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  • 04.03.2009 | Mitarbeitermanagement

    Verhaltensregeln für Gespräche mit Patienten und Mitarbeitern

    von Cornelia Harms-Schulze, CHS Personaltraining & -beratung, Bremen

    In den beiden letzten Ausgaben des „Chefärzte Brief“ ging es um die Gesprächssituationen bei der Einstellung und in Konfliktsituationen. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit den Verhaltensmöglichkeiten eines Chefarztes bei Gesprächen mit Patienten und ärztlichen Mitarbeitern.  

    Einführung

    Die Menschen fokussieren das, was ihrer momentanen emotionalen Gefühlslage am meisten entgegenkommt. Aufgrund dieses Ausschnitts bewerten sie die Situation und entscheiden, wie sie sich verhalten wollen. Meist sind sie der Ansicht, über alle relevanten Informationen zu verfügen.  

     

    Beispiel 1 - Vier-Augen-Gespräch mit der Patientin

    Sie sind Chefarzt einer chirurgischen Abteilung. Sie haben diese Stelle neu angetreten und wollen mit einer Ihrer Patientinnen ein Gespräch über den weiteren Behandlungsverlauf führen. Als Sie das Zimmer betreten, finden Sie die Tochter Ihrer Patientin neben dem Bett sitzend vor. Ihr Verhältnis zur Tochter ist nicht das Beste. Sie waren in der Vergangenheit mehrmals unterschiedlicher Meinung über die Behandlung der Mutter. Sie fühlen sich von der Tochter nicht in Ihrer Rolle als behandelnder Chefarzt akzeptiert. Gleichzeitig haben Sie das Gefühl, dass die Tochter die Mutter bevormundet.  

     

    Da Sie mit der Mutter allein sprechen wollen, bitten Sie die Tochter, aus dem Zimmer zu gehen. Dieses befolgt sie auch. Doch nach einer Minute ist sie wieder im Zimmer und sagt Ihnen, sie wolle dabei sein. Daraufhin entgegnen Sie, dass sie trotzdem bitte das Zimmer verlassen soll. Es entsteht ein kurzer Wortwechsel. Sie setzen sich dabei durch und bestehen nochmals deutlich und streng darauf, dass die Tochter das Zimmer verlässt. Was sie dann auch widerwillig macht. Eine Woche danach werden Sie zur Geschäftsführung gebeten. Die Tochter hat einen langen Beschwerdebrief geschrieben.  

    Wenn man die Situation genauer betrachtet, stellen sich folgende Fragen: Warum haben Sie so reagiert? Hätte es noch andere Verhaltensmöglichkeiten gegeben? Und wenn ja, warum sind Sie diesen nicht gefolgt? Außerdem bleibt zu prüfen, ob Ihr Verhalten zielführend war bzw. welchem Ziel es gedient hat. Was hat Ihre Wahrnehmung bestimmt und warum? Hat Ihre Einschätzung, dass die Tochter Sie als behandelnder Chefarzt nicht besonders akzeptiert, Ihre Emotionen in der Situation bestimmt und Sie deshalb so reagieren lassen? Oder war es eher der Wunsch, mit der Mutter allein reden zu wollen, weil die Tochter Sie nach Ihrer Beobachtung bevormundet und die Behandlung unnötig verzögert?  

     

    Nehmen wir an, Sie haben Schwierigkeiten, sich in Ihrer neuen Rolle zurechtzufinden, und unterstellen der Tochter gleichzeitig, sie wolle nur im Zimmer bleiben, um Sie zu kontrollieren, weil sie Ihnen nicht vertraut. Ihr Eindruck, dass Sie von der Tochter nicht akzeptiert werden, beeinflusst Ihre Wahrnehmung. Ihr Eindruck wird zur Unterstellung und schließlich zum Impuls für Ihr Verhalten. Dann ist es wahrscheinlich, dass Sie mit Ihrem Verhalten der Tochter beweisen wollten, wer hier der Chef ist. Sie haben also Ihren Schwerpunkt auf die Beziehungsebene und nicht auf die Sachebene gelegt. Denn auf dieser Ebene - nämlich der Sache nach - war doch Ihr eigentliches Ziel, den Behandlungsverlauf mit der Mutter zu besprechen.