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  • Fachbeitrag · Kündigungsausschlussklausel

    Die zeitliche Höchstdauer von vier Jahren ab Vertragsschluss darf nicht überschritten werden

    | Der BGH hat sich Ende 03 (MK 04, 43, Abruf-Nr. 040025 ) erstmals zur Wirksamkeit des befristeten Verzichts des Mieters auf sein gesetzliches Kündigungsrecht in einem Wohnraummietvertrag geäußert. Seitdem hat er mehrfach die an die Wirksamkeit einer befristeten Kündigungsausschlussklausel zu stellenden Anforderungen ausgelotet. Damit sind die grundsätzlichen Fragen geklärt, auch wenn - wie die aktuelle Entscheidung belegt - immer wieder neue Klauselvarianten verwendet werden. |

    Sachverhalt

    Mit Mietvertrag vom 30.3./9.4.12 mieteten die Beklagten ab 1.4.12 eine Doppelhaushälfte des Klägers. Ab 11/14 zahlten sie keine Miete mehr. Der Kläger erhob in 1/15 Klage auf Zahlung rückständiger und künftiger Miete bis zur rechtswirksamen Beendigung des Mietverhältnisses. Mit Schreiben vom 16.2.15 - zugegangen am 20.2.15 - kündigten die Beklagten das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 1.5.15. Im Revisionsverfahren geht es allein noch um die Frage, ob die in § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 des Formularwohnraummietvertrags verwendete, handschriftlich um die Zahl „4“ und das Wort „vier“ ergänzte Kündigungsausschlussklausel wirksam ist, die sich unmittelbar an die Vereinbarung über die Laufzeit des zum 1.4.12 beginnenden Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit anschließt. Die Klausel lautet:

     

    • Kündigungsausschlussklausel im Mietvertrag

    Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Dauer von 4 (in Worten: vier) Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Sie ist erstmals zum Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.

     

    Die Beklagten werden in den Vorinstanzen antragsgemäß verurteilt. Nach Hinweis des BGH nehmen sie die Revision zurück (23.8.16, VIII ZR 23/16, Abruf-Nr. 189337).

    Relevanz für die Praxis

    Zwar hat sich der VIII. Senat noch nicht mit der Wirksamkeit der konkret infrage stehenden Kündigungsausschlussklausel befasst. Gleichwohl lässt er die Zulassung der Revision nicht zu. Grund: Die Wirksamkeit von Kündigungsausschlussklauseln sei durch seine bisherige Rechtsprechung ausreichend geklärt. Danach ist ein formularmäßiger Kündigungsausschluss in einem Wohnraummietvertrag, der sich an der gesetzlichen Regelung des bei einer Staffelmietvereinbarung zulässigen Kündigungsausschlusses in § 557a Abs. 3 BGB orientiert, wirksam und benachteiligt den Mieter nicht unangemessen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (z. B. MK 11, 132, Abruf-Nr. 110098).

     

    § 557a Abs. 3 BGB lässt bei Staffelmietverträgen einen Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters für vier Jahre zu. Diesen Anforderungen genügt die Klausel. Sie greift den Gesetzeswortlaut auf und führt aus, dass die ordentliche Kündigung frühestens „zum Ablauf dieses Zeitraums“ zulässig ist. Der BGH teilt deshalb die Auslegung des Berufungsgerichts, dass die zeitliche Obergrenze von vier Jahren für einen Kündigungsausschluss gewahrt ist und die Ausschlussklausel eine ordentliche Kündigung des Mieters nur für die Dauer von vier Jahren - gerechnet ab dem 1.4.12 - ausschließt.

     

    Vorliegen von AGB

    Obwohl die Klausel mit diesem Inhalt auch nach § 307 Abs. 1 BGB unbedenklich ist, prüft der BGH - veranlasst durch den Revisionsvortrag des Vermieters -, ob es sich um AGB handelt. Seine Ausführungen sind über den konkreten Fall hinaus für die Abgrenzung von AGB und Individualvereinbarungen von besonderem Interesse.

     

    Beachten Sie | Dass die Dauer des Kündigungsverzichts durch handschriftliche Ergänzung von zwei Leerstellen des im Übrigen vorgedruckten Texts auf vier Jahre festgelegt worden ist, nimmt der Klausel nicht ihren Charakter als AGB. Grund: Die gewählte Schriftart ist nach § 305 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Bedeutung (BGH NJW 05, 1574).

     

    Darauf, ob der Kläger die Absicht gehabt hat, die Klausel mit dem konkreten Inhalt mehrfach zu verwenden, kommt es nicht an. Grund: Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen auch dann vor, wenn sie - wie hier bei dem verwendeten Formularvertrag - von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen formuliert sind, selbst wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen Fall verwenden will (BGH NJW 10, 1131).

     

    Dies hat auch für Formularklauseln zu gelten, bei denen zwar keine bestimmte (Höchst-)Frist vorformuliert ist, bezüglich derer aber - wie im Streitfall - vom Ersteller des Formulars ein Hinweis auf eine zulässige Höchstfrist erteilt wird, von der der Verwender dann Gebrauch macht. Denn in einem solchen Fall besteht aufseiten des Vertragspartners des Verwenders kein geringeres Schutzbedürfnis, als wenn die Höchstfrist bereits vorformuliert gewesen wäre.

     

    Beachten Sie | Der BGH stellt klar, dass eine AGB nur dann nicht gegeben wäre, wenn die Ergänzung - anders als hier - von den Parteien individuell ausgehandelt oder gar von dem Vertragspartner des Verwenders nach seiner freien Entscheidung vorgenommen worden wäre. Letzteres wäre etwa anzunehmen, wenn die handschriftliche Änderung der Laufzeit - anders als hier - durch die Mieter vorgenommen oder veranlasst worden wäre.

     

    Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB

    Eine Formularklausel, die nicht gewährleistet, dass die Kündigung jedenfalls zum Ablauf von vier Jahren seit Abschluss des Mietvertrags möglich ist, benachteiligt den Mieter unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB. Sie ist insgesamt unwirksam. Unwirksam sind insbesondere folgende Formularklauseln:

     

    • Diese Kündigungsausschlussklauseln sind unwirksam
    • Das Mietverhältnis beginnt am 1.5.11 und läuft fest bis zum 30.4.15. Innerhalb dieser Festlaufzeit kann das Mietverhältnis von keiner Vertragspartei gekündigt werden. Ab dem 1.5.15 läuft das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit und kann von beiden Parteien mit gesetzlicher Kündigungsfrist gekündigt werden“ (BGH MK 16, 8, Abruf-Nr. 180744).
    • Das Mietverhältnis wird für unbestimmte Zeit mit einem befristeten Kündigungsausschluss geschlossen. Die Vertragsparteien verzichten wechselseitig für die Dauer von vier Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages. Eine ordentliche Kündigung ist erstmals nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig. Von dem Verzicht bleibt das Recht zur fristlosen Kündigung und zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt“ (BGH ZMR 12, 182).
    • Die Parteien verzichten in Übereinstimmung mit BGH VIII ZR 27/04 wechselseitig auf die Dauer von 4 (vier) Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Mietvertrags. Eine Kündigung ist erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig“ (BGH MK 11, 132, Abruf-Nr. 110098).
     

    Dass der Beginn des Kündigungsausschlusszeitraums - anders als von § 557a Abs. 3 BGB vorausgesetzt - nicht ab Vertragsschluss läuft, stuft der BGH zu Recht als unschädlich ein. Grund: Der Mietbeginn (1.4.12) liegt hier vor dem erst am 9.4.12 erfolgten Vertragsschluss. Die Anknüpfung der vierjährigen Kündigungsausschlussfrist an den Zeitpunkt des Mietbeginns ist daher für die Beklagten günstiger als ein erst mit dem späteren Vertragsschluss einsetzender Fristlauf.

     

    Das heißt: Die ordentliche Kündigung der Beklagten hat das Mietverhältnis nicht beendet, sodass die Mietzahlungspflicht der Beklagten andauert.

     

    Beachten Sie | Der befristete Ausschluss des Kündigungsrechts kann individuell auch über die Zeitgrenze des § 557a BGB hinaus wirksam vereinbart werden (BGH NJW 11, 59; MK 04, 43, Abruf-Nr. 040025: „Die Mieter verzichten für die Dauer von 60 Monaten auf ihr gesetzliches Kündigungsrecht“).

     

    Bei vereinbarter Staffelmiete ist ein individualvertraglicher Kündigungsverzicht des Mieters dagegen nach § 557a Abs. 5 BGB insoweit unwirksam, als er über die nach § 557a Abs. 3 S. 1 BGB zulässige Höchstdauer von vier Jahren hinausgeht (BGH MK 09, 55, Abruf-Nr. 090405 für eine unter der Geltung des MHG ohne zeitliche Begrenzung individualvertraglich vereinbarte Staffelmiete).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Ausschlussklausel im gewerblichen Mietvertrag auch gegenüber Freiberufler wirksam, MK 11, 106
    • Formularklausel darf Rückforderungsrecht des Mieters nicht ausschließen, MK 08, 185
    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 7 | ID 44411867