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  • 16.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062434

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 12.07.2006 – XII ZR 178/03

    Zur Frage der Rechtskrafterstreckung eines zwischen den Hauptmietparteien ergangenen Feststellungsurteils über den Fortbestand des Hauptmietvertrages auf den Untermieter.



    Gibt nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses der Unter-Untermieter, der den unmittelbaren Besitz hat, dem Drängen des Hauptvermieters nach, einen neuen Mietvertrag mit diesem unmittelbar zu schließen, mittelt er den Besitz fortan diesem und nicht mehr dem Untermieter sowie über diesen dem Hauptmieter. Bei fortbestehendem Untermietverhältnis wird der Untermieter dadurch dem Hauptmieter gegenüber gemäß § 541 BGB a.F. von seiner Verpflichtung zur Zahlung weiteren Untermietzinses frei, weil der Hauptmieter ihm den mittelbaren Mietbesitz nicht mehr gewähren kann.


    BUNDESGERICHTSHOF
    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL

    XII ZR 178/03

    Verkündet am:
    12. Juli 2006

    in dem Rechtsstreit

    Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1 und 2 werden die Urteile des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. November 2002 und der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 7. September 2000 (Teilurteil) und vom 19. Oktober 2000 (Schlussurteil) im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 3 und 4 verurteilt worden sind, an den Kläger 45.446,61 ¤ (88.885,84 DM) nebst gestaffelten Zinsen zu zahlen.

    Die gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Zahlungsklage wird insgesamt abgewiesen.

    Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten zu 3 und 4 als Gesamtschuldner vorab die Kosten ihrer Säumnis.

    Von den weiteren Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 55 % und die Beklagten zu 3 und 4 als Gesamtschuldner 45 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 2, 10 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3 und 4 und 55 % der Kosten der Nebenintervention.

    Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen der Kläger 73 % und die Beklagten zu 3 und 4 als Gesamtschuldner 27 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 2, 28 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3 und 4 und 73 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 5 bis 7 einschließlich der Kosten ihrer Nebenintervention.

    Im übrigen tragen die Parteien ihre Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges selbst.

    Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

    Von Rechts wegen

    Tatbestand:

    Der Kläger nimmt die am Revisionsverfahren allein noch beteiligten Beklagten zu 1 und 2 als Untermieter gesamtschuldnerisch neben weiteren Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete nebst Zinsen in Anspruch.

    Er hatte am 13. September 1982 mit den Grundstückseigentümern, der "Erbengemeinschaft I. , vertreten durch Herrn H. M. , Ö." einen als "Vormietvertrag" bezeichneten Vertrag über ein Ladenlokal geschlossen, das sich zunächst über das gesamte Erdgeschoss erstreckte.

    Dieser Vertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

    "Mietvertrag beginnt am 1. Oktober 1982. Er ist bis 31. Dezember 1992 unkündbar. Außerdem erhält Mieterin eine Option von 5 Jahren, die in Kraft tritt, wenn Mieterin nicht 12 Monate vor Ablauf kündigt.

    Dieser Mietvertrag ist beiderseits verbindlich.

    Mieterin erhält das Recht, die Räume zu modernisieren, gegebenenfalls eine Trennung in zwei Ladenlokale durchzuführen und unterzuvermieten.

    Weitere Einzelheiten werden in einem ausführlichen Mietvertrag, wie besprochen, niedergelegt."

    Dieser Vertrag ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts "von beiden Seiten unterzeichnet". Ein weiterer schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen.

    Der Kläger teilte das Ladenlokal in zwei getrennte Einheiten, von denen er die linke an Dritte untervermietete. In dieses Untermietverhältnis traten die Beklagten zu 1 bis 4 mit schriftlichem Untermietvertrag vom 23. Juli 1986 ein. Dieser sah vor, dass das Untermietverhältnis am 31. Dezember 1997 endet und sich anschließend jeweils um drei Monate verlängert, wenn nicht eine der Parteien spätestens zwei Monate vor Ablauf der Mietzeit widerspricht (§ 2 Abs. 1 MV).

    Im Oktober 1986 überließen die Beklagten zu 1 bis 4 das Ladenlokal an die Eheleute S. (nicht identisch mit den Beklagten zu 3 und 4), die es fortan nutzten und die (Unter-)Miete an den Kläger zahlten.

    Ab Juli 1991 wurde das Ladenlokal von Frau Y. genutzt.

    Mit Schreiben vom 27. Dezember 1991 an den Kläger kündigte H. M. namens der "F. I. Erben" unter entsprechendem Briefkopf mit der Angabe "Anwesen-Betreuung: H. M. " das Mietverhältnis mit dem Kläger zum 31. Dezember 1992. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 15. Januar 1992 unter Hinweis auf die eingeräumte Fünfjahresoption. Eine Rüge fehlender Vollmacht enthält dieses Schreiben nicht.

    Mit Schreiben vom 22. Dezember 1992 teilten die Mitglieder der Erbengemeinschaft der Nutzerin Y. unter Bezugnahme auf mündliche Absprachen mit, wegen Ablaufs des Hauptmietvertrages mit dem Kläger sei sie ab 1. Januar 1993 nicht mehr dessen Untermieterin, sondern für die Dauer von zunächst fünf Jahren unmittelbar Mieterin und habe den Mietzins fortan an die Erbengemeinschaft zu zahlen. Dieser Aufforderung kam Frau Y. nach. Auch die Beklagten zu 1 bis 4 stellten ihre (Unter-)Mietzahlungen an den Kläger ein.

    Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt überließ Frau Y. das Ladenlokal den Herren Sü. und Yi. , die ihrerseits die Miete an die Erbengemeinschaft zahlten.

    Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 15. September 1994 wurden die Beklagten zu 1 bis 4 verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum Januar 1993 bis August 1994 Miete zu zahlen. Im dortigen Verfahren hatten die Beklagten vorgetragen, Frau Y. sei ihre Untermieterin.

    Eine Klage der Miterben gegen den jetzigen Kläger auf Feststellung, dass das Hauptmietverhältnis vor dem 31. Dezember 2000 geendet habe, wurde durch inzwischen rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. August 2001 (die dagegen gerichtete Revision im Verfahren XII ZR 244/01 wurde zurückgenommen) abgewiesen.

    Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner mit den durch Teilversäumnisurteil gesondert verurteilten Beklagten zu 3 und 4 unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 88.885,84 DM nebst gestaffelten Zinsen durch Teilurteil verurteilt und ihnen durch Schlussurteil - unter Aufrechterhaltung des Teilversäumnisurteils gegen die Beklagten zu 3 und 4 - die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention der Miterben auferlegt.

    Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1 bis 4 führte lediglich dazu, dass das Oberlandesgericht einen Teil (4.863,66 ¤) des ausgeurteilten Betrages nicht auf den Hauptantrag, sondern auf den Hilfsantrag zugesprochen hat.

    Dabei hat das Oberlandesgericht den Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldnern lediglich 90 % der erstinstanzlichen Kosten und von den Kosten des zweiten Rechtszuges 54 % der Gerichtskosten und 90 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten auferlegt, und zwar wegen des teilweise nur auf dem Hilfsantrag beruhenden Erfolgs der Klage, ferner wegen der erfolglosen Anschlussberufung des Klägers (Klageerweiterung um weitere Beträge gegenüber den Beklagten zu 1 bis 4 und um weitere Klageanträge gegen die Miterben - Beklagte zu 6 bis 8 -) sowie wegen des im Rahmen der Anschlussberufung übereinstimmend für erledigt erklärten Räumungs- und Herausgabeverlangens des Klägers.

    Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten zu 1 und 2, mit der diese das Berufungsurteil angreifen, soweit zu ihren Lasten entschieden wurde.

    Entscheidungsgründe:

    Die Revision hat Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Teilaufhebung und Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

    I.

    1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger auf den Hauptantrag die geltend gemachte Miete für September 1994 bis Januar 1995, für Dezember 1996 (Teilbetrag) und für Januar 1997 bis März 2000 zugesprochen, ferner (zur Wiederauffüllung des in Höhe von 4.863,66 ¤ abgewiesenen Hauptantrages) auf den - rückwärts gestaffelten - Hilfsantrag des Klägers einen Teilbetrag für Juni 1996, die Miete für Juli bis November 1996 und den verbleibenden Teilbetrag für Dezember 1996.

    Es hat den Untermietvertrag zwischen den Parteien des Revisionsverfahrens entgegen der Ansicht der Beklagten nicht für sittenwidrig gehalten. Dies hält der rechtlichen Prüfung stand und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

    Das Berufungsgericht ist ferner der Auffassung, das Untermietverhältnis sei nicht vor dem 30. September 2000 beendet worden. Der Kläger habe die Beklagten zu 1 bis 4 weder ausdrücklich - etwa anlässlich der Übergabe des Ladens an die Eheleute S. im Oktober 1986 - noch stillschweigend - anlässlich des Übergangs der Nutzung auf Frau Y. im Juli 1991 - aus dem Untermietvertrag entlassen, und eine angebliche zum 30. September 1986 erklärte Kündigung durch die Beklagten hätten diese nicht nachweisen können, abgesehen davon, dass die von ihnen insoweit vorgetragenen Gründe sie nicht hätten rechtfertigen können. Auch dies wird von der Revision nicht angegriffen und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

    2. Nicht zu folgen ist aber der Auffassung des Berufungsgerichts, auch der Hauptmietvertrag zwischen den Miterben als Grundstückseigentümern und dem Kläger habe im gesamten Zeitraum fortbestanden, für den der Kläger Zahlung verlangt, und deshalb stehe dem (Unter-)Mietzinsanspruch des Klägers kein nach Abschluss des Untermietvertrages entstandener Rechtsmangel (Unvermögen des Klägers, den Beklagten weiterhin den Mietbesitz zu gewähren) entgegen.

    a) Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob der als "Vor-Mietvertrag" bezeichnete Vertrag vom 13. September 1982 bereits einen bindenden Vertrag darstellte, wovon allerdings mit dem Berufungsgericht auszugehen sein dürfte. Denn auch dann wäre er - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - durch die namens der Erben erklärte Kündigung vom 27. Dezember 1991 zum 31. Dezember 1992 beendet worden, weil er nicht der Schriftform entsprach und deshalb gemäß § 566 BGB a.F. ungeachtet der vereinbarten Verlängerungsoption mit gesetzlicher Frist kündbar war.

    Ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die Wahrung der Schriftform scheitere nicht an weiteren mündlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien, weil die Beklagten zu 1 bis 4 solche nicht bewiesen hätten, bedarf keiner Entscheidung. Denn ein Mangel der Schriftform ergibt sich bereits daraus, dass der von H. M. namens der Erbengemeinschaft abgeschlossene Mietvertrag mangels Rechtsfähigkeit derselben nicht mit der Erbengemeinschaft als solcher, sondern mit den einzelnen Miterben zustande kam, diese aber aus der allein von H. M. unterzeichneten Vertragsurkunde nicht ersichtlich sind (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2002 - XII ZR 187/00 - NJW 2002, 3389 ff.).

    Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung verstößt die wegen dieses Formmangels mögliche vorzeitige Kündigung des Vertrages durch die Erben auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung insoweit geltend, der Vertrag sei bis zur Kündigung viele Jahre lang durchgeführt worden. Letzteres beruht nämlich darauf, dass die Erben von ihrem Recht zur ordentlichen Kündigung zuvor keinen Gebrauch gemacht hatten. Von einem solchen jederzeit gegebenen Kündigungsrecht erst nach langjährigem Bestehen des Mietverhältnisses Gebrauch zu machen, ist nicht treuwidrig. Soweit die Revisionserwiderung ferner geltend macht, nach der Kündigung hätten die Erben acht Jahre lang die Mieten doppelt eingenommen, nämlich sowohl vom Kläger als auch von den Untermietern, kann dieser nachträgliche Umstand nicht zur Beurteilung der Wirksamkeit herangezogen werden. Die Treuwidrigkeit der Ausübung eines Gestaltungsrechts kann nur anhand der im Zeitpunkt seiner Ausübung gegebenen Umstände beurteilt werden.

    b) Das Hauptmietverhältnis zwischen den Erben und dem Kläger hat sich nach Wirksamwerden der Kündigung zum 31. Dezember 1992 auch nicht gemäß § 568 BGB a.F. verlängert. Dies scheitert bereits an der Erklärung des entgegenstehenden Willens der Erben, die zum einen darin zu sehen ist, dass die Erben mit ihrer Kündigung vom 27. Dezember 1991 zum Ausdruck brachten, zu einer Verlängerung des Vertrages nur bei der vorgeschlagenen Erhöhung der Miete bereit zu sein (vgl. Emmerich/Sonnenschein Miete 8. Aufl. § 545 Rdn. 6). Ein erneuter Widerspruch der Erben gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 31. Dezember 1992 hinaus ist zum anderen in dem Schreiben vom 2. Oktober 1992 an den Kläger zu sehen, sie erwarteten von ihm die Räumung und Herausgabe des Mietobjekts zum 31. Dezember 1992. Denn der Widerspruch des Vermieters kann auch konkludent - etwa durch das Verlangen nach Räumung - und schon vor Beginn der Widerspruchsfrist des § 568 BGB a.F. erklärt werden (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO § 545 Rdn. 6, 8).

    c) Der Senat ist auch nicht etwa deshalb gehindert, von der Beendigung des Hauptmietvertrages zum 31. Dezember 1992 auszugehen, weil eine Klage der Erben gegen den Kläger auf Feststellung der Beendigung des Hauptmietvertrages vor Ende 2000 - inzwischen rechtskräftig - abgewiesen wurde. Damit steht nämlich nur zwischen diesen Parteien rechtskräftig fest, dass das Mietverhältnis bis Ende 2000 fortbestand. Für das vorliegende Verfahren zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1 und 2 ist diese Feststellung nicht bindend.

    Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch nicht daraus, dass die getroffene Feststellung die Wirksamkeit eines Gestaltungsrechts betrifft und das Untermietverhältnis in vielfacher Weise (vgl. insbesondere § 546 Abs. 2 BGB) vom Bestand des Hauptmietverhältnisses abhängig ist.

    Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Rechtskraft eines Räumungstitels gegen den Mieter sich insoweit auf den Untermieter erstrecke, dass dieser die Herausgabepflicht des Mieters nicht mehr leugnen könne, wenn er seinerseits vom Vermieter auf Rückgabe nach § 546 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen wird (Blomeyer, Zivilprozessrecht, Erkenntnisverfahren, 2. Aufl. S. 520; Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 218 f.; AG Hamburg NJW-RR 1992, 1487).

    Die herrschende Meinung in der Literatur lehnt eine derartige Rechtskrafterstreckung auf den Untermieter jedoch ab, jedenfalls unter der Voraussetzung, dass der Untermieter den unmittelbaren Besitz - wie hier - vor Rechtshängigkeit des Verfahrens zwischen Vermieter und Hauptmieter erlangt hat (vgl. Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 1266; Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. V Rdn. 51; Emmerich/Sonnenschein Miete 6. Aufl. § 556 Rdn. 76; MünchKomm-ZPO/Gottwald § 325 Rdn. 74; Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 325 Rdn. 91; Musielak ZPO 4. Aufl. § 325 Rdn. 18; Hk-ZPO/Saenger § 325 Rdn. 22; Wieczorek ZPO 2. Aufl. § 325 Anm. B III b; Berg NJW 1953, 30; Planck BGB 4. Aufl. § 556 Anm. 3 d; vgl. zum Meinungsstand auch Zöller/Vollkommer ZPO 25. Aufl. § 325 Rdn. 38).

    Der Senat, der diese Frage in einer früheren Entscheidung (Senatsbeschluss vom 17. Januar 2001 - XII ZB 194/99 - NJW 2001, 1355 f.) noch offen gelassen hatte, schließt sich jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation der herrschenden Meinung an.

    Gegen eine solche Rechtskrafterstreckung spricht hier bereits, dass zwischen Hauptvermieter und Untermieter keine vertraglichen Beziehungen bestehen und der Bestand des Untermietverhältnisses - sofern wie hier nichts anderes im Untermietvertrag vereinbart wurde - nicht vom Bestand des Hauptmietverhältnisses abhängt.

    Soweit eine Rechtskrafterstreckung wegen materiellrechtlicher Abhängigkeit befürwortet wird, soll dies zwar der Vermeidung nachfolgender Prozesse zwischen anderen Parteien dienen, in denen - wie hier - der Streitgegenstand des ersten Verfahrens Vorfrage ist. Eine solche Durchbrechung des Grundsatzes, dass die Rechtskraft einer Entscheidung sich auf die Parteien beschränkt, zwischen denen sie ergeht, ist aber abzulehnen, wenn dies für den Dritten, der auf diese Entscheidung keinen Einfluss nehmen konnte, zu prozessual unzumutbaren Ergebnissen führen kann.

    Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Untermieter, der vom (Haupt-)Vermieter nach Kündigung des Hauptmietvertrages bedrängt wurde, entweder einen Mietvertrag unmittelbar mit ihm zu schließen oder aber zu räumen, die Mietzahlung an den Hauptmieter einstellt und sich auf einen Rechtsmangel beruft. Sein Einwand, sein Mietbesitz sei durch das Recht eines Dritten (hier: des Hauptvermieters) beeinträchtigt, darf ihm nicht dadurch abgeschnitten werden, dass - gegebenenfalls Jahre später - in einem Verfahren zwischen den Parteien des Hauptmietvertrages rechtskräftig festgestellt wird, dass dieses Recht des Hauptvermieters auf Räumung und Herausgabe mangels wirksamer Beendigung des Hauptmietvertrages nicht bestanden hat.

    3. Nach alledem stehen dem Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum Mietzinsansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2 nicht zu, weil er spätestens seit dem 1. Januar 1993 den Beklagten zu 1 bis 4 als seinen Untermietern den (mittelbaren) Mietbesitz nicht mehr gewährt hat.

    Nach dem Abschluss eines Hauptmietvertrages zwischen den Erben und der bisherigen Unter-Untermieterin Y. , der spätestens mit deren Aufnahme unmittelbarer Mietzinszahlungen an die Erben am 1. Januar 1993 zustande gekommen war und durchgeführt wurde, verlor der Kläger seinen mittelbaren Mietbesitz. Denn Frau Y. - und ebenso die ihr nachfolgenden Nutzer - leiteten ihren unmittelbaren Besitz fortan nicht mehr vom Kläger und seinen Untermietern, den Beklagten zu 1 bis 4, ab, sondern unmittelbar von den Hauptvermietern, denen sie den Besitz von nun an mittelte. Für die Änderung des Besitzmittlungsverhältnisses genügt nämlich die Erkennbarkeit der Willensänderung des unmittelbaren Besitzers, die Sache nunmehr für einen neuen Oberbesitzer besitzen zu wollen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Mai 1999 - XII ZR 134/97 - NJW-RR 1999, 1239 f.); eine Erklärung gegenüber dem bisherigen mittelbaren Besitzer oder dessen Kenntnis ist nicht erforderlich (vgl. BGHZ 161, 90, 113; Erman/Lorenz BGB 11. Aufl. § 686 Rdn. 41 m.N.).

    Hierdurch wurde auch den Beklagten zu 1 bis 4 der mittelbare Besitz und damit der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache vollständig entzogen. Darin ist ein nachträglicher Rechtsmangel zu sehen (vgl. Wolf/Eckert/Ball aaO Rdn. 285), der den Mietzins nach §§ 541, 537 BGB a.F. auf Null minderte. Denn eine Störung oder Entziehung des Besitzes erfüllt bereits dann die Voraussetzungen des § 541 BGB a.F., wenn sie darauf beruht, dass der Hauptvermieter dem Mieter kündigt und dem Untermieter gegenüber seinen Rückgabeanspruch geltend macht oder dies auch nur androht (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete 7. Aufl. § 541 BGB Rdn. 5; Senatsurteil vom 18. Januar 1995 - XII ZR 30/93 ­ NJW-RR 1995, 715 ff.).

    Für den Fall gestaffelter Untervermietung kann nichts anderes gelten, wenn der Hauptvermieter sich nach Kündigung des Hauptmietvertrages an den letzten, unmittelbar besitzenden Untermieter (hier: Frau Y. ) wendet und diesen mit der Ankündigung, andernfalls seinen Herausgabeanspruch geltend zu machen, zum Abschluss eines unmittelbaren Mietvertrages veranlasst. In diesem Fall wird der mittelbare Besitz eines zwischengeschalteten Untermieters (hier: der Beklagten zu 1 bis 4) durch das Recht eines Dritten (hier: der Erben) und die dadurch ausgelöste Veränderung der Besitzmittlungsverhältnisse nicht nur gestört, sondern vollständig entzogen.

    RechtsgebieteZPO, BGBVorschriftenZPO § 325 Abs. 1 BGB a.F. § 537 Abs. 1 BGB a.F. § 541