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  • 01.12.2004 | Krankenhausfinanzierung

    Der Praxisfall: Wer muss die präoperative Diagnostik von Patienten finanzieren?

    Stellen Sie sich folgende Situation vor: Chefarztkonferenz am Dienstagabend. Chefarzt Dr. M. und seine Kollegen sind müde und wollen möglichst schnell nach Hause. Doch der Geschäftsführer hat noch ein Anliegen: Da im Rahmen der DRG-Einführung eine Verkürzung der Liegezeiten äußerst wünschenswert ist, soll die präoperative Vorbereitung der Patienten bei kleineren und mittleren Eingriffen möglichst durch die einweisenden Ärzte geschehen. Auf diese Weise erhofft er sich eine Senkung der präoperativen Verweildauer. Bei der Vorstellung in der Krankenhausambulanz sollen die Patienten eine Checkliste erhalten, mit der sie sich dann erneut bei ihrem Hausarzt vorstellen. Zur Aufnahme bringen die Patienten nach den Vorstellungen des Geschäftsführers dann die gewünschten Befunde mit.

    Der Geschäftsführer hat auch schon einen Text vorbereitet:

    "Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

    im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Eingriff benötigen wir über den oben genannten Patienten noch zusätzliche Informationen. Wir dürfen Sie daher sehr herzlich bitten, uns die Ergebnisse der unten angekreuzten Untersuchungen durch Zusendung dieses Bogens sowie gegebenenfalls gesonderter schriftlicher Befunde mitzuteilen. Bitte geben Sie Ihre persönliche Einschätzung der Operationsfähigkeit unter Berücksichtigung eventueller Fremdbefunde ab. Beachten Sie, dass chronische Erkrankungen wie Hypertonus, Herzinsuffizienz, Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörungen etc. präoperativ unbedingt ausreichend eingestellt sein müssen."

    Darunter steht in Form einer Liste eine Aufzählung typischer Laborparameter zum Ankreuzen.

    Zwei Wochen später nimmt der Geschäftsführer Dr. M. still beiseite. Er habe inzwischen von drei niedergelassenen Kollegen Rechnungen über Laborleistungen erhalten. So sei die Angelegenheit mit dem Schreiben zur präoperativen Vorbereitung natürlich nicht gedacht gewesen. Er bittet nun Dr. M., ein Gespräch mit den betreffenden Ärzten zu führen, dass sie die gewünschten Leistungen zu Lasten des eigenen - ambulanten - Budgets erbringen sollten, und nicht zu Lasten des Krankenhauses. In einem kollegialen Gespräch würde er sicherlich den richtigen Ton treffen, um die betreffenden Ärzte - verlässliche Einweiser in das Krankenhaus - nicht zu verärgern. Dr. M. seinerseits ärgert sich über das Ansinnen des Geschäftsführers und fragt sich inzwischen, ob die Forderungen der niedergelassenen Kollegen nicht sogar berechtigt sind.

    Eine fiktive Geschichte? Keinesfalls. Nach einer Veröffentlichung der KV Berlin sind Fälle bekannt, in denen Klinikärzte von ihren Geschäftsführern unter Druck gesetzt wurden, in ihrem Zuständigkeitsbereich anfallende Untersuchungen in den Bereich niedergelassener Ärzte und damit in deren Budget zu verlagern. Die KV zitiert aus einem Schreiben eines Arztes der Charité an einen niedergelassenen Kollegen, der einen Patienten in eine Medizinische Poliklinik der Charité eingewiesen hatte:

    "Aus abrechnungstechnischen Gründen ist es den Ambulanzen der Klinik untersagt, präoperative Untersuchungen zu rezeptieren. Jedwede Untersuchung geht zu Lasten der stationären Kostenstellen und wird daher mit einem Dienstverweis und persönlichen Regress geahndet". Der Verwaltungschef der Charité hat die Existenz einer derartigen Anweisung auf Nachfrage bestritten.