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  • · Fachbeitrag · Krankenhausmanagement

    Krankenhaus Rating Report 2013 (Teil 1) - Neue Bundesländer stehen am besten da

    von Dr. Boris Augurzky, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen,

    | 2011 war für deutsche Krankenhäuser wirtschaftlich schwierig. Nach einer spürbaren Verbesserung 2009 und 2010 war die Situation der Kliniken 2011 wieder ähnlich schwierig wie 2008. Nach dem aktuellen „Krankenhaus Rating Report 2013“ des RWI waren 13 Prozent der Häuser erhöht insolvenzgefährdet und damit im „roten Bereich“, 14 Prozent waren leicht gefährdet. Grundlage für die vorliegende Analyse ist eine Stichprobe, die Jahresabschlüsse der Jahre 2010 und 2011 von knapp 1.000 deutschen Krankenhäusern auswertet. Teil 1 der Beitragsserie stellt die Ergebnisse vor, im nächsten Teil wird der Fokus auf erforderliche Maßnahmen gelegt. |

    Personalkosten ein Grund für die prekäre Lage?

    Knapp ein Drittel der Häuser wiesen einen Jahresverlust aus, etwa ein Fünftel einen Verlust in relevanter Größenordnung. Ein Grund für die Verschlechterung der Lage könnte der starke Zuwachs an Personal sein. Zwar stiegen die Erlöse durchaus in einer Größenordnung, die Lohnsteigerungen gut hätten auffangen können. Gleichzeitig nahm aber die Zahl der Vollkräfte im Krankenhaus um 1,7 Prozent zu. 2011 sanken zudem erneut Fördermittel nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) um 5,5 Prozent auf 2,67 Milliarden Euro. Der geförderte Anteil am gesamten Anlagevermögen sank von 60 Prozent im Jahr 2008 auf 56 Prozent in 2011. Geht man von einem jährlichen Investitionsbedarf von 10 Prozent des Krankenhausumsatzes aus, belief sich die seit 1991 kumulierte Investitionslücke auf 34 Milliarden Euro. Zieht man die aus Eigenmitteln getätigten Investitionen hiervon ab, betrug der sogenannte Investitionsstau immerhin 15 Milliarden Euro.

    Ostdeutschland mit den besten Zahlen

    Das nachfolgende Schaubild zeigt die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser nach Bundesländern: Oben in der Säule wird der „grüne“, in der Mitte der „gelbe“ und unten der „rote Bereich“ dargestellt. 

     

    Wie das vorangehende Schaubild zeigt, war die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in den ostdeutschen Bundesländern weiterhin am besten, gefolgt von Rheinland-Pfalz/Saarland und Nordrhein-Westfalen. Am meisten mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten die Häuser in Baden-Württemberg, Niedersachsen/Bremen sowie Schleswig-Holstein/Hamburg.

    Rating der Kliniken im Vergleich der Trägerschaft

    Das durchschnittliche Rating der öffentlich-rechtlichen Krankenhäuser fiel schlechter aus als das der freigemeinnützigen und dieses wiederum schlechter als das der privaten: 2011 wiesen 21 Prozent der öffentlich-rechtlichen Kliniken eine erhöhte Insolvenzgefahr auf, während es bei freigemeinnützigen 14 Prozent und bei privaten nur 2 Prozent waren. Eine Ausnahme bilden ostdeutsche öffentlich-rechtliche Kliniken mit nur 8 Prozent.

     

    Bei den freigemeinnützigen Krankenhäusern schnitten 2011 erneut die katholischen besser ab als die evangelischen. Allerdings erfuhren viele freigemeinnützige Häuser eine überproportional starke Verschlechterung ihrer Situation. Auch kleine Häuser und Kliniken in Westdeutschland waren vom negativen Trend stärker als andere betroffen.

    Grundversorger mit Schwierigkeiten

    Krankenhäuser der Grundversorgung wiesen 2011 größere wirtschaftliche Schwierigkeiten auf als Spezialkliniken oder Großversorger. Dies gilt für ländliche wie städtische Regionen gleichermaßen. Am besten schnitten die ländlichen Spezialisten ab, die entgegen dem Trend ihre Lage sogar verbessern konnten. Eine sichtbare Verschlechterung ist dagegen bei den städtischen Grundversorgern zu verzeichnen.

     

    Ergebnisse der Vorjahre konnten darüber hinaus bestätigt werden - zum Beispiel war ein hoher Spezialisierungsgrad wirtschaftlich vorteilhaft. Dies galt für alle Größenklassen, insbesondere aber für kleine Häuser. Rein psychiatrische Kliniken befanden sich in einer signifikant besseren wirtschaftlichen Lage als andere Krankenhäuser.

    Wirtschaftliche Kliniken mit höherer Behandlungsqualität

    Wirtschaftlichkeit, Qualität und Patientenzufriedenheit gingen wie in den Vorjahren Hand in Hand. Überdies erhärtete sich der bereits 2010 beobachtete positive Zusammenhang zwischen guten Managementstrukturen und dem Rating der Krankenhäuser. Neu war jedoch die Erkenntnis, dass wirtschaftlich starke Landkreise oder Kommunen ökonomisch schwache öffentlich-rechtliche Krankenhäuser besitzen. Dieser Zusammenhang war stark ausgeprägt. Für die anderen Trägerschaften gab es dagegen keinen solchen Zusammenhang. Offenbar unterstützen relativ wohlhabende öffentliche Träger ihre klammen Krankenhäuser und verhindern dadurch nötige Betriebsanpassungen. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Situation besonders in den süddeutschen Ländern mit einem hohen Einkommensniveau und vielen kommunalen Krankenhäusern sehr angespannt war.

     

    8 Prozent der Krankenhäuser sterben bis 2020

    Durch die von der Politik angekündigten Maßnahmen zur Unterstützung der Krankenhäuser in Höhe von 1,1 Milliarden Euro wird sich die Lage 2013 und 2014 stabilisieren, ohne Gegenmaßnahmen ab 2015 aber wieder etwas verschlechtern. Bis 2020 könnten dann 19 Prozent der Kliniken eine erhöhte Insolvenzgefahr aufweisen. Bei einem jährlichen Produktivitätsfortschritt von 0,25 Prozent würde sich die Lage demgegenüber etwas entspannen. Aber auch dann werden nicht alle Krankenhäuser überleben. Bis 2020 dürften etwa 8 Prozent aus dem Markt ausscheiden.

     

    Erhebungen des RWI haben ergeben, dass die Marktkonsolidierung bereits in nennenswertem Umfang im Gange ist. Im Jahr 1995 gab es noch rund 1.600 Träger, 2011 nur noch 1.121. Gleichzeitig ging der Anteil der „Solisten“ von 55 auf 39 Prozent zurück. Mittlerweile gehören mehr als 60 Prozent der Krankenhäuser zu einem Träger mit mindestens zwei Krankenhäusern, wie die nachfolgende Grafik zeigt.

     

     

    Zwischen 2000 und 2011 war bei insgesamt 765 Krankenhäusern ein Trägerwechsel zu verzeichnen, davon die meisten innerhalb der gleichen Trägerart. 17 Prozent gingen von öffentlich-rechtlich zu privat und 8 Prozent von freigemeinnützig zu privat. Die Intensität der Trägerwechsel ließ gegen Ende des vergangenen Jahrzehnts allerdings spürbar nach. Auch die Zahl der Privatisierungen nahm deutlich ab.

    Bettenzahl blieb konstant bei rund 500.000

    Die Krankenhauskapazitäten haben sich 2011 gegenüber dem Vorjahr nur wenig verändert. Die Zahl der Betten blieb nahezu unverändert bei 502.000. Die Zahl der Krankenhäuser (bzw. Institutskennziffern) verringerte sich um 1 Prozent auf 2.045. Der Marktanteil

     

      • privater Krankenhäuser stieg leicht von 15,9 auf 16,3 Prozent,
      • öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser sank von 49,7 auf 49,3 Prozent,
      • freigemeinnütziger Krankenhäuser blieb konstant bei 34,4 Prozent.

     

    Die Verweildauer sank im Schnitt auf 7,7 Tage, die Bettenauslastung blieb unverändert bei rund 77 Prozent. Die Ausgaben für Krankenhäuser betrugen 2011 etwa 77 Milliarden Euro. Sie waren zwischen 2005 und 2011 um 24 Prozent und damit geringer gestiegen als die Ausgaben für Arztpraxen (27 Prozent) oder für ambulante und stationäre Pflege (30 Prozent). Die Krankenhauskosten je Einwohner fielen 2011 mit rund 780 Euro in Baden-Württemberg am niedrigsten und mit 1.060 Euro im Saarland am höchsten aus.

    Fallzahlen und Casemix gestiegen

    Zwischen 2005 und 2011 nahmen stationäre Fälle um 11 Prozent zu, der Casemix um 22, das Preisniveau um 6 und die DRG-Erlöse damit um 29 Prozent. Bedingt durch die demografische Entwicklung werden bis 2020 etwa 5 Prozent mehr Fälle als 2011 erwartet. Schreibt man die vergangenen Trends der Prävalenzraten fort, würde die Fallzahl bis 2020 um 15 Prozent zunehmen, unter Berücksichtigung des ambulanten Potenzials um 11 Prozent.

    Finanzspritzen werden nicht ausreichen

    Die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen stabilisieren zunächst die Lage. Sie werden aber nicht ausreichen, die Krankenhausversorgung in ihrer derzeitigen Struktur dauerhaft aufrechtzuerhalten. Aus Gründen der Versorgungssicherheit ist dies meist aber auch nicht nötig. Vielmehr bietet die großzügige Versorgungsdichte in Deutschland ideale Voraussetzungen für eine Bündelung knapper Ressourcen auf weniger, aber größere Leistungserbringer. Dies wäre effizienter als die Verteilung auf viele kleine Häuser - vor allem in Bundesländern mit prekärer wirtschaftlicher Lage ihrer Kliniken.

     

    Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung wäre dabei fast nie in Gefahr. Die medizinische Qualität dürfte sich dadurch sogar erhöhen. Best-practice- Beispiele innerhalb Deutschlands gibt es dazu viele. Vorteilhaft sind vor allem Spezialisierung und Größe sowie unternehmerische Freiheit, wirtschaftliche Eigenverantwortlichkeit und Freiheit von lokalpolitischen Einflussnahmen, ebenso Patientenzufriedenheit und effiziente Managementstrukturen.

    Umstrukturierung der Notfallversorgung wünschenswert

    Wegen des demografischen Wandels müsste auch die Notfallversorgung deutlich effizienter gestaltet werden - vor allem auf dem Land. Für eine hochqualitative Notfallversorgung sind dann zwar mehr Mittel nötig, um die ärztliche und pflegerische Kompetenz sowie die Vergütungssituation zu verbessern. Andererseits sollte die kostentreibende Dreigliedrigkeit der Notfallversorgung überwunden, die Versorgung in Klinik-Notaufnahmen zentralisiert und die Ausbildung zur Notfallmedizin verbessert werden. Gerade auf dem Land sollte eine sparsamere Infrastruktur etabliert werden, die sich nicht immer in der Vorhaltung stationärer Kapazitäten äußern muss.

     

    Weiterführender Hinweis

    • In Teil 2 lesen Sie, welche konkreten Maßnahmen zur Änderung der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser das RWI vorschlägt.

    Blick in die Redaktion: Dr. Lars Schäfer stellt die aktuelle Ausgabe vor:

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 1 | ID 40077180