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  • 01.08.2006 | Sachverständigengutachten, Teil 2

    Der Chefarzt als ärztlicher Sachverständiger im Haftpflichtprozess

    von Rechtsanwälten und Fachanwälten für Medizinrecht Ajang Tadayon, Potsdam, und Dr. Tilman Clausen, Hannover

    Im ersten Teil („Chefärzte Brief“ Nr. 7/2006) ging es um die Frage, welche prozessualen Regeln gelten, wenn der Chefarzt als ärztlicher Sachverständiger im Honorarprozess tätig wird. Nachfolgend erfahren Sie, worauf Sie achten sollten, wenn Sie vom Gericht als Sachverständiger zu einem Haftpflichtprozess hinzugezogen werden.  

    Die Auswahl des Sachverständigen

    Nach den prozessualen Regeln hat das Gericht einen Sachverständigen aus dem betreffenden medizinischen Fachgebiet des beklagten Arztes auszuwählen. Auch der Sachverständige selbst ist nach Eingang seines Auftrages verpflichtet, zu prüfen, ob er für dessen Erledigung die erforderliche Fachkunde und eigene Erfahrungen besitzt. Hält er diese nicht für gegeben, so ist er nicht berechtigt, den Auftrag ganz oder teilweise auf einen anderen zu übertragen. Vielmehr sollte er das beauftragende Gericht informieren und es diesem überlassen, gegebenenfalls einen anderen oder einen weiteren Ergänzungsgutachter zu bestellen.  

     

    Auch wenn der Sachverständige sich nur der Mitarbeit eines Kollegen bedient, muss er dieses dem Gericht gegenüber angeben und vorab mitteilen, welchen Umfang die Mitarbeit einnehmen soll. Dies ist dann nicht notwendig, wenn es sich lediglich um Hilfsdienste von sehr untergeordneter Bedeutung handelt.  

     

    Praxistipp

    Die oft in der Praxis anzutreffende Vorgehensweise, nach der der beauftragte Leiter einer großen Klinik das Gutachten tatsächlich nicht persönlich erstellt und lediglich links unterzeichnend vermerkt, mit dem Inhalt des Gutachtens einverstanden zu sein, dürfte auch dem Gebot zur persönlichen Gutachtenerstattung widersprechen.  

     

    In diesen Fällen ist es ratsam, dass der vom Gericht in Unkenntnis der Überlastung beauftragte Chefarzt einen seiner nachgeordneten – von ihm als kompetent eingeschätzten – Kollegen dem Gericht als Sachverständigen empfiehlt. Die prozessuale Erfahrung zeigt, dass die Arzthaftungskammern vieler Landgerichte für eine solche offene Anregung dankbar sind, da hiermit oft auch dem Interesse der Prozessparteien an einem möglichst schnellen Verfahren eher Rechnung getragen werden kann.  

    Die Hauptpflichten des Sachverständigen

    Erste Hauptpflicht eines jeden Sachverständigen ist die Pflicht zur absoluten Objektivität und Neutralität. Diese – eigentlich selbstverständliche – Maxime wird manchmal in der Praxis, insbesondere bei der Frage der Unbefangenheit, ungewollt verkannt.