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  • · Fachbeitrag · Mieterhöhung

    Formelle Anforderungen an die Modernisierungsmieterhöhung: Angaben zu Drittmitteln

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Die formellen Anforderungen an Modernisierungsmieterhöhungen haben den BGH in den vergangenen zwei Jahren häufiger beschäftigt (20.7.22, VIII ZR 361/21; 23.11.22, VIII ZR 59/21). Er hatte inzwischen Gelegenheit, diese Rechtsprechung um den Aspekt der Anrechnung von Drittmitteln zu bereichern. Die Entscheidung ist mit Blick auf die anstehenden umfangreichen Investitionen in die energetische Modernisierung von besonderem Interesse, nicht zuletzt aufgrund der zum 1.1.24 in Kraft getretenen GEG-Novelle mit umfangreichen Änderungen zu den Anforderungen an Heizungsanlagen (§§ 71 ff. GEG n. F.), die durch Fördermittel von Bund und Ländern unterstützt werden sollen. Auch der neue Mieterhöhungstatbestand des § 559e BGB n. F., ebenfalls zum 1.1.24 in Kraft getreten, nimmt auf die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften Bezug. |

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Mieter einer preisfreien Wohnung der Beklagten in Berlin. Mit Schreiben vom 12.1.18 kündigte die Beklagte im Einzelnen aufgeführte Modernisierungsmaßnahmen sowie zeitgleich reine Instandhaltungsarbeiten in der Wohnung des Klägers und im Gebäude an. In der Ankündigung heißt es unter anderem, dass die Beklagte beabsichtige, zur Durchführung der Maßnahmen Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu beantragen.

     

    Mieterhöhungserklärung ohne Angabe zu Drittmitteln

    Im Anschluss an die Baumaßnahmen erklärte die Beklagte eine Erhöhung der monatlich zu zahlenden Grundmiete infolge der Modernisierungsmaßnahmen von 291,59 EUR um 83,79 EUR auf 375,38 EUR. Dem Schreiben war eine als „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ bezeichnete Anlage beigefügt, die auf die Ausführungen zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen im Ankündigungsschreiben Bezug nimmt. Angaben zu Drittmitteln enthält das Mieterhöhungsschreiben nicht.

     

    Der Kläger hält die Mieterhöhungserklärung aus formellen Gründen für unwirksam. Er bezahlte den verlangten Erhöhungsbetrag in der Folgezeit unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Mit der Klage verlangt er deren Rückzahlung sowie festzustellen, dass der Beklagten aus der Mieterhöhungserklärung ein Anspruch auf die Zahlung einer um 83,79 EUR erhöhten Miete ab Januar 2020 nicht zustehe.

     

    Klage des Mieters hat Erfolg

    Das AG hatte der Klage stattgegeben, das LG die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision hatte (im Ergebnis) keinen Erfolg (BGH 19.7.23, VIII ZR 416/21, Abruf-Nr. 237003).

    Entscheidungsgründe

    Die Mieterhöhungserklärung entspricht ‒ so der BGH ‒ nicht den formellen Anforderungen des § 559b Abs. 1 S. 2 BGB; es fehlt an einer (ausreichenden) Erläuterung der Mieterhöhung im Hinblick auf die in § 559b Abs. 1 S. 2 BGB in Bezug genommene Vorschrift des § 559a BGB zur Anrechnung von Drittmitteln.

     

    Mieterhöhungserklärung nach § 559b Abs. 1 BGB

    Nach § 559 Abs. 1 BGB kann der Vermieter nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen i. S. d. § 555b Nr. 1, 3 bis 6 BGB n. F. die jährliche Miete um 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Die Mieterhöhung ist dem Mieter in Textform zu erklären, § 559b Abs. 1 BGB. Sie ist aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und entsprechend den Voraussetzungen der §§ 559, 559a BGB zu erläutern.

     

    MERKE | Vom Mieter oder für diesen von einem Dritten übernommene oder mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckte Kosten der Modernisierungsmaßnahmen gehören nach § 559a Abs. 1 BGB nicht zu den aufgewendeten Kosten des Vermieters im Sinne des § 559 BGB. Sie dürfen deshalb nicht bei der Erhöhung der Miete nach § 559 Abs. 1 BGB angesetzt und auf den Mieter umgelegt werden (und sind im Übrigen auch im Rahmen einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete in Abzug zu bringen, § 558 Abs. 5 BGB).

     

    Anrechnung von Drittmitteln nach § 559a BGB

    Bei Deckung der Kosten für die Modernisierungsmaßnahme oder von laufenden Aufwendungen infolge der Modernisierungsmaßnahme durch

    • zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten,
    • durch Darlehen oder Mietvorauszahlungen des Mieters oder
    • durch Leistungen eines Dritten für den Mieter sowie
    • aus Mitteln der Finanzierungsinstitute von Bund und Ländern

    verringert sich der Erhöhungsbetrag gemäß § 559a Abs. 2, 3 BGB um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung, des Zuschusses oder des Darlehens.

     

    Die Anrechnungspflicht soll zum einen sicherstellen, dass dem Vermieter solche Maßnahmen nicht zugutekommen, zu deren Durchführung er öffentliche Mittel in Anspruch genommen hat. Anderenfalls würde er gegenüber einem Vermieter ungerechtfertigt bessergestellt, der Modernisierungsmaßnahmen aus dem eigenen Vermögen finanziert (BGH 25.2.04, VIII ZR 116/03, NJW-RR 04, 947 unter II 2 a [zu § 3 MHRG]; 19.1.11, VIII ZR 87/10, NZM 11, 309 Rn. 16).

     

    Hinzu kommt, dass eine Verringerung der Kosten des Vermieters für die Modernisierung durch öffentliche oder private Zuschüsse oder Darlehen auch dem Mieter zugutekommen soll (BGH 1.4.09, VIII ZR 179/08 [zu § 558 Abs. 5 BGB]; vgl. auch BT-Drucksache 7/2011, S. 12, 17 [zu § 3 MHRG]; BT-Drucksache 8/1861, S. 5 [zu § 2 MHRG; jeweils zu Leistungen aus öffentlichen Haushalten und Leistungen des Mieters]).

     

    Die Pflicht zur Anrechnung der Drittmittel wirkt sich damit unmittelbar auf den (zulässigen) Umfang der vom Vermieter nach Durchführung der Modernisierung geforderten Mieterhöhung aus. Dementsprechend erstreckt § 559b Abs. 1 S. 2 BGB das Begründungserfordernis auch auf die Voraussetzungen zur Anrechnung von Drittmitteln nach § 559a BGB. Denn auch hierzu soll dem Mieter eine angemessene Information und Nachprüfung ermöglicht werden.

     

     

    Beachten Sie | Anders als die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß §§ 558 ff. BGB sieht die Mieterhöhung nach einer Modernisierung die Berechnung und Erläuterung als Wirksamkeitsvoraussetzung vor, § 559b BGB.

     

    Modernisierungsmieterhöhung bei preisfreien Wohnungen

    Der Gesetzgeber hat die Modernisierungsmieterhöhung nach §§ 559 ff. BGB (§ 2 MHG) den Umlageregelungen für preisgebundene Wohnungen entsprechend geregelt. Die Vertragsänderung (Preisabrede der Vertragsparteien) tritt ‒ in Abweichung zu den vertragsrechtlichen Grundsätzen des BGB (§§ 145, 147 BGB) ‒ durch einseitige Erklärung des Vermieters automatisch ein (§ 559b Abs. 2 S. 1 BGB).

     

    Dem Gesetzgeber war dabei klar, dass der Mieter einer preisfreien Wohnung ‒ anders als bei Mieterhöhungen im preisgebundenen Wohnungsbau ‒ die Berechtigung der Forderung des Vermieters nicht durch eine zuständige Behörde nachprüfen lassen kann, die Mieterhöhung aufgrund der Erklärung des Vermieters zudem automatisch nach kurzer Zeit wirksam wird. Er wollte mit der Berechnungs- und Erläuterungspflicht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Mieterhöhungserklärung sicherstellen, dass dem Mieter daraus keine unzumutbaren Nachteile erwachsen (BT-Drucksache 7/2011, S. 11).

     

    Erhöhungserklärung: Keine Erklärung zu Drittmitteln

    Diesen Anforderungen genügte die Mieterhöhungserklärung der Vermieterin im Streitfall nicht. Im Text der Erhöhungserklärung vom 24.4.19 und in den beigefügten Unterlagen findet sich keine Angabe zu anrechenbaren Drittmitteln im Sinne des § 559a BGB. Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers könnte dies als (stillschweigende) Erklärung der Beklagten dahin gehend verstanden werden, dass sie für die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen anrechenbare Drittmittel nicht in Anspruch genommen und deshalb auch Kürzungsbeträge nicht angerechnet habe.

     

    Beachten Sie | Bezüglich der Kosten für ersparte Erhaltungsmaßnahmen, die gemäß § 559 Abs. 2 BGB nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (vgl. BGH 17.6.20, VIII ZR 81/19), ist durch den BGH (nur) geklärt, dass ein nicht näher erläuterter Vorwegabzug den formellen Anforderungen des § 559b Abs. 1 S. 1 BGB nicht genügt.

     

    PRAXISTIPP | Etwa in Abzug gebrachte Erhaltungskosten sind zumindest durch die Angabe einer Quote in der Mieterhöhungserklärung zu beziffern (BGH 17.12.14, VIII ZR 88/13). Die Frage, ob ein Schweigen der Mieterhöhungserklärung zu ersparten Erhaltungskosten dahin verstanden werden kann, dass der Vermieter (stillschweigend) davon ausgeht, dass ein Abzug nicht vorzunehmen ist, hat der BGH (bisher) nicht ausdrücklich beantwortet.

     

    Auslegung der Erhöhungserklärung

    Im Streitfall stand der Annahme einer stillschweigenden Erklärung nach Ansicht des BGH entgegen, dass die Erhöhungserklärung ‒ im Abschnitt zur Darlegung der für die Modernisierung angefallenen Kosten und Instandhaltungsanteile ‒ „vollumfänglich“ auf die Ausführungen zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen im Ankündigungsschreiben der Beklagten Bezug nimmt. Diese Ausführungen enthalten den ausdrücklichen Hinweis der Beklagten auf die beabsichtigte Beantragung von ‒ energieeffiziente Maßnahmen unterstützenden ‒ Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

     

    Dieser Hinweis ist infolge der Bezugnahme in der Erhöhungserklärung vom 24.4.19 bei deren Auslegung zu berücksichtigen (vgl. zum umgekehrten Fall einer Berücksichtigung zugunsten des Vermieters: BGH 20.7.22, VIII ZR 361/21; 23.11.22, VIII ZR 59/21).

     

    Beachten Sie | Angesichts dieser unklaren Angaben ist für den Kläger als Empfänger der Erhöhungserklärung nicht erkennbar geworden, welche Erklärung zur Inanspruchnahme von gemäß § 559a BGB anrechenbaren Drittmitteln die Beklagte letztlich hat abgeben wollen.

     

    In Betracht kommen dabei verschiedene Alternativen:

     

    • die Information über eine ursprünglich beabsichtigte, tatsächlich aber nicht erfolgte Beantragung oder
    • die Erklärung, Drittmittel zwar beantragt, jedoch nicht erhalten zu haben, oder
    • gewährte Drittmittel seien nicht auf die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen anzurechnen oder bereits vorweg abgezogen und nicht gesondert ausgewiesen.

     

    Der BGH hält es schließlich auch für denkbar, dass die Beklagte eine Erklärung zu den Drittmitteln schlicht vergessen hat.

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung bestätigt einmal mehr, dass die formellen Anforderungen an die Erklärung einer Modernisierungsmieterhöhung ein „schwieriges Pflaster“ sind.

     

    Die Vorinstanz hatte die formelle Wirksamkeit der Erklärung aus anderen, vom BGH für nicht durchgreifend erachteten Gründen verneint (vgl. BGH 20.7.22, VIII ZR 361/21). In der jetzigen Entscheidung stellt der BGH klar, dass in Bezug auf die Erläuterungspflicht zur Anrechnung von Drittmitteln nach § 559a BGB eben die Anforderungen gelten, die er bereits im Zusammenhang mit dem Abzug ersparter Erhaltungsaufwendungen aus dem Zweck des § 559b Abs. 1 S. 1 BGB abgeleitet hat.

     

    Zweischneidig: Bezugnahme auf Ankündigung

    Die Entscheidung zeigt zudem, dass die Bezugnahme auf die Modernisierungsankündigung ein „zweischneidiges Schwert“ ist. Sie kann eine Mieterhöhungserklärung „retten“ (wie z. B. in: BGH 20.7.22, VIII ZR 361/21). Hier wird die Erhöhungserklärung infolge der Bezugnahme unklar. Infolgedessen bleibt ungeklärt, ob die Erhöhungserklärung aus der Sicht des Erklärungsempfängers „klarer“ und formell wirksam gewesen wäre, wenn sie nicht auf die Ankündigung mit der Aussage zu den KfW-Mitteln Bezug genommen hätte. Letztere war immerhin „in der Welt“.

     

    Erklärung zu Drittmitteln und Erhaltungskosten

    In der Beratung des Vermieters sollten Sie mit Blick auf die Risiken einer ‒ ggf. erst im Laufe eines Rechtsstreits angenommenen ‒ formellen Unwirksamkeit darauf hinwirken, sich sowohl zu Drittmitteln als auch zum (Nicht-)Abzug von (fiktiven) Erhaltungskosten zu erklären.

     

    PRAXISTIPP | Anders als bei der Mieterhöhung auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete ist bei der einseitigen Erhöhungserklärung keine Nachbesserung, sondern nur die Neuvornahme mit Wirkung für die Zukunft möglich (BGH 25.1.06, VIII ZR 47/05).

     

    Umgekehrt sollten Sie in der Beratung des Mieters eben diese Angabe bzw. ihr Fehlen sorgfältig prüfen, ohne dann „über das Ziel hinauszuschießen“: Die Richtigkeit der Angaben ist ggf. im Prozess zu überprüfen; sie berührt nicht die formelle Wirksamkeit.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2024 | Seite 44 | ID 49891171