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  • 05.01.2010 | Aktuelle Rechtsprechung

    Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler durch unterlassene Befunderhebung

    von RA und FA für Medizinrecht Sören Kleinke, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Dass ein grober Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führt und somit dann der behandelnde Arzt nachweisen muss, dass dieser nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden ist, ist durch langjährige Rechtsprechung zementiert. Auch dass das Unterlassen einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellen kann, ist nichts Neues.  

     

    Bemerkenswert ist aber, dass der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 24. November 2009 (Az: VI ZR 251/08; Abruf- Nr. 093669 unter www.iww.de) entschieden hat: Das Unterlassen der gebotenen Therapie im Falle einer Nichterhebung medizinisch gebotener Befunde führt nicht in jedem Fall zur Annahme eines groben Behandlungsfehlers mit der Folge der Beweislastumkehr.  

    Der Fall

    Der Arzt hatte eine Bypass-Operation am Herzen durchgeführt. Kurz nach dem Eingriff traten Sehstörungen auf. Es erfolgte aber keine sofortige augenärztliche Untersuchung, sondern der diensthabende Arzt konsultierte lediglich telefonisch einen auswärtigen Augenarzt, auf dessen Empfehlung am selben Tag eine neurologische computertomographische Untersuchung des Schädels (Nativ-CCT) durchgeführt wurde. Diese ergab keinen reaktionspflichtigen Befund, auch keinen Hinweis auf einen Infarkt. Auf Empfehlung des untersuchenden Neurologen wurde die Medikation ASS verdoppelt.  

     

    Am nächsten Tag verschlimmerten sich die Sehstörungen. Der diensthabende Arzt wandte sich telefonisch an einen anderen auswärtigen Augenarzt, für den sich keine diagnostischen oder therapeutischen Konsequenzen ergaben. Die am Vortag erfolgte Erhöhung der ASS-Dosis wurde nicht beibehalten. Nach einer weiteren Verschlechterung erfolgten fünf Tage später eine augenärztliche und eine weitere neurologische Untersuchung in einem anderen Krankenhaus. Danach wurde die Diagnose einer toxischallergischen Optikusneuropathie als mögliche Spätreaktion auf eine Kontrastmittelbelastung gestellt.