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  • · Fachbeitrag · Leserforum

    Zur Abrechenbarkeit von medizinischen Leistungen mithilfe der „Roboterchirurgie“

    | In letzter Zeit erreichten die Redaktion vermehrt Anfragen zur immer öfter eingesetzten „Roboterchirurgie“. Beispielhaft haben wir eine typische Anfrage ausgewählt und sie von unserem Abrechnungsexperten Dr. Bernhard Kleinken beantworten lassen. |

     

    Frage: Um was genau handelt es sich bei der sogenannten Roboterchirurgie und wie sind entsprechende Operationen abrechenbar?

     

    Antwort: Unter dem Begriff „Roboterchirurgie“ sind die in Urologie und Gynäkologie eingesetzten Roboter-assistierten, minimal-invasiven Operationsverfahren gemeint - bekannt unter dem Namen Da-Vinci ® -System. Zur Abrechenbarkeit entsprechender Behandlungen sei vorausgeschickt: Der GOÄ-Spiegel befasst sich nur mit der Abrechnung der ärztlichen Leistungen nach der GOÄ, nicht aber mit Finanzierungsfragen - also zum Beispiel der Frage, welche Zuzahlungen Patienten leisten müssen oder welche Verträge das Krankenhaus abschließen kann.

     

    GOÄ-Systematik zur Berücksichtigung von Kosten

    Mit den Gebühren für die ärztlichen Leistungen sind nach § 4 Abs. 3 GOÄ auch die „Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung [der GOÄ] etwas anderes bestimmt ist.“ Die Regelung differenziert nicht nach der Höhe der Kosten im Einzelfall; diese werden bei der Bewertung (Punktzahl) und dem anwendbarem Steigerungsrahmen (§ 5 GOÄ) berücksichtigt. Als Ausnahme zur Kostenberechnung („soweit nicht [...] etwas anders bestimmt ist“) wäre bei den hier zutreffenden Leistungen an die Regelung des § 10 GOÄ (Ersatz von Auslagen) zu denken.

     

    Danach wäre wenigstens die Berechnung der bei der OP verwendeten Einmalinstrumente möglich. Jedoch ist nach dem BGH-Urteil vom 4. November 2010 (Az. III ZR 323/09, Abruf-Nr. 123005) „eine Anwendung des § 10 GOÄ abzulehnen, soweit einem liquidationsberechtigten Krankenhausarzt Materialien vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden.“ Nun liegt es aber auf der Hand, dass bei der Fassung der GOÄ im Jahre 1983 die hohen Kosten bei Anwendung der „Roboterchirurgie“ überhaupt nicht berücksichtigt werden konnten. Ist deshalb die Abrechnung zusätzlicher Gebührenpositionen - gegebenenfalls analog - erlaubt, um die besonderen Kosten bei Anwendung solch teurer, moderner Technik zu berücksichtigen?

     

    Urteil des BGH vom 21. Januar 2010 beachten

    Mit dieser Frage hatte sich der BGH im Urteil vom 21. Januar 2010 zu befassen (Az. III ZR 147/09, Abruf-Nr. 100554). Dabei ging es um den vergleichbaren Umstand, dass beim Einbau einer Knie-TEP eine teure, computergesteuerte Navigation verwendet wurde, die bei Fassung und Bewertung der Nr. 2153 GOÄ (Knie-TEP) noch nicht bekannt sein konnte. Für die Navigation wurde Nr. 2562 GOÄ (Zielpunktbestimmung bei stereotaktischen Operationen im ZNS) analog berechnet. Zwar bestätigte der BGH die Nicht-Berücksichtigung des mit der Bereitstellung und Handhabung einer solchen Technik verbundenen Aufwandes bei der Bewertung der Nr. 2153 GOÄ; allerdings sah er die Grundvoraussetzung einer selbstständigen Leistung als nicht gegeben an.

     

    Nach Meinung der Richter war das Operationsverfahren nach dem Zielleistungsprinzip der GOÄ nur eine „besondere Ausführung“ der in Nr. 2153 GOÄ beschriebenen Leistung; sie lehnten daher die zusätzliche Abrechnung nach Nr. 2562 GOÄ analog ab. Ausschlaggebend war letztlich, dass der Einsatz der Technik sich erst während der Operation entfalte und „lediglich“ ihrer Optimierung diene. Der BGH folgte damit der Sichtweise der Vorinstanz, derzufolge sich der Arzt „der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen“.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Beweggründe des Urteils lassen darauf schließen, dass sie auf den Einsatz eines Da-Vinci®-Systems übertragbar sind. Somit wird von der Berechnung zusätzlicher GOÄ-Ziffern bei seinem Einsatz abgeraten.

     

    Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

    Aber auch private Kostenträger wissen um Besonderheiten und Kosten der neuen Technik und wollen sich nicht unbedingt auf Diskussionen um die Berechtigung des Ansatzes zusätzlicher Gebührenpositionen einlassen. Meist wird dem Ansatz der Nr. 5733 GOÄ analog (Zuschlag computergesteuerte Analyse, 46,63 Euro) und der Nr. 676 analog (Gastroskopie mittels endogastral anzuwendender Kamera, 3,5-fach, 163,20 Euro) nicht widersprochen.

     

    Völlig GOÄ-konform wäre der Abschluss einer sogenannten „abweichenden Honorarvereinbarung“ nach § 2 GOÄ. Dabei wird das angemessene Honorar erreicht, indem man mit dem Patienten vor der Behandlung zu unzweifelhaft berechenbaren Leistungen (i.d.R. den „Kernziffern“ der Operation) höhere Faktoren als die Höchstsätze der GOÄ vereinbart - also über 3,5-fach hinaus.

     

    Probleme bei korrekter Honorarvereinbarung

    Ein Problem besteht darin, dass selbst bei korrekter Honorarvereinbarung der Patient zwar zahlungspflichtig, nicht unbedingt aber der private Kostenträger auch erstattungspflichtig ist - dies richtet sich nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen bzw. Beihilfeverordnungen. Daher wird dem Patienten geraten, sich bei seinem Kostenträger nach der Erstattung zu erkundigen. Zusätzlich wird dieser Lösungsweg dadurch verkompliziert, dass der Abschluss einer Honorarvereinbarung bei Karzinompatienten - vorsichtig ausgedrückt - „eher ungewöhnlich“ ist.

     

    PRAXISHINWEIS | In manchen Fällen haben Chefärzte mit der PKV „Agreements“ getroffen, dass beim Einsatz der „Roboterchirurgie“ die mittels Honorarvereinbarung erzielten Honorare anstandslos erstattet werden. Dies erfordert jedoch guten Willen auf beiden Seiten und nicht zuletzt die Bereitschaft des Chefarztes, seine Abrechnung gegebenenfalls auch kalkulatorisch zu begründen.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 15 | ID 42756095