalb des Strafrechts liegende Rechtsnormen, über deren Auslegung keine einhellige Meinung besteht und bezüglich derer sowohl die eine als auch die andere Meinung mit jeweils sachlichen und nicht offenkundig abwegigen Argumenten als nicht unvertretbar zu qualifizieren ist, über die „Hintertür“ des Strafrechts einer abschließenden Auslegung zuzuführen.
    223

    Die Kammer sieht sich dabei in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft Saarbrücken und der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf (s.o.).
    224

    Im Hinblick auf § 263 StGB fehlt es insoweit aus den dargelegten Gründen auch grundsätzlich an einer Täuschung über Tatsachen (es sei denn, die Täuschung liegt in einem anderen Bereich) durch die – wie hier – anwaltlich (rechtlich) zur Auslegung beratenen Ärzte.
    225

    Eine vertretbare Rechtsansicht ist keine Tatsache i.S.d. Betrugstatbestandes, sondern eine Rechtsansicht. Bei Kenntnis, dass man nicht abrechnen darf, weil man weiß, dass man die Abrechnungsvoraussetzungen mit (tatsächlicher und rechtlicher) Sicherheit nicht erfüllt hat (BGH-Fall, s.o.), vertritt man keine Rechtsansicht, sondern täuscht mit der Rechnungsstellung über die Tatsache, dass man keine Abrechnungsbefugnis hat.
    226

    Ist man der (vertretbaren) Ansicht abrechnen zu dürfen, täuscht man auch nicht über diese Ansicht, sondern tut mit der Rechnungsstellung gerade diese Ansicht kund.
    227

    Des Eingehens auf weitere rechtliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 263 StGB (z.B. zur inneren Tatseite einschließlich der Prüfung eines Verbotsirrtums) bedarf es aus den dargelegten Gründen nicht.
    228

    IV. Besonderheiten des hiesigen Verfahrens
    229

    1.Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass aufgrund von Login-Auffälligkeiten der Verdacht bestehe, dass entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeiten war, um die Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten des gesondert verfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., der dies dann für seine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.
    230

    Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mit Dr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu den Laborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.
    231

    Aus dem Ausgangsverfahren ist der Kammer bekannt, dass dort eine Ärztin die Räume der Apparategemeinschaft aufgesucht hat, um Validierungen für mehrere andere Ärzte vorzunehmen.
    232

    Die Kammer muss an dieser Stelle nicht entscheiden, ob für die dort betroffenen Ärzte deshalb davon auszugehen ist, dass diese (oder einzelne von ihnen) ihre Aufsichtspflicht gezielt in einer Weise vernachlässigt haben, aus der sich dann im Weiteren wegen Nichterfüllung dieses Gebühren-Merkmals auch die Erfüllung des Betrugstatbestandes ergeben könnte.
    233

    Für den hier gegebenen Fall verbleibt es bei den diesbezüglichen Ausführungen in dem Vermerk vom 30.03.2015.
    234

    Die weiteren Ermittlungen haben keine Erkenntnisse erbracht, die im tatsächlichen Bereich den Verdacht der Staatsanwaltschaft für den jeweils konkreten einzelnen Fall als beweisbar erscheinen lassen. Im Übrigen hat die Zeugin C. bekundet, dass der Angeschuldigte und Dr. L. „immer“ oder „fast immer“ gemeinsam mit dem Auto zu den Räumen der Apparategemeinschaft gefahren seien. Die Zeugin N. hat dies sinngemäß weitgehend bestätigt.
    235

    Ein hinreichender Tatverdacht ist somit unter diesem Aspekt auch weiterhin nicht begründet. Es ist nicht ersichtlich, durch welche Umstände der Vortrag des Angeschuldigten zu widerlegen sein könnte.
    236

    2.Mit der Stellungnahme vom 06.05.2015 (Bl. 464 d.A. ff.) hat die Staatsanwaltschaft die gegen den Angeschuldigten erhobenen Betrugsvorwürfe auch darauf gestützt, dass er kein Facharzt sei und deshalb im Laborbereich keine fachlichen Weisungen erteilen könne bzw. dürfe.
    237

    Die Verteidigung hat dazu mit Schriftsatz vom 22.06.2015 (Bl. 520 d.A. ff.) sehr ausführlich argumentativ Stellung genommen.
    238

    Die Kammer kommt in der rechtlichen Bewertung zu denselben Ergebnissen wie die Verteidigung. Aus den von der Verteidigung dargelegten Gründen würde es zumindest an der Feststellbarkeit eines Betrugsvorsatzes fehlen (wenn nicht die Prüfung bereits vorher aus den von der Verteidigung dargelegten Gründen zu beenden wäre).
    239

    Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher an dieser Stelle auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 22.06.2015 Bezug genommen (nicht notwendig allerdings auf jedwede dort getroffene Wort- bzw. Formulierungswahl).
    240

    Ergänzend ist anzuführen, dass kein Fall bekannt ist, in welchem ein Versicherer dem Patienten die Erstattung der in Rechnung gestellten M-III-Leistungen verweigert hat und somit denknotwenig auch kein Fall, in dem ein Versicherer auf eine fehlende ärztliche Qualifikation des Angeschuldigten verwiesen hätte; dies bei einer vieljährigen Tätigkeit des Angeschuldigten, der bereits ausweislich des von ihm verwendeten Briefkopfs kein Facharzt ist.
    241

    Die Bundesärztekammer hat zudem im Jahr 2000 in Bezug auf die Befugnis zur Erteilung fachlicher Weisungen im Laborbereich im Sinne einer Besitzstandswahrung für zuvor im Laborbereich tätige Ärzte die Approbation ausreichen lassen (siehe Bl. 48 d.A.). Sie hat in diesem Zusammenhang zwar erneut ihrer Auffassung Ausdruck verliehen, dass „die Mitgliedschaft in einer Laborgemeinschaft“ nicht ausreiche. Über jenen Punkt bestanden und bestehen aber gerade die dargestellten unterschiedlichen Auffassungen. Es ist für die Kammer auch nicht unmittelbar ersichtlich, inwieweit die Besitzstandswahrung in einem notwendigen oder gar zwingenden Zusammenhang mit dem Merkmal der Eignung zur Erteilung fachlicher Weisungen stehen soll. Auf der Hand liegt aus bereits angesprochenen Gründen lediglich der Wille, insoweit eine Verknüpfung herzustellen. Nähme man den Meinungsstreit aus, bliebe die Besitzstandswahrung, was wiederum zumindest im vorliegenden Fall ein weiteres Argument dafür sein kann, dass es unter dem Aspekt der nicht gegebenen Facharztausbildung an einem Betrugsvorsatz zum Zeitpunkt der Rechnungsstellungen fehlte.
    242

    V.
    243

    Aus den dargelegten Gründen fehlt es an einem hinreichenden Tatverdacht.
    244

    Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen folgt aus § 467 Abs.1 StPO.