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  • 06.09.2010 | Arbeitsrecht

    BAG: Chefarzt ist kein leitender Angestellter nach Betriebsverfassungsrecht

    von RA FA MedR Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Sind Chefärzte „leitende Angestellte“ im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)? Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 5. Mai 2010 (Az: 7 ABR 97/ 08, Abruf-Nr. 102507 unter www.iww.de) verneint. Zugleich betont das BAG aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt.  

    Bedeutung der Rechtsfrage

    Die Antwort auf die Frage, ob Chefärzte „leitende Angestellte“ im Sinne des BetrVG sind, spielt bei der betrieblichen Mitbestimmung eine gewichtige Rolle: So steht Chefärzten, die leitende Angestellte im Sinne des BetrVG sind, aufgrund ihrer Nähe zum „Lager des Arbeitgebers“ bei Betriebsratswahlen kein Wahlrecht zu. Auch braucht der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Entlassung eines leitenden Angestellten nicht anzuhören.  

    Der Fall

    Die Entscheidung betraf ein Krankenhaus, in dem etwa 80 Ärzte und 600 weitere Mitarbeiter beschäftigt sind. Dr. A ist Chefarzt der im Jahr 2004 eingerichteten geriatrischen Abteilung nebst Tagesklinik. Seine Abteilung erwirtschaftete im Jahr 2007 etwa zwölf Prozent der Erlöse aus Krankenbehandlung. Neben Dr. A sind in der Abteilung noch zwei Oberärzte und fünf Assistenzärzte sowie im Pflegebereich 26,5 Vollzeitkräfte tätig. Im Arbeitsvertrag wird Dr. A als „leitender Angestellter“ bezeichnet. Ferner findet sich eine Klausel, wonach der Umfang seiner Leistungen durch Leistungsspektrum und Jahresbudget des Dienstgebers begrenzt wird, die beide zu Jahresanfang im Medizinischen Zielplan gemeinsam abgestimmt werden. Das Letztentscheidungsrecht oblag indes dem Arbeitgeber. Weiter sah der Arbeitsvertrag die Möglichkeit vor, Dr. A ein Teilbudget anzuvertrauen, dessen Verwendung er allein bestimmen könne.  

     

    Während das Krankenhaus der Ansicht war, Dr. A sei leitender Angestellter im Sinne des BetrVG, beantragte der Betriebsrat eine gegenteilige arbeitsgerichtliche Feststellung.  

    Die Entscheidung des BAG

    Das BAG stufte den Chefarzt nicht als leitenden Angestellten ein und entschied somit im Sinne des Betriebsrats. Leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG sei, wer nach seinem Arbeitsvertrag und seiner Stellung im Betrieb oder Unternehmen regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung eines Betriebs bzw. eines Unternehmens von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Er müsse der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen sein und betriebsleitende Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen selbst treffen oder maßgeblich vorbereiten. Ausdruck einer solchen Stellung könnten etwa die selbstständige Verwaltung eines nicht ganz unerheblichen Budgets oder die zwingende Mitsprache bei Investitionsentscheidungen sein. Diesen Anforderungen genüge Dr. A jedoch nicht.