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  • · Fachbeitrag · Vollmacht

    Vorlage einer außergerichtlichen (Verteidiger-)Vollmacht?

    Ob eine Verteidigervollmacht besteht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die Bevollmächtigung bedarf dabei keiner bestimmten Formulierung. Unabhängig davon, ob die Formulierung „Verteidigung“ im Einzelfall gebraucht wird, ist aus den äußeren Umständen, insbesondere aus den Willensbekundungen, den Betroffenen zu vertreten, zu beurteilen, ob ein Verteidigerverhältnis vorliegt (KG 17.10.11, 3 Ws (B) 144/11 - 2 Ss 68/11, Abruf-Nr. 120039).

    Sachverhalt

    Der Betroffene ist durch amtsgerichtliches Urteil wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden. Er hat Rechtsbeschwerde eingelegt und Verfolgungsverjährung geltend gemacht. Nach seiner Auffassung ist nämlich die Verjährung nicht durch die Zustellung des Bußgeldbescheids an seinen Rechtsanwalt unterbrochen worden. Dieser habe sich unter Vorlage einer auf ihn lautenden Vollmacht für die „ Mandantschaft: B.“ unter Angabe des Aktenzeichens des bei der Verwaltungsbehörde gegen den Betroffenen geführten Bußgeldverfahrens gemeldet und um Akteneinsicht gebeten. Aus der beigefügten „Außergerichtlichen Vollmacht“ habe sich (nur) ergeben, dass dem Rechtsanwalt unter Angabe des Aktenzeichens der Bußgeldsache „in der Angelegenheit gegen B.“ Vollmacht zur außergerichtlichen Vertretung erteilt wird. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Bevollmächtigte für die Zustellung von Bußgeldbescheiden im Original ausdrücklich nicht ermächtigt sei. Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das KG ist von einer wirksamen Zustellung des Bußgeldbescheids ausgegangen. Es hat das Vorliegen eines Verteidigungsverhältnisses und einer Verteidigervollmacht bejaht. Ob eine Verteidigervollmacht besteht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die Bevollmächtigung bedarf dabei keiner bestimmten Formulierung. Unabhängig davon, ob die Formulierung „Verteidigung“ im Einzelfall gebraucht werde, ist aus den äußeren Umständen, insbesondere aus den Willensbekundungen, den Betroffenen zu vertreten, zu beurteilen, ob ein Verteidigerverhältnis vorliegt. Deshalb ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob aus der Gesamtheit der erkennbaren Umstände auf das Vorliegen einer Verteidigervollmacht geschlossen werden könne. Aus dem Wortlaut der Vollmacht ergibt sich hier, dass diese nicht nur auf die in dem begleitenden Schriftsatz allein ausdrücklich beantragte Akteneinsicht beschränkt war, sondern den Rechtsanwalt umfassend zur Vertretung des Betroffenen in der bezeichneten Angelegenheit, nämlich dem unter dem angegebenen Aktenzeichen gegen den Betroffenen anhängigen Bußgeldverfahren, bevollmächtigte. Ferner sind über den Wortlaut der eingereichten Vollmacht hinaus bei der Frage, ob ein Verteidigungsverhältnis vorliegt, auch die Gesamtumstände des Auftretens eines Rechtsanwalts für den Betroffenen zu berücksichtigen. Anhaltspunkte dafür, dass er andere Interessen des Betroffenen als gerade dessen Verteidigung wahrnehmen sollte und wollte, seien nicht ersichtlich.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung führt die Rechtsprechung der OLG zur sog. Verjährungsfalle fort (vgl. dazu in der Vergangenheit OLG Düsseldorf VRS 114, 460; OLG Karlsruhe VA 08, 179; OLG Zweibrücken VA 08, 179). Diese bzw. deren Aufbau wird als unzulässig angesehen. Zudem stellen die OLG bei der Frage, ob der Betroffene seinem Rechtsanwalt eine zu Zustellungen legitimierende Vollmacht i.S. des § 51 Abs. 3 OWiG erteilt hat, auf sämtliche sich aus der Akte ergebende Umstände ab, die den Rechtsanwalt als Verteidiger erscheinen lassen. Das bedeutet: Es ist alles zu vermeiden, was auf ein „Verteidigungsverhältnis“ schließen lässt. Am besten ist es, wenn eine Vollmacht überhaupt nicht vorgelegt wird. Dass der Verteidiger zur Vorlage nicht verpflichtet ist, hat gerade erst das BVerfG entschieden (vgl. BVerfG VA 12, 12).

    Quelle: Ausgabe 02 / 2012 | Seite 31 | ID 31022610