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  • 01.06.2003 | Steuern

    Neues Urteil des Finanzgerichts sorgt für Unruhe: Gibt es nun Steuernachzahlungen für Operationen?

    von Rechtsanwältin Dr. Ingeborg Koutses, Sozietät Dr. Rehborn, Dortmund

    Ein Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 12. November 2002 (Az: 7 K 7264/02) sorgt für Aufruhr: Darin wird die Umsatzsteuerpflicht für medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen bestätigt. Müssen im Bereich der Ästhetik tätige Chefärzte jetzt mit Umsatzsteuernachzahlungen rechnen?

    Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einem Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie unterwarf der Prüfer die Umsätze aus Schönheitsoperationen der Umsatzsteuer und verlangte eine hohe Steuernachzahlung. Zu Recht, wie die Richter des FG Berlin entschieden. Sie sind der Ansicht, dass Leistungen eines Arztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die kosmetische Operationen betreffen, umsatzsteuerpflichtig sind - und zwar bereits vor dem 1. Januar 2003.

    Das Gericht hat sich dabei auf die Umsatzsteuerrichtlinie Nr.  88 zu §  4 Nr.  14 UStG berufen, nach der zu den steuerbefreiten Leistungen nur die Ausübung der Heilkunde - also Maßnahmen zur Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen - zählen. Leistungen, die keinem therapeutischen Ziel dienen, sind umsatzsteuerpflichtig. Der Arzt hatte nach dem Urteil Umsatzsteuer in Höhe von 71.135 Euro nachzuzahlen, und zwar für Leistungen seit 1996. Dieses Verfahren liegt derzeit dem Bundesfinanzhof vor (Az: V B 266/02).

    Das galt bisher bei den Chefärzten

    Grundsätzlich sind die Leistungen der Ärzte nach §  4 Nr.  14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Chefärzte mussten, soweit sie im Rahmen ihres Chefarztvertrages zur eigenen Liquidation gegenüber Privatpatienten berechtigt waren, auf diese Honorare keine Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen. Auch in ihren Rechnungen gegenüber Privatpatienten mussten sie keine Umsatzsteuer ausweisen. Diese Regelung hat durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. September 2000 (Az: C 141/00) eine Einschränkung erfahren:

    Die EuGH-Richter kamen hier zum Ergebnis, dass nur die Eingriffe im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei sind, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen durchgeführt werden. Spätestens damit steht fest, dass für die Frage, welche ärztliche Leistungen umsatzsteuerbefreit sind und welche der Umsatzsteuer unterliegen, folgende andere Frage entscheidend ist: Dienen die Leistungen der medizinischen Betreuung von Personen dem Zwecke der Diagnose und der Behandlung von Krankheiten bzw. anderen Gesundheitsstörungen oder nicht?

    Welche Leistungen sind nun genau umsatzsteuerpflichti

    Im Umkehrschluss bedeutet das: Alle ärztlichen Behandlungen, die nicht der Gesundheitserhaltung dienen, unterliegen der Umsatzsteuer. Dies gilt nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen (Schönheitsoperationen) - wie zum Beispiel Fettabsaugung, Facelifting, Brustvergrößerung oder -verkleinerung. Es gilt per Definitionen aber auch für Anti-Aging-Behandlungen und dermatologische Behandlungen zur Faltenglättung sowie aus ästhetischen Gründen durchgeführte Behandlungen durch Zahnärzte - zum Beispiel beim Bleaching, dem Aufhellen von Zähnen. Es ist auszudehnen auf alle ärztlichen Leistungen, die lediglich das Wohlbefinden verbessern, nicht aber unmittelbar ein Krankheitserscheinungsbild lindern. Die Abgrenzung wird fließend sein. Die Kostenübernahme der Behandlung durch die Krankenkassen ist lediglich ein Indiz für das therapeutische Ziel, nicht aber ein sicheres Kriterium.

    Der Chefarzt muss beweisen, dass die ärztliche Leistung zum Zwecke der Heilung einer Gesundheitsstörung dient